Hinweise und Erklärungen

Mitte des Jahres 1986, anlässlich der Uebergabe des Originals dieser Chronik in das Staatsarchiv Bern, schrieb die einstige Besitzerin, Frau L. Küng-Kohli u.a.

In schlichtem Gewebe-Einband, ergänzt mit einigen Bildern, etc. und einem Namen-Register (am Schluss), ist die erwähnte Transkription nun zustandegekoinmen. Der ganze Band ist Seiten- und zeilenkonform transkribiert und hier ergänzte Einzel­buchstaben, ganze Worte und auch Erklärungen sind in [eckige Klammer] gesetzt. Teilweise sind die Eintragungen jedoch originalgetreu wiedergegeben.

„Hans Weber vom’Bühl“, Stifter dieser Chronik und Schreiber bis Seite 47 (1843), ist 1771 geboren. Während insgesamt 52 Jahren war er Schulmeister, davon 16 Jahre in Kalchstätten und 36 Jahre in Kriesbaumen, wo er 1845 starb. 1787 hat Weber diese Chronik angefangen und uns darin auf den ersten 4 Seiten „Sagen und Begebenheiten (ab 1600), die nicht bloss das Guggisberg betreffen“, überliefert. Ab Seite 5 stellt der Schreiber seine handschriftlichen Eintra­gungen unter den Titel „Begebenheiten in näherer Beziehung auf die Gemeinde Guggisberg“.

Als guter Lehrer war Weber aber landesweit interessiert und auch informiert, dementsprechend wirkte er als Chronist.

Von 1844 bis 1849 und von 1850 bis 1905 wirkten (dem Schriftbild zu entnehmen) zwei weitere, uns leider nicht namentlich bekannte Chronisten.

Ab Juni 1905 Ubernahm dann der in der ganzen Region gutbekannte Notar in Schwarzenburg, Ulrich Arnold Kohli, der Vater von Frau L. Küng-Kohli, schliess­lich die Weiterführung der Chronik bis zur letzten Eintragung im Jahre 1963.

Die Einsichtnahme in die handschriftlich geführte Original-Chronik ist möglich im Lesesaal des Staatsarchivs Bern (Signatur: StAB DQ 531)

Bern, 24. November 1990

Hans Hostettler

ab dem Jahr 1600

1600

Ein ausserordentliches Winterjahr. Die wilden Berge bleiben unbesezt und unbenuzt. Bloss die frühern Vorsassen kann man ein paar Wochen besetzen. Im Mäy noch kein Grün; im Herbstmonat schneit es wieder zu; um Weihnacht kommt der Frühling.

1611

Das grosse Pestilenz-Jahr. Mit dem Monat August kommt die Pest ins Land und währt bis im Wintermonat. Die Luft ist vergif­tet. In Europa sterben der 3 te Theil der Menschen.

1686

Ein ausserordentlich früher Frühling. Am obern Allpiglen-Berg macht der Statt­halter Glaus 3 Käse im Aprill.

1695

Eine schreckliche Wetternacht. Zu Kriesbaumen brennen 2 Häuser ab. Der Wind trägt brennende Dachschindeln bis ins Loch, Gemeinde Wahlern. Zwei Männer, welche am Morgen als es Tag ist, durch die A­horn-Weiden hinauf gegen dem Bühl­holz gehen, zählen noch 14 Brünsten.

ab dem Jahr 1700

1740

Ein schrecklich später Frühling. Stehende Thürlistöcke sind am 9 ten Mäy noch un­term Schnee verborgen, auf dem Bühl fährt man an diesem Tage eine Leiche ü­ber einen solchen, ohne etwas von ihm zu sehen.

1756

Der sogenannte nasse Sommer. Die Kühe gehen während den 9 Wochen auf den Ber­gen nur einmal zu Schatten. Im Korn­land stehen die Schnitter an manchen Orten bis über die Schuh im Wasser und schneiden das Korn so aus demselben heraus.

1770

Wiederum ein sehr später Frühling. Am 9 ten Brachmonat wird im Schluchtgässli der alte Schnee heraus geschorrt.

1775

Ein sehr früher Frühling. Um Maria Verkün­digung [25. März] ist die meiste Frühlings-Feldarbeit verricht. Hingegen fällt im Aprill ein 3 Schuh [= ca. 90 cm] tiefer Schnee, und die Pflüge sind 6 Wochen lang unter demselben versteckt.

1781

Die sogenannte kalte Fasnacht. Die Mühlen frieren fast ein. Hernach ein früher Früh­ling. Im Mäy wieder eine sehr kalte Beise, die Blust und das Gras erfrieren und als die Sonne wieder scheint, wird das Leztere ganz dürr und riecht wie Heu.

1782

Der Strahl [= Blitz] fällt in den Kirchthurm zu Guggisberg des Abends am 2 ten Herbst­monat.

1783

Ein schreckliches Donner- und Hagelwet­ter am 26 ten Mäy. Nach diesem reg­net es 4 Wochen lang fast ununterbrochen. Darauf folgt eine Trockne. Die Sonne geht am Morgen auf wie eine blutrote Kugel. Nach und nach verdiket sich der Dunst, bis man endlich die Sonne gar nicht mehr sieht. Aus diesem dicken Dunst, ohne dass man eine eigentliche Wolke sah, fing es gegen Abend an zu donnern und zu blitzen, aber ohne zu regnen. Dies war wunderbar, aber merkwürdiger noch waren früher in den Jahren 1779 und 1780 die ausser­ordentlichen Himmels-Röthen. Bald nach der Abenddämmerung wurde der Himmel, und vom Wiederschein auch der Erdboden und die ganze Natur blutroth, und das währte oft die ganze Nacht. Allerhand Meinungen und Prophezeyungen giengen darüber in Schwang [= Umlauf].

1784

Ein sehr heisser Sommer. Das Kühmoos hinter Wahlern geräth in Brand. Alle Morgen ist über der ganzen Gegend ein Rauch, gleich einem dicken Nebel. Alles war voll Schrecken. Viele Furchtsame glaubten schon die ganze Erde im Feuer zu sehen, und re­deten von dem Ende der Welt und vom jüngsten Tage.

 

1785

Im Merz und Aprill fällt ein ausserordent­lich tiefer Schnee, desgleichen kein Mensch noch erlebt hate. Auf freyem Felde lag derselbe 4 Schuh [= ca. 1,2 m] tief, und die zusammengeweheten SchneeMassen waren an vielen Orten den Hausdächern eben, so dass man ohne Mühe vom Schnee auf dieselben gehen konnte. Auch machte man an mehrern Orten durch diese Schnee-Haufen gewölbte Durchgänge um das Vieh durch dieselben zum Brunnen zu treiben. In den lezten Tagen Aprill und zu Anfang Mäymonats schmolz dieser, Schnee ohne Schaden weg, und es folgte ein noch ziemlich guter Sommer.

1786

Ein sehr kalter Winter. Begebenheiten in näherer Beziehung auf die Gemeinde Guggisberg

1787

Herr Pfarrer Jakob Jäggi stirbt am Abend vor Maria Verkündigung [24. März]. Tags darauf kündigt sein Sohn Samuel Jäggi der Gemeinde den Tod seines Vatters an und predigt über den Text: Latzarus unser Freund schläft [Joh. 11, 11]. Im Herbst tritt Herr Pfarrer S. Steck von Zweysimmen sein hiesiges Pfarramt an. Er war im eigentlichen Sinn des Wortes der Reformator unseres Schulwesens. Sein Charackter war so, wie er bey einem Menschen seyn muss, um in seiner Lage etwas Rechtes und Grosses ausrichten zu können: Heiter, froh und ernsthaft. Ver­zagt, muthlos oder auch nur kleinmüthig sah man ihn nie. Er wusste was er wollte und durfte es sagen. Ein vätterliches wohl­wollendes Herz gegen jedermann regierte sein ganzes Wesen. Bey allen, die sich noch an ihn erinnern, ruhet sein Andenken im Segen. Der Segen seines 13jährigen Pfarramtes zu Gug­gisberg wird sich von Geschlecht zu Geschlecht bis auf die späteste Nachwelt vorterben. In einer C[h]ronik vom Guggisberg soll ihm ein Denkmahl stehen. Um aber zu beweisen, dass er der Reformator des hiesigen Schulwe[se]ns sey, so folge hier eine

Gedrängte Darstellung von dem Zustand der hiesigen Schulen vor ihm.

  1. Wahlart der Schulmeister

Wenn eine Schule ledig [= ohne Lehrer] worden, so munterte etwa ein Vorgesezter des verledigten Bezirks einen Wissenschaftlichen, meistens alten Mann auf, sich für dieselbe zu stellen. Willigte er ein, so wurde er zum He. [= Herr] Pfarrer berufen, oder er gieng auch unberufen; wurde von demselben, wiewohl nicht streng, über seine Fähigkeiten exa­miniert [= geprüft]. Und ihm wurde ohne weiters die Schule übergeben.

  1. Zum Schulhalten bestimmte Zeit

Von Martiny [11. Novemeber] bis Ostern jeden Tag vormittags von 9 bis 11 Uhr, und nachmittags von 1 bis 3 Uhr. Sontags Kinderlehren, und Sommer­schulen waren keine.

  1. Schulmeister-Besoldung

Diese stieg jährlich auf [= Krone] 13 und Bz. [= Batzen] 5 Trinkgeld [1988 umgerechnet ca. Fr. 345.–]

Einer der angesehensten Vorgesezten äusser­te sich jedoch einmahl darüber so: Es sey ein unverschämter (verstehe allzu hoher) Lohn.

  1. Einrichtung der Schule

Die Kinder waren nicht in Klassen getheilt, jedes brachte nach eigenem Belieben ein Buch mit sich. Das Einte eine grosse Folio-Bibel, so viel es auf dem Kopf tragen mochte. Neben diesem sass Eines mit einem Namenbüchlein, dann Eines mit einem alten Predigtbuch, dann Eines mit einem Catechismus, etc.

  1. Methode des Unterrichts

Der Schulmeister machte den Kehr, las oder buchstabierte jedem ein paar Zeilen vor, dies hiess Fürgeben. Hate er den Kehr ge­macht, so fieng er wieder von vorne an, und liess sich von jedem das Fürgegebene aufsagen, dies hiess Bhören. Gab jedem wieder sogleich für, und wenn er den Kehr zwey mal gemacht hate, so befahl gemeinig­lich der Verfluss der Zeit die Schule zu enden. Während dem Lernen schrye [= schrie] jedes so viel es mochte, als wenn man es absichtlich so befohlen häte, um einen schrecklichen Lerm zu machen. Vergass sich ein Kind und gafte umher, so wurde es mit einem Hieb auf den Kopf mit einem Stecklein, das an dem einen Ende ein paar zusammengebundene Aestlein hate, am andern Ende aber gespizt war, und das der Schulmeister statt eines Zeigers zum Fürgeben gebrauchte, ohne dabey ein Wort zu sagen, an seine Pflicht erinnerte.

Dies hiess nun Schul halten !! und hate einer diese Arbeit bis an sein Lebens­ende verrichtet, so galt er für einen Mann Gottes. Aber nun ist die Frage:

  1. Was wurde denn eigentlich gelehrt ?

Die Antwort ist leicht: gar nichts. Die Kin­der übten nun unvollkommen, was sie zu Hause unvollkommen gelernt haten: bloss Lesen und Buchstabieren. In den besten Schulen wurden etwa ein paar Psalmen auswendig und ganz ohne Notenkenntnis ge­sungen. Von Cathechisieren und Schreiben war keine Rede und wenn jemand gar et­was vom Rechnen auf die Bahn gebracht häte, so häte man den jüngsten Tag pr[o]phezeyt!

  1. Schul-Examen

An diesem wurden alle Schulen der Gemein­de auf einen Tag examiniert,und das geschah so kurz, dass gemeiniglich des Nachmittags um 3 Uhr alles vorbey war. Früher wur­den nur diejenigen Kinder in das Examen geschickt, welche den Cathechismus auswen­dig hersagen konnten, und dafür be­kam jedes 2 Bz., 1 Pfennig [1988 ca. Fr. 7.50]. später aber wurden doch alle aufgeschriebenen Schul­kinder ins Examen genohmen, und auch über das Buchstabieren und Lesen ge­prüft. 1785 konnte man, vielleicht zum ersten Mahl, mit allen Schulen zusam­men, das Examen mit Absingen einiger bekannter Psalmen zu 4 Stimmen beschliessen. B: Dis[k]ant, Bass und Alt wur­de bloss von 3 Schulmeistern, also nur einfach besezt gesungen.

  1. Schulbesuch und Versäumnisse

In aeltern Zeiten war das Schulgehen freygestellt. Einige Kinder giengen nie in die Schule, andere in jeder Woche etwa 1 bis 2 halbe Tage; hie und da Einige auch fleissiger. Herr Pfarrer Steck hate einmal das Vergnügen 70 Hausvätter zu sehen, und sich wegen Schul­versäumnissen zu verantworten.

Folgen dieses Zustandes

Man würde glauben, die Folgen des vor­beschriebenen schlechten Zustandes der Schuhlen häten keine andern seyn können als: gänzliche Unwissenheit, Ungottesdienstlichkeit, und Rohheit in den Sitten. Was nun 1. die Unwissenheit betrifft, so gab es viele Leuthe, die keine Linje lesen konnten, da hingegen andere eine ziemliche Erkenntniss besassen. Die Unterweisungen zum Hl. [= Heiligen] Abendmahl wurden kürzer gehal­ten, aber von den Kindern besser aufge­fasst. Es war weniger Eitelkeit unter den jungen Leuthen. Zudem war die häusliche Erziehung in Rüksicht auf Unterricht und Zucht viel besser und strenger als heut zu Tage.

Betreffend dann die 2. die Ungottesdienstlichkeit. So war hingegen Gottesdienstlichkeit im Haupt­zug in dem C[h]arakter der alten Guggisberger. Die Kirche war bey schönem Wetter alle Sontage gedrängt voll, so dass bey weitem nicht alle dar­inn Platz fanden, und viele aussen vorlieb neh­men mussten. Freylich konnte man dieses fleis­sige Kirchengehen, zumal bey den jungen Leuthen, nicht geradezu eine Gottesdienst­lichkeit nennen, da die meisten sich sehr ungeziemend auch während dem Gottesdienst betrugen. Die ledigen Mannspersonen sassen nemlich abgesondert auf der grossen hintern Laube, und die ledigen Weibsper­sonen haten auch eine eigene Laube, auf der Mitternacht-Seite der Mauer nach. Zwischen jenen war noch ein eigener Platz für die jungen Knaben, das Bubenläubli genannt. Die ledigen Mannspersonen drükten sich, aus blossem Mutwillen, dass oft die ganze Laube krachte und die ledigen Weibsper­sonen lachten, schwatzten und warfen Meyen [= Blumen] herum. Zwar war ein eigener erhöhter Aufseherstuhl, wo jeder Ge­schworener dem Kehr nach die Aufsicht halten musste. Dieser musste oft laut warnen, auch Anzeigen machen, und der Chorgerichtlichen Auftritte dieser Unfugen wegen, war kein Ende. Auch der Prediger selbst musste sich oft selbst unterbrechen und diese Lermenmacher zurechtweisen.

Unter den alten Leuthen aber gab es hie und da recht gottesfürchtige und fromme Hausvätter und Hausmütter, die fleissig zur Kirche giengen, zu Hause fleissig die Bibel lasen, mit ihrem Hausgesinde Morgens

und Abends betteten [= beteten], sich alles Schwörens und an­dern leichtsinnigen Reden enthielten, und auch im Wandel und Umgang sehr rechtschaffen und gewissenhaft waren. Man sah oft Männer auf der Strasse und bey der Arbeit mit ent­blösstem Haupte, und hörte sie laut betten. Solche alte Männer, die ein recht patriar­chalisches Leben führten, könnte man aus jener Zeit mehrere nennen. Freylich war vielleicht bey vielen ihr Glaube nicht auf jene klaren Begriffe von Gott gegründet, die man in unsern Tagen als Folge des bessern Unter­richts hie und da antreffen würde. Man sah jedes Missgeschik als eine Strafe des Himmels an, und beym Ungewitter dachte man sich Gott als zürnend, beym darauf folgen­den lieblichen Sonnenschein aber als lieblich vom Himmel auf die Erde her­ab lächelnd. Aber wie viel besser immer noch, als die eiskalte Unenpfindlichkeit und Unachtsamkeit so vieler Halbdenker unserer Zeit ? Was dann endlich die 3 te Folge der schlechten

öffentlichen Erziehung betrift, nemlich die Rohheit in den Sitten. So war dieselbe grenzenlos. Einander Spottlieder erdichten, und nebst andern, alles sitt­liche Gefühl erstickenden Liedern sin­gen, das Trosselkarren [= wenn ein Bräutigamm den in seinem Wohnort lebenden düngen keinen Abschiedstrunk, in dieser Region „Letzi“ genannt, leistete] bey Ehever­löbnissen, wobey nicht selten die entsetz­lichsten Gotteslästerungen vorgiengen, die zahlreichen Spiel- und Saufhäu­ser, auf die nicht genug geachtet, und die im Entdeckungsfall mit so geringen Strafen belegt wurden, dass man nicht darauf achtete. Der Lerm und das wilde Gebrüll der sogenannten Nacht­buben, vor dem an den sogenannten geraden Abenden kein Mensch an ei­nen ruhigen Schlaf denken konnte, die immerwährenden Zänkereyen und Schlägereyen, mit denen daraus ent­stehenden Prozessen, die oft Jahre lang währten, und nicht selten mit den bedenk­lichsten Eydschwüren endigten. Diess war das Öffentliche Leben des sogenannten jungen Volkes !! -(Elsbeth Dängeli bey der Saale bekommt an einem Märit-Abend einen tödlichen Steinwurf und Hans Pauli auf der Schmitte zu Guggisberg an einem Schaafschied-Abend zu Riffenmatt einen tödlichen Schlag. Die Thäter blieben aber unentdeckt)-

1785

Ward die Orgel in die Kirche geschaft worden.

1788

Herr Pfarrer Steck verordnet, dass statt vormittags und nachmittags zusammen 4 Stunden, jezt nur des vormittags von 9 bis 12 Uhr solle Schule‘: gehalten werden, da­mit die Kinder weniger Gelegenheit hätten, während den Mittagsstunden allerhand un­nützes Spiel zu treiben, und die Schulmeister vermittelst des freyen Nachmittags eine Entschädigung für ihren geringen Lohn erhielten. Ungeachtet jeden Tag eine Stunde Schulzeit abgeht, verbessern sich die Schulen zusehends. Er führt die Sommerschulen ein, jeden Sam­stag 3 Stunden von 8 bis 11 Uhr, für jede Schule wird dem Schulmeister Bz. 5 [= 1988 ca. Fr. 12.50] Lohn be­stimmt.

1794

Ein sehr früher Frühling. Ursula Beyeler *, geb. Ringeisen von der Klaus [= Klus], stirbt in einem Alter von 100 Jahren u. 5 Mtonaten], 16 Tag. Herr Pfarrer Steck kündigt Sontags den 23 ten Hornung als ihren Beerdigungs-Tag, ihren Tod und ihr ungewöhnlich hohes Alter von der Kanzel an, und legt ihr den Namen Patriarchinn bey.

1795

Im Aprill und anfangs Mäy fast täglich sehr gefährliche Donnerwetter, hingegen

im Brachmonat [= Juni] fällt ein wohl U Schuh tiefer Schnee [= ca. 45 cm]

1797

Zwey starke Hagelwetter im Brachmonat und August. Die Erndte wird so gut als ganz zernichtet.

1798

Der Schuhmacher Hans Kohli bey der Saale stirbt am Palmsonntag in der Kirche während der Predigt. Herr Pfarrer Steck lässt sich nicht unterbrechen. Nach dem Schluss seiner Predigt sagt er: So ich nicht irre, so hat es den Schuhmacher Kohli getrof­fen. Worauf ihm ein Mann laut antwortete: Ja. Der Verstorbene ward sogleich als er zwischen zwey Stühlen hinabgesunken war, vielleicht noch athmend, von zwey Män­nern hinausgetragen worden.

In den 90er Jahren ist die Käserei Kalkstätten, eine der ersten in umliegenden Bezirken, ent­standen.

1798

Mit dem Einmarsch der Franzosen, und nach den un­glücklichen Gefechten zu Fraubrunnen und im Grauholz, und den zwar glücklichen Gefechten zu Neuenegg, die aber fruchtlos waren, (3. u. 5 ten Merz), wird mit der Staatsverfassung auch unsere Gemeinde­verfassung aufgelöst, welche Letztere jedoch auf keine schriftliche Documente sich gründete, und nichts anderes war, als durch das Alter geheiligte Herkömmlichkeiten. Neue Behörden werden auf­gestellt: Eine Munizipalitaet. Eine Gemeind- oder Verwaltungs-Cammer etc. Neue Beamtete: Ein Bezirks-Statthalter – der Erste war der ehemaliege Statthalter und Landsvenner Joseph Beyeler zu Bären­warth – Ein National-Agent. Verschiedene Unter­Agenten etc. Das Volk kann sich in die neue Einrich­tung nich fügen. Den …[?] ten ……….[?] kommt ein Bataillon Franzosen in die Gemeinde, und werden meistens in den nächsten Ortschaften um das Dörflein Guggisberg herum in die Häuser einq[u]artiert. Sie gehen jedoch nach 10 Tagen wieder fort. Man sah sie lieber gehen als kommen. Doch betrugen sie sich nicht übel.

1799

Ein sehr ungeschlachtes spätes Jahr. In den Berg-Gegenden kommt das Geträyde nicht zur Zeitigung.

ab dem Jahr 1800

1800

Nach einem nassen Frühling ein sehr trokener Sommer. Nach St.Johannis Tag [= 26. Juni] regnet es 9 Wo­chen lang gar nicht. Heu hatte es ungewöhnlich viel gegeben. Emt so viel als keins. Die Erdäpfel blieben klein. Das Gewächs wurde vor der Zeit zur Reife getrieben. Als das Wetter änderte, etwa um die Mitte Augstmonats, da schneyte es einen ganzen Tag ununterbrochen. Her­nach folgte ein guter Herbst, und es gab viel Nachemt (Herbstweid). Die Folgen dieses trokenen Sommers waren indess nicht wie man vermuthet hatte, Theurung oder Mangel an Le­bensmitteln. Es war im Gegentheil an Nichts Mangel. Ein Beweis mehr, dass das Sprichwort wahr sey: „Sonnenjahr, gut Jahr. Rothjahr, Noth-Jahr „.

1801

Eins der besten und fruchtbarsten Jahre wie man sie erlebt hat. Acht Tage vor Pfingsten hält Herr Pfarrer Steck seine letzte Predigt. Mittwoch darauf stirbt er an den Folgen eines Schlagflusses, und am Pfingst-Samstag wird er beerdigt. Herr Pfarrer Sachs zu Thurnen hält eine Leichenpredigt über die Worte: „Ich bin der Gott Abrahams … etc.   Gott aber ist nicht ein Gott der Todten, sondern der Lebendigen“.

Nun sind die Schulen in einem viel besseren Zustand; die meisten Kinder können gut lesen; das Schreiben und Cathechisieren ist eingeführt; fast in allen Schulen werden die-Psalmen zu 4 Stimmen gesungen. Der Ar­beiter ruhet im Frieden, aber die Früchte seiner Arbeiten blühen auf Erden im Segen fort.

1801   

Am Pfingst-Sontag predigt, der einte Sohn des ver­storbenen He[rr] Pf[r.] Stecks, Samuel über die Worte: „Die Gemeinschaft des Heil. Geistes sey mit euch allen, Amen !“ und wendet diese Worte einer­seits auf das Pfingst-Fest, anderseits aber auf den Umstand an, dass dies die lezten Worte Sey­en, welche sein sei, Vatter an seine Gemeinde gesprochen.

Acht Tage darauf hält sein anderer Sohn Ru­dolf Steck über die Worte: „Heute, so ihr seine Stimme hören werdet, so verhärtet eure Herzen nicht“; einer der schönsten Predigten, die jedermann wollte gehört haben. Acht Tage später He[rr] Classhelfer Greyes, über die Worte Malach [== Maleachi]: „Was fordert der Herr dein Gott von dir, ohne allein, dass du thust was recht ist und Guththätigkeit übest, und demüthig ein­her gehest vor deinem Gott“. Am 3 ten Sontage nach Pfingsten, hält He[rr] Vikar Lutz, nachher Pfarrer zu Zweysimmen, und später zu Albligen, seine erste Predigt über die Worte: „Wir haben hier keine bleiben­de Städte, sondern die zukünftige suchen wir“. An diesem Tag schneyt es den ganzen Tag ununterbrochen fort, um Mittag fällt ein starker Donnerknall; es fällt ein Schu [= ca. 30 cm] tiefer Schnee; die Bauern sind den ganzen Sontag beschäftigt, ihre Waare [= Vieh] wieder von den Bergen herunter zu treiben.

1801

Am Bättag hält He[rr] Vikar Lutz über Hoseas K[ap.] 4, V[erse] 1 und 2 eine sehr kräftige Bättags-Predigt. Sontag darauf hält derselbe seine Abschied-Predigt ü­ber 3. Epist. St. Johannis, V[ers] 4 und acht Tage später der neue Herr Pfarrer Gysi seine Eintritts-Predigt über Philip., C[ap.] 1, V[ers] 8. Einen besseren Pfarrer hätte der Himmel selbst nicht geben können, der sich besser geeignet hätte ein Nachfolger des He[rr] Stecks zu seyn. Er war ein vortrefflicher evangelischer Prediger. Hatte eine sehr gründliche und tiefe Einsicht in den Geist des Christenthums. Er sezte das ange­fangene Werk der Verbesserung unserer Schulen eben so eifrig fort, als es sein Vorfahr angefan­gen, nur mit mehr Liebe und Sanftmuth, mit der er aller Herzen gewann, und sich den allgemei­nen Beyfall der ganzen Gemeinde erwarb. Er führte in den Schulen die Sonntags-Kinderlehren ein, und durch seine Verwendung wurde jedem Schulmeister für eine derselben Bz [= Batzen] 5 [= 1988 ca. Fr. 13.—] verordnet. Auch verordnete er mit Beystimmung der Vorgesezten, in den 3 Monaten Dec, Jenner u. Hornung je in einer Woche 3 zweystündige Nachmittags-Schulen für aeltere und geschicktere Kinder, um sie im Schreiben, Rechnen, Singen und in der Re­ligion desto weiter zu bringen, und dem Schul­meister ward dafür eine Einkommens-Verbesse­rung von Bz. 90 [= 1988 ca Fr. 230.–, (jährlich)] verordnet. Kurz, die Schulen verbesserten sich immer. Auch wurde durch seine Ver­wendung eine Hochobrigkeitlich sanktionierte Normal-Schule zu Bildung künftiger Schullehrer, im Amt Schwarzenburg angeordnet, und 6 Jahre lang durch den Schul-

meister Hans Weber zu Kalchstätten, den Führer dieser Chronik gehalten. Es ist nie kein Pfar­rer zu Guggisberg gewesen, dessen Andenken so allgemein in Ehren gehalten werde. Schade, – dass er uns nach einem 8 jährigen Pfarramt entrissen wurde. Indem er durch eine schwere und langwierige Krankheit anno 1809 genöthigt ward, diese schwere Gemeinde zu verlassen, und die ihm obrigkeitlich angebottene, viel leichtere Gemeinde Kallnach zu übernehmen.

1803

Ein sehr starkes Donnerwetter Sontags den 11 ten Wintermonat.

1802  

Also ein Jahr früher, ein früher Frühling, aber wie die Bäume in der schönsten Frühlings-Pracht stehen, kommt der Winter aufs neue wie­der, und zwar so lang und so streng, dass vom Frost alles Laub an den Bäumen verdorrt und hernach abfällt und dieselben kahl da stehen wie um Weihnacht. Jedoch im August schlagen sie wiederum aus, bekommen Laub, da der Sommer heiss war, und es viele und starke Donnerwetter gab.

1805  

Ein sehr nasses spätes Jahr, das Gewächs liegt spät im Herbst unreif 4 Wochen lang unter einem 1 Schuh [= ca. 30 cm] tiefen Schnee, und als derselbe zwar wieder weggeschmolzen, muss es nass eingebracht werden. Es giebt ein fast ungeniessbares Brod;

1807  

Ein Jahr, wie noch niemand ein solches erlebt hatte. Mit dem Neujahr kam eine ungewöhnliche Wärme, der Schnee schmolz wegg bis auf die höchsten Berge, es wird ganz Sommer, die Wege sind troken, es fällt Thau, wächst Gras, dass die Kühe hätten wei­den können. Im Hornung wintert es wieder zu, und ist strenger Winter bis die lezten Tage Aprill. Mit dem Monat Mäy kommt plötzlich die schönste Frühlings-Witterung, und in der Mitte dieses Monats steht alles in der schönsten Frühlings-Pracht. Den ganzen Sommer bis im Herbstmonat ist eine unerträgliche Hitze, am Ende Augustmonats ist alles Gewächs reif und kann gut eingeärndtet werden. Kurz, es war das beste Jahr das man erlebt hatte. Nur gab es im Sommer viele u. starke Donner und am 1 ten Äugst im Frey­burger Gebiet ein starkes Hagelwetter.

 

1809

Den 8 ten October hält Herr Pfarrer Gysi seine Abschieds-Predigt über die Worte: „Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sey mit euch allen, Amen !“. Die Schmerzen der Trennung pressen fast allen Zuhörern Thränen aus.

1810

Ward ein sehr früher Frühling, schon den gan­zen Monat Merz ist die schönste Frühlings-Wit­terung. Diese schöne und gute Witterung hält ununterbrochen an bis anfangs Heumonat. Nach­her fast immer Regenwetter.

1811

Wieder ein sehr früher Frühling. Auf Christi Himmelfahrts-Fest werden im Dürrenboden-Hölzli recht reife Erdbeeren gewonnen. Es hat kaum jemand einen so langen, schönen u. lieblichen Sommer erlebt. Nur hatten wir im Brachmonat ein schreckliches Donner-und Hagelwetter, welches besonders den Hintertheil der Gemeinde traf. Auf der Brandelen schlägt der Blitz in ein Haus, schlägt in der Stube die Hausfrau zu Boden, welche von ihrem Mann nicht wissend, ob lebend oder todt, zum Haus hinaus getragen wird. Sie erholt sich jedoch bald wieder und trägt keinen Schaden davon, auch gieng im Haus kein Feuer auf, der Eigenthümer war Christen Dängeli. Nun gab es kein recht gutes, fruchtbares Jahr mehr bis 1818, denn

1815

war zwar ein sehr früher Frühling, schon in den ersten Tagen des Aprill waren die Obstbäume voll Blust, hingegen am Ende dieses Monats und in der ersten Hälfte des folgenden war wiederum strenger Winter mit ziemlich viel Schnee und grosser Kälte. Die Fenster waren überfroren wie etwa im Jenner, auch den ganzen Sommer war ungeschlachtes und kaltes Regenwetter vorherrschend. Darauf folgte ein schrecklich strenger Winter mit vielem Schnee und fast unerträglicher Kälte und [so auch] der darauf folgende Sommer,

1816

wenn man in diesem Jahr einen Sommer zugeben will. Man kann dies mit allem Recht das zweyte grosse Winterjähr nennen, verglichen mit dem Jahr 1600 (siehe Seite 1). Als noch fast allen Zäunen eben Schnee war im Aprill, fuhr ein sehr starkes Donnerwetter langsam über unsere Alpen von Osten und Westen und währte bis spät in die Nacht, vom Mittag hinwegg. Es war den ganzen Sommer ein einziger recht schöner Tag und im Heuet konnte man doch einmal 4 Tage nacheinander, jedoch nicht recht sicher Heuen. Es wurde mehrere Sonntage geheuet und darüber auch verschieden geurtheilt. Kurz, man hatte den ganzen Sommer immer kaltes Regen-und Schneewetter und das währte bis im Weinmonat, darauf kam schönes Wetter, aber es war zu späte und das Gewächs, welches nicht nur unreif, sondern noch nicht einmal recht gekörnt war, ja vieles noch nicht ein­mahl recht verblüht hatte, blieb grossentheils unter dem früh wieder eintrettenden Winter und tiefen Schnee vergraben und konnte erst im Jenner als der Schnee weggeschmolzen war, bloss als Streue ein­gebracht werden. – Die Bäume hatten im Heu­monat geblüht (verstehe die Obstbäume). Hingegen die Kirschen konnten doch im Herbstmonat halbreif gewonnen werden. Erdäpfel gab es bey uns fast keine. Und welches waren die Folgen dieses be­denklichen Jahres?

1817

Eine nie erlebte Theurung und Hungersnoth. Das Määs Kernen galt Bz. 80. Das Määs Erdäpfel Bz. 25. Ein 4-pfündiges Halbweisses Brod 16 und endlich 17 Batzen und übrige Lebensmittel verhältnismässig. Man sah im Frühling und Sommer Scharen Leuthe beschäftigt, Schweinekraut auszugraben, welches gebrüht, etliche Monat fast die einzige Nahrung vieler Armen war. Doch liess die Regierung viel Mehl in wohlfeilerm Preise in der Gemeinde verbacken und das Brod unter Aermere austeilend. Auch wurde an 2 Orten Muss-Suppe gekocht und portionsweise unter die Armen ausgetheilt. Auch wurde von der Regierung viel Erdäpfel, Reis, etc. hieher geschickt und viele Partikularen thaten auch vie­les zu Stillung unserer Noth. Der Rathsherr Tscharner im Sulgenbach verehrte an unsre Gemeinde 100 Määs Erd­äpfel und Herr Pfarrer Gysi, nun Helfer im Münster, sammelte eine freywillige Steur und kaufte aus dem Betrag derselben 216 Määs Erdäpfel für unsere Ar­men. Ohne alle diese Hülfsanstalten hätte eine grosse Anzahl unserer Armen verhungern müssen. Und noch jetzt bey allen diesen Aufopferungen mögen einige an den Folgen des Hungers gestorben seyn. Andere schwankten fast ohnmächtig und aufgeschwollen wie Todtenbilder herum. Doch ist es merkwürdig, dass diese im Herbst, als wieder Nahrung und genug zu essen bekamen, bald recht gesund und fett wurden, wie sie wie vorhin gewesen waren.

Uebrigens war zwar dies Jahr 1817 kein unfruchtbares Jahr, nur war der Sommer zu kurz, denn der strenge Winter mit sehr viel im Merz und Aprill gefallene Schnee hielt an bis anfangs Mäy. Hingegen waren die Monate Juny, July und Augstmonat recht gut. Erndten konnte man jedoch hier erst im Wintermonat, doch war das Gwächs reif und Erdäpfel hatte es ziemlich viele und insonder­heit viel Futter geben.

Noch kann hier nicht vergessen werden, dass an einem Tage im Heumonat, dem Hans Pauli Sohn, zu Ryffenmatt, als derselbe Obrigkeitliches Mehl von Schwarzenburg nach Guggisberg führte, eines seiner 2 Pferde im Schwarzenburg-Dorfwald vom Donnerstrahl verschos­sen worden.

Und nun schliesst der Chronik-Schreiber dieses ewig denk­würdige Jahr mit dem Wunsche, dass der Allbarmherzige Vatter im Himmel uns und unsere Kinder kein solches mehr erleben lasse! Doch hatte dies Nothjahr die gute Wirkung, dass seither mehr auf das Anpflanzen der Erdäpfel und andere Lebensmittel verwendet wird. Als eine bis dahin vergessene Wettermerkwürdigkeit muss hier nachgetragen werden. Es war im Äugst des Jahres 1813, als an einem Morgen unsere Ge­meinde überall überschneyt war. Es schneyte bis um den Mittag ununterbrochen fort. Um den Mittag ent­stand ein starkes Donnerwetter, der Strahl fiel in der Gegend des Bühlholzes an verschiedenen Orten in Tan­nenbäume. Während des Donnerns hagelte es. Nachher schneyte es wieder bis Abends. Nun lag ein 1 Schuh [= ca. 30 cm] tiefer Schnee, der aber tagsdarauf wieder wegschmolz.

Dies war das Jahr der Erquickung auf das nun überstandene Notjahr. Es war ein früher, langer, schöner, warmer, trokener aber doch sehr fruchtbarer Sommer, ähnlich (aber noch besser) dem von 1811. An allerlei Früchten gab es wieder Ueberfluss und eine sehr wohlfeile Zeit. Gottlob! In diesem und den zwey lezten Jahren 1816 u. 1817 wur­de die Kirche auf Reuschegg erbauen und Sonntag den …[?] ten Herbstmonat von Herrn Ratsherr Fellenberg eingeweiht. Herr Dekan Risold hielt eine Einweihungs-Predigt über …[?] Buch der Könige, C. O Kap.] …[?], V. [= Vers] …[?]. Der Vorsteher überreicht diesen Herr Ehrengesandten eine Dank-Adresse zu Händen der Regierung mit einer kurzen Anrede vor der ganzen Gemeinde. Nach dem Gottesdienst verfügen sich alle Vorgesezten und Be­amten des Amtes Schwarzenburg zu einem Obrig­keitlichen Mittags-Mahl. Zugleich wurde auch an diesem Tage der neue und erste Helfer, Herr Gugger, einpräsentiert. Der erste, welcher auf dem Kirchhofe zu Reuschegg beerdigt wurde ist Hans Gilgien im Tiefengraben (Mausers Häusi). Eine Gesellschaft edler Wohlthäter in Bern wünschte darauf, dass zur Erleichterung einer bessern Erziehung in diesem Theil unserer Gemeinde, im Bundsacker ein neues, wohleingerichtetes Schulhaus erbauen werde, und steuerte dazu aus eigenem die schöne Summe von[Kronen] 400. Welches auch sogleich geschähe.

Ueberhaupt war jezt eine Zeit, wo sehr viel Neues in dieser Gemeinde und dem hiesigen Amte geschah. Es war aenliech schon im Jahr 1814 unter Begünstigung des Einmarsches Russischer, Oestreichischer und Preussischer Trup­pen. Die Helvetische, oder die später durch Käyser Napoleon der Schweiz gegebenen vermittlungsmässige Regierung zer­nichtet und die alte Regierungform im Kanton Bern mit wenigen Abänderungen wiederum eingeführt, wie selbige vor dem Einzug der Franzosen anno 1798 war. Und diese wiederum eingeführte alte Regierung war sehr eifrig in Beförderung gemeinnütziger „Anstalten und Einrichtungen. So wurde zum Beyspiel aus der Laubbach-Schule zwey Schulen errichtet, eine Unterholz-und eine Blötsch-Schule; die Schulstube zu Guggisberg repariert; zu Kriesbaumen eine (‚freylich unbequeme, finstere, feuchte, kalte) Schulstube erbauen, stattdem man vorher nur in einer Mietstube Schule halten musste. Zu Kalchstätten wurde ein neues Schulhaus erbauen; die Kirche zu Guggisberg erneuert und ihr die Einrichtung gegeben, welche sie jetzt hat; die jetzige neue Strasse über die Schwarzwasserbrügg wurde gemacht. (Und zu diesem allem half die Regierung durch grosse Beysteuren und Auf­opferungen).

Aber hier entquillt der Feder des Chronik-Schreibers unwillkürlich eine Frage, die er nicht zurückzu­halten vermag, nemmlich:

Warum zieht man jene vor der Revolution von anno 1798 existierenden Volkssitten und Uebungen nicht wiederum hervor, welche das Eigenthümliche in dem C[h]arakter des Schwarzenburgers und Guggisbergers bezeichneten und gewiss hie und da bey unbefangenen und schlichten Gemüthern einen guten Eintruck machten?

  1. B. Alle Sonntage tratten der Herr Pfarrer, der Statthal­ter oder Landsvenner, der Weibel, die zwey letztern in der Standesfarbe mit halb schwarz und halb roth getheilten Mänteln, denne der Seckelmeister in einem schwarzen Mantel, mit den übrigen Bewoh­nern des Pfarrhauses in einem feyerlichen Zuge miteinander in die Kirche! Warum nicht mehr? Alle Jahre am Schwarzenburg Frühlings-Markt wurde

der Märit ausgerüft. Dies gieng folgendermassen zu: Um 10 Uhr sezte sich der feyerliche Zug im Schlosshoofe in Bewegung. Voran Feldmusik mit einer Anzahl von Wächtern (Soldaten), dann der Herr Landvogt, dann die Her­ren Geistlichen des Amts, auch Pfarrer angrenzender Gemeinden, diesen nach der Statthalter, der Landsvenner, die Weibel in der Standesfarbe, alle zu Pferd das Dorf hinunter durch die neugierige, gaffende Volksmenge, bis auf den Märitplatz. Zuoberst auf demselben hiel­ten sie in einer geraden Linie stille und der Weibel zu Schwarzenburg hielt laut eine Rede an die wogen­de Volksmenge.

Der Innhalt derselben war: „Wie zu ende des 14 ten oder zu anfang des 15 ten Jahrhunderts der Herzog von Savoy und König von Sardinien den freyen Mannen von Grassburg, als eine Königliche Gnade und Gunst wegen der Seiner Krone jederzeit be­wiesenen Treue, bewilligt habe, alljährlich zu Schwar­zenburg 3 Jahrmärkte zu halten, und wie dieses Recht nun seit dem die Hohen Stände Bern und Freyburg im Jahr 1424 diese Grafschaft käuflich an sich brachten fuer die Summe von 6000 Schiltfranken grossgünstigst garantiert worden sey“, dann schloss der Redner mit einer Vermah[n]ung, dass jedermann im Kaufen, Verkau­fen und Tauschen, der Wahrheit und Aufrichtigkeit be­fleissen und alles Betrugs sich enthalten sollen. Jezt gieng der Zug wieder durchs Dorf nach dem Schloss. Ich frage noch einmal: „Warum nicht mehr?“. Doch so könnte man noch vieles fragen? Z.B. warum bleibt selten ein Pfarrer länger mehr hier, als höchstens 6 oder 8 Jahre? Ein Pfarrer Zehender ist früher beynahe 40 Jahre zu Guggisberg gewesen. Er predigte am vorlezten Reformations-Fest und wiederholte oft in seiner Predigt den Reimspruch im alten Styl: „Wenn man erst müsst zum Pabst hinlaufen, die Seligkeit mit Geld zu kaufen, was wollte denn der arme Mann, der kein Geld nicht haben kann?“

1819  

Ein schreckliches Hagelwetter am ersten Pfingst-Communions-Sonntage. Zu Bärenwart-Loch und Gouggenberg werden die Bäume ganz entlaubt. Zu Gambach schlägt der Blitz in Hans Zbindens oder (Schatters) Haus.

Bis im Herbst dieses Jahres war hier ein Pfar­rer N. Mohr aus Graubündten, der sein Amt als Pfarrer bey acht Jahren verwaltet hate, durch Obrigkeitliche dazwischenkunft genöthigt, seine Stelle niederzulegen. Die Aufgeklärtern in der Gemeinde, die Schulmeister und die meisten Vorgesezten waren mit allen seinen Amtsverrich­tungen wie mit seinem C[h]arakter unzufrieden, kehr­ten klagend vor die Regierung und erzweckten seine Abberufung.

An seine Stelle tritt Herr Baumgartner, vorher Vikar zu Rüggisberg, ein Mann der seinem Amte in allen Rücksichten vollkommen gewachsen, ein trefflicher Prediger, ein ausgezeichneter Unterweiser der Jugend, in allen seinen Arbei­ten geschikt und geschwind und von gutem Herzen, und ungeachtet er nicht das Glück hatte, sich allgemeinen Beyfall zu erwerben, so glaub­te man doch fast allgemein, sein Abzug sey ein Verlust für die Gemeinde, und er war es wirk­lich. Er nahm sehr rührend Abschied am Weihnachts­tag 1827 über die Worte: „Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sey mit Euch. Meine Liebe sey mit Euch allen, Amen!“. In diesem und mehrern vorigen Jahren waltete ein sehr langer Prozess zwischen der hiesigen und den zwey Nachbar-Gemeinden Wahlern und Albligen, über die bisher gemeinsame Benutzung der grossen Allment und des Schwandtenbuchs, über die Bettellung* der in dem Gemeindsbezirks Guggisberg liegenden Alpen und an­dern Liegenschaften zu gunsten der hiesigen Gemeinde, so wie auch bis jezt zwischen den 3 Gemeinden des hiesigen Amtes existiert habenden Freyzügigkeit-Rechtes. Der Ausgang dieses Streites war, Theilung der Allment und des Schwandtenbuchs, Berichtigung der Marchen, und dass der Gemeinde Guggisberg das Recht einberaumt wurde, die innert ihren Marchengrenzen liegenden Al­pen und andere Liegenschaften zu ihren Gunsten zu betellen.

Obschon nun nicht geläugnet werden kann, dass die Verthei­lung der Allment und des Schwandtenbuchs einigen Vortheil gewährte, so ist auch nicht zu vergessen, dass von einer andern Seite, diese Theilung grossen Nachtheil brachte. Man war nemmlich nur darauf bedacht, den Weidgang und die Pflanzungen zu verbessern, während durch das Aufbauen von 3 grossen Schattenhütten mit Hirten-Wohnungen und vermittelst der Einzäunung der verschiedenen Theile, der Wald zugrund gerichtet wird ! Nur wenige nehmen dieses wahr und seufzen im Stillen darüber. (Aber warum nur im Stillen?) Zu gleicher Zeit waltete auch ein Streit mit den Besitzern der 3 Flühberge Gantrist, Schwefelberg u. Grenchen, in dem diese leztern den Landleuthen das seit un­denklichen Zeiten ausgeübte Recht streitig gemacht wurde, Schaafe auf die steilen Abhänge dieser Berg-Flühe zu treiben, auf denen die Kühe nicht weiden können. Diejenigen, welche nahmens der Landschaft dieses Weid-Recht behaupteten, stützten sich auf vor­handene Urkunden und auf Verjährung, und ih­nen musste dieses Weid-Recht neuerdings zugestan­den werden.

[* Betellung = Besteuerung]

Hingegen wurde ihnen doch der Besatz-Pfennig zu Erhaltung und Belohnung der Schäfer bis auf Bz. 2 xr. [= Kreuzer] 2 erhöht. Diese bitter geführten Prozesse, so kostspielig und‘ verdriesslich auch ihre Führung war, hatten denn doch noch Nutzen, dass man genöthigt wurde die alten Urkunden aufzusuchen, wodurch man denn auch manche bis dahin verborgene Aufschlüsse über den ursprünglichen und frühern Zustand unserer Gegenden und ihre Urbarisierung zu erhalten.

So fand man jene Urkunde von Käyser Heinrich dem vierten, kraft welcher derselbe im Jahr 1076 die Wüsteney Guggisberg den Gotteshausleuten des Klosters Rüggisberg zur Ausreuthung und Urbarisierung um einen gewissen Bodenzins über­lassen hat, etc. etc.

1820

Der Winter dieses Jahres zeichnete sich durch sonder­bare Witterung aus. Es schneyte frühzeitig zu und

fiel ein tiefer Schnee, aber überall gleich und ohne vom Wind verwehet und zu Haufen getragen zu werden. Bey diesem war stilles, kaltes Wetter und guter Schlittweg bis Ausgangs Jenners, wo mit Regen und Wind der Weg brach. Hernach war ungestümes Wind- und Schneewetter bis im Frühling.

1821 Noch merkwürdiger war die Witterung dieses Jahres 1821. Ein schneeloser Winter, wie man keinen noch erlebt hatte, es fiel so zu sagen kein Schnee, dabey war es jedoch ziemlich kalt. Darauf folgte ein früher Frühling und schon um Ostern hatte man starke Donner- und Hagelwetter. Am Osterdienstag zündete der Blitz zu Mengestorf eine Scheuer an und legte sie in Asche. Als nun Bäume und Wie­sen in der schönsten Frühlingspracht standen, kam der Winter aufs neue mit kalten Regen- u. Schnee-Winden und bis um den längsten Tag war viele Morgen der Boden hart zugefroren. Hernach kam wärmeres Wetter, es gab sehr wenig Heu, hingegen viel Emd und ein noch mittelmässiges Fruchtjahr, aber kein Obst.

1822

Aber noch mehr als die zwey Vorigen, zeichnete sich das Jahr 1822 durch sonderbare Witterung aus. Es war eigentlich nur einen Monat Winter, und gar keine grosse Kälte, denn nur am er­sten Sonntag und Montag des Jenners sah man etwa gefrorene Fensterscheiben. Sonst sähe man alle Monate pflügen. Es war ein sehr früher Frühling und bis um den längsten Tag sehr grosse Hitze und gefährliche Donnerwetter, der Blitz erschoss an einem Tag ob Gambach 2 Kälber in einer Weid und schlug auf Hirschhorn in ein Haus, in welchem er einen beim Tisch ar­beitenden Schneider traf und verletzte, dass er nach Bern in die Jnsel gebracht werden muss­te. – Wäre die Hitze um den längsten Tag nicht etwas abgekühlt worden, so wäre dies das früheste Jahr seit Menschengedenken gewesen, und es war es dem ungeachtet immer noch, denn man erndtete auf dem Bühl im Heumonat Sommer­gerste! – Und im künftigen Historischen Ber­ner Calender las man folgenden Reimen im Volks-Dialeckt:

„Los Hans!, i muess di öpis frage:

Hest du n’es sötigs Jahr erlebt.

Weist du vo so viel warme Tage,

wo z’Hemli geng am Buggel klept?

Es giebt zwar Leuth‘, sie si viel b’sinnter

als ig und du u anger meh.

Hest du dir lebtig so ne Winter

u de ke g’f[r]orne Scheibe g’seh?“

1823

War ein sehr strenger Winter mit vielem Schnee. Aber der strengste Winter den man erlebt hate, war von 1826 auf 1827 mit ungewöhnlich

1827

vielem Schnee, welcher von starken und kalten Nordwinden (Bise) immer zu Haufen gewe­het wurde. Fast die ganzen zwey Monate Jenner und Hornung waren die Strassen und Wege unbrauchbar und verschlossen. Wenn

man sie am Tage geöffnet hatte, so wurden sie in der Nacht wieder zugefüllt. – Dem ungeachtet folgte noch ein zeitlicher Frühling und ein sehr warmer und trockener Sommer, so dass das alte Sprichwort „auf einen strengen. Winter folge ein raucher Sommer“, diesmal nicht in Erfüllung gieng.

1828

Den 1 ten Son[n]tag nach Pfingsten wurde auch hier wie im ganzen Canton Bern das 3 te hundertjährige Reformations-Fest gefeyert, und statt am ersten Pfingst-Son[n]tage, heute das Heil. Abendmal gehalten.

Vormittags predigte He[rr] Pfarrer Haller über Galater 5. Kap. 1. Vers und nachmittags wurden nach einer kraftvollen Anrede Bücher und unter die Unterweisungskinder auch kleine Denkmünzen Fünfbätzler, die Bücher aber unter die besten Schulkinder ausgetheilt. Den Vorgesetzten und Schul­meistern aber wurden grössere Denkmüntzen, den Erstern für Bz O Batzen] 40, den Letztern aber für Bz 20 Gewicht überreicht. Schon am Abend vorher um 3 Uhr war ein Vorbe­reitungs-Gottesdienst gehalten worden. Obschon in Schulen, Unterweisungen und in Predigten vieles (und vielen bis zum Eckel) davon gesprochen worden, so schienen doch Viele zumal aus der ungebildeten Volks-Klasse, die Wichtigkeit dieses Festes nicht zu begreifen. Die 3 Jahre 1829, 1830 und 1831 waren Nodth- und Regenjahre, wie man keine 3 solche nach­einander erlebt hatte. Herr Pfarrer Hal­ler sprach in einer Predigt von Aehnlichkeiten mit der Sündfluth! Hier folgen einige Merkwürdigkeiten aus diesen drey Jahrgängen:

1829

Am 1 ten Son[n]tage im Jenner spürte man hier ein solches Erdbeben, dass gerade während dem Gottesdienste sich das ganze Kirchengebäude bewegte und erschüttert wurde. He[rr] Pf[arrer] Haller Hess liess sich aber gar nicht unterbrechen, sondern that als ob er nichts verspührt hätte. Wahrscheinlich wollte er damit verhüten, dass die Bestürzung nicht allzugross’werde! Darauf folgte beständiges, kaltes Winterwetter. Im Herbstmonat regnete es fast ohne Unterbrechen und alles Emd verfaulte abgemäht auf den Matten und gieng zu Grunde und wurde unbrauchbar. Im Weinmonat fiel ein ungewöhnlich tiefer Schnee. 2 Schuh tief lag er auf dem noch unreifen Gwächs und richtete dasselbe so viel als ganz zu Grunde. Im Heumonat 1830 ein schrecklicher Wolkenbruch, und ein noch Schrecklicherer im Heumonat 1831. Dies Mahl wurde den Wassern nach Stegen und Brücken fort­gerissen und in abhängigen Gütern viele Pflanzplätze verlauenet. Am Ryffenmatt-Schafscheid zündete der Blitz im Hofland, Gemeinde Wahlern, ein Haus an und legte es in die Asche und darauf fiel ein 2 bis 3 Schuh-tiefer [= ca. 70 cm] tiefer Schnee auf den Bergen, Die Kühe mussten vom Morgeten mit Lebensgefahr durch diesen Schnee ins Simmenthal hinunter getrieben werden, um dort für dieselben Futter zu

kaufen und Matten zum Weiden zu dingen.

1831

Der Winter von 1831 auf 1832 war ein ausseror­dentlich kalter Winter wie noch kein Mensch einen solchen erlebt hatte. Schon um Martiny [=11. November] fieng die Kälte an und währte fast ununterbrochen bis um Fassnacht, schier ununterbrochene grimmige Kälte. Es erfroren Leuthe auf der Strasse, viel Vieh in den Ställen und sehr viele Erdäpfel in den Kellern.

1832

Dies Jahr 1832 zeichnete sich durch eine ausser­ordentliche, nie erlebte Trockne aus und diese Tröckne übertraf noch die vom Jahr 1800, siehe Seite 16 und unterschied sich von derselben beson­ders dadurch, dass sie diesmal zum Theil schon im Frühling anfieng, den ganzen Sommer und Herbst anhielt, indem es sehr selten und sparsam regne­te. Jedermann hoffte gewaltigen Regen doch we­nigstens vor dem Zuwintern, aber auch dieser blieb aus; daraus enstuhnd ein nie erlebter Wassermangel. Viele bey Mannsgedenken nie vertrocknete Brunnen stuhnden ab, sogar die sonst wasserreiche Quelle unter’m Bühldörflein; die Leuthe auf dem Bühl mussten ihr Vieh nach dem Schwannacker-Wuhr, den sie aufschwellten und in einen Trog leiteten, zur Tränke treiben und für ihren Hausbedarf Wasser holen. An sehr vielen Orten wurden mit gutem, an vielen Orten aber mit schlechtem. Erfolg nach neuen Quellen gegraben. Erst im Hornung nahm die Tröckne dadurch ein Ende, dass der Winter durch Regen und Wärme brach. Hier muss noch zur Ehre der Menschheit gesagt werden, dass die Leuthe über­haupt sehr dienstfertig waren, einander auch ohne Recht Wasser zu lassen. An etlichen Orten wurde auch das Abwasser von den Brunnen gesamm­let und sehr weit geführt, um die Mühlen damit zu treiben, welche ohne dieses Nothmittel gänzlich hätten stillestehen müssen. Man kann mit Wahrheit sagen, dass diese Tröckne ein ganzes Jahr angehalten habe, denn den ganzen Monat Hornung 1832 sähe man weder Nebel noch Gewölk, sondern es war beständig ein ganz heiterer Himmel gewesen.

1833

Ganz änderst verhielt es sich mit der Witter­ung in diesem Jahr 1833, denn es war ein sehr ungeschlachtes und rauhes Kottjahr. Heu und Erdäpfel gab es unerhört wenig, denn die Erdäpfel wurden schon im Augstmonat vom Reif verderbt. Emd gab es doch etwas mehr als vor’m Jahr. Das Gwächs kam sehr spät und vie­les gar nicht zur Zeitigung.

1834

Aber auf eine seltene und unerhörte Weise zeichnete‘ sich der folgende Winter 1833 auf 1834 aus. Man könnte eigentlich sagen, es sey gar kein Winter gewesen, denn in den 3 Monaten November, Dec[ember] und Jenner war fast beständig Regen, mit warmen Westwinden. Erst im Merz und April bekam es eine etwas winter­liche Art. Im May kam der Frühling, aber mit Wärme und Trö[c]kene, wie man es in dieser Jahreszeit nie erlebt hatte. Doch gab es zuweilen noch kalte Reif-Nächte und die Heuernte fiel über die Massen dürftig aus.

Die Tröckene hielt an bis 28 ten Brachmonat, wo dies geschrieben worden. Heute und ge­stern jedoch wurde unsere Erde durch reichliche Regengüsse erquikt! In diesem Jahre wurde das schon im vorigen Jahre dieser Gemeinde von der Regierung ertheilte Pinten-Wirtschafts-Recht nach Ryffenmatt verlegt und vom Ersteigerer N. Leutold vom Ried in des Christen Pau­lis Haus ausgeübt.

Am 16 ten Brachmonat des morgens wur[de] Hans Stoll vom Bühlschürli oder Geiss­rein, welcher früher in Frankreich als Militayr diente, auf dem Fussweg zwi­schen Schmiedehaus und Suttershaus todt gefunden.

Im Brachmonat starb zu Ryffenmatt eine jun­ge, schöne und artige Ehefrau des N. Massard, Tochter des gewesenen Wirth Blaser, welcher vor einem Jahr Frau und Tochter verlassen und mit den jungen Leuthen Hostettler vom Grubenboden nach Amerika ausgewandert war.

Nachdem im Frühling 1832 des Hans Mischlers Vordermutten Haus durch Unvorsichtigkeit seiner Lehenleuthe niedergebrannt war, und Cristen Zbinden, ehemals von der Schwendi dies Heymath [= Heimet] an sich gekauft und auf dem Platz des abgebrannten, ein Neues, sehr grosses u[nd] braves Bauernhaus erbaut hatte, brannte dieses neue Haus am Fastnacht-Son[n]tag Abends im Vernachten wieder nieder. Es wurde von dem beym Eigenthümer an Kost und Verpflegung verdingten, sinnesverwirrten Ulrich Zbinden (Schatters Ulli) angezündet.

Im Anfang dieses Sommers brach die Vieh-Säuche in der hie­igen Gegend aus, nemmlich der sogeheissene Zungen- und Klauen-Krebs. Sie war sehr anste[c]kend und wo in einer Weide ein Stück angegriffen wurde, da war plötzlich die ganze Herde ergriffen. Sie soll sich sogar an den Kleidern, einige glaubten sogar, durch die Fliegen und Brämen von einer Weid in die andere fortgeerbt haben. Der Vieh-Arzt Christen Zahnd von der Fluh genannt „Flutzer“) war sehr geschickt, thätig und glücklich in Behand­lung dieser Krankheit, so dass bis anfangs Äugst kein Stück starb, Es wurden vermittelst Austauschung zwey Berge zu Spitalbergen gemacht, um das angesteckte Vieh darinn zu sommern, nemmlich der Einberg und der Steckhütten. Zu Anfangs Äugst hatte sich jedoch das Uebel schon ziemmlich gemildert.

In diesem Sommer wurde des Christen Stöckiis im lausi [= Husi] bey der Kappelen Haushaltung mit Krankleit und Tod sehr hart heimgesucht. Der Vatter selbst, der aelteste Knab Hans und ein jüngeres

Mädchen Aenni, alle 3 starben in einer Zeit von näher als 50 Tagen. Der Knab mochte etwa 14 oder 15 und des Mädchens Alter etwa 12 Jahre gewesen seyn.

Ausserordentlich und merkwürdig war die Witter­ung dieses Jahres durch den ganzen Sommer, im­mer regnete es sehr sparsam. Etwa zu 2 oder drey Wochen hat[t]en wir Regen und das währte nie länger als höchstens 1 1/2 Tag, dazwischen war es beständig heiter und meistens sehr heiss. Die Trö[c]kne war empfindlich. Viele Brunnquellen vertrockneten und die Müller konnten fast nicht mahlen. Indessen war es doch ein guter und fruchtbarer Sommer. Heu gab es freylich sehr wenig, hingegen sehr viel Emdt und Herbstweid, welch le[t]ztere aber nicht ganz benu[t]zt werden konn­te, denn im Weinmonat kam ein rauher Sturm­wind und es schneyte 2 Wochen lang fast immer und der kalte West-Sturm mit vielem Schnee erinnerte an den Monat Hornung. Nachher zwar schmolz der Schnee wieder weg, aber darauf folgte eine rauhe Beise, so dass der Boden fast zuge­froren war. Das Gwächs war sehr wohl gera­then und Erdäpfel hat[t]e es ungewöhnlich viel gege­ben und ziemlich viel Obst. Kurz, es war eines der besten Jahre, die man erlebt hatte.

1835

Auch in diesem Jahr war die Tröckene vorherrschend. Heu gab es noch mittelmässig, hingegen Emt so gut als keins. Es war ein gutes Geträyde-Jahr, die Erdäpfel-Erndte aber fiel auch nur mittelmässig aus. Auch mussten viele derselben wegen sehr frühe eingetrettenem Winter unterm Schnee und noch dazu bey grosser Kälte ausgegraben werden, denn ausserordentlich war der Winter von 1835 auf 1836 und zeichnete sich durch Länge und Strenge aus. Durch Länge, denn er fieng mit dem Weinmonat an und endigte kaum noch anfangs Mäy und noch in diesem Monat und anfangs Juny

mussten die Leute bey der Frühlingsarbeit erbärmlich erfrieren. Durch Strenge, denn vor und Übers Neujahr war die Kälte gross.

Nach­her aber wechselte diesselbe mit Schneegestöber und wärmern Regen­winden ab, so dass die ebenen Matten um Bern oft wie kleine Seen, ganz unter Wasser lagen, welches dann bald wieder hart zufror, indessen es fast unmöglich war, die Strassen zu passieren. Hier aber und überhaupt in den Berggegenden aber lag um diese Zeit ein sehr tiefer Schnee. Sobald es sich im Brachmonat satt gewintert hat[t]e, kam plötzlich die Tröckene und eine schier unerträgliche Hitze, wovon die Folge war, dass es überall sehr wenig Heu und noch dazu fast kein Emdt gab. Wäre hingegen statt des trockenen Wetters Regenwetter gewesen, so wäre bey uns gar keyn Ge­wächs zur Zeitigung gekommen. Noch kann nicht vergessen wer­den, dass im Brachmonat ein sehr schädliches Hagelwetter mehrere Orthschaften dieser Gemeinde und ein noch verderblicheres im Augstmonat die Gegenden um Schwarzenburg betraf und dass der Flachsbau auf eine beyspiellose Art fehlgeschlagen hat. Mit trüben Blicken sieht man den Folgen dieses Fehljahres entgegen und ist besonders für das Vieh besorgt. – Hinzu kam noch ein anderes Missgeschick. Es brach nemmlich im Sommer auf den Bergen eine Viehsäuche aus und zwar der Lungen- und Milzibrand und verursachte mehereren Vieh-Eigenthümern einen beträchtlichen Schaden.

1836

In diesem Jahr wurde zum ersten Mahl mit dem Ryffenmatt-Schaafscheid ein von der Regierung be­willigter öffentlicher Viehmarkt vereinigt abgehalten. Im Augstmonat hatten wir auf einen Son[n]tag eine Wet­ternacht, wie man nicht leicht eine solche erlebt hatte, doch wurde unsere Gemeinde mit Feuerschaden verschont, hingegen zündete der Blitz die grosse Scheune zu Riedburg an und legte dieselbe in Asche.

Am ersten Son[n]tage im Weinmonat nahm Herr Helfer Herrmann Abschied von seiner Gemeinde Reuschegg. Er war der dritte hiesige Helfer, denn der zweyte, der auf den Herrn Gyger folgte war ein Herr Körber, von welchem nicht viel Sonderba­res zu melden [ist]. Hingegen Herrmann war ein innhaltsreicher Prediger und in seinem ganzen Amt ein treueifriger Geistlicher, dessen Amtsfüh­rung aber oft durch Krankheiten unterbrochen wurden. Dem ersten hier gewesenen Helfer, Herrn Gyger, aber gebührt der Ruhm eines der ausge­zeichnetesten Geistlichen. Er kam von hier weg als Pfarrer nach Frutigen. Hier aber zu Guggis­berg ist schon etliche Jahre ein Pfarrer Hemmann [Lohner] von Bern, welcher alle Eigenschaften eines rechtschaf­fenen Geistlichen in sich vereinigt. In allen Pfarrverrichtung[en] geschickt und eifrig und in seinem Gemüth sehr liebreich und duldsam, so dass er von den Rechtschaffenen hochgeschä[t]zt und geliebt wird und der Wunsch allgemein ist, dass dieser brave Pfarrer noch lange auf seiner Stelle bleiben möchte.

Nachdem die rothe Ruhr (Rothschaden) im Herbst dieses Jahres mehrere Gegenden unseres Cantons und namens die Gemeinde Trub im Emmenthal und auch Bern selbst heimgesucht hatte, so kehrte diese ver­erbliche Krankheit auch in unserer Gemeinde ein. im Schatten starben in des Ullrich Hostettlers Haushaltung in näher als 2 Wochen drey Personen und noch je[t]zt, 11 ten Octob[er], ist dies Haus nicht davon befreit. Wenn die Krankheit zu gewaltsam untertrückt wurde, so hinterliess dieselbe oft böse Folgen in Lähmung der Glieder, oder Schwächung der Sinne, z.B. des Geistes. Auch auf Hirschhorn wüthet sie in mehreren Haushaltungen und wenn sie in ein Haus eingekehrt ist, so geht sie gewöhnlich nicht wieder aus demselben, bis sie alle Hausbewohner mehr oder weniger heimgesucht hat.

1837

Dies Jahr ist auch für uns Guggisberger ein denkwürdiges Jahr, denn erstlich schlug uns im Frühling der Fut[t]ermangel, als Folge des le[t]zten Fehljahres, auf eine beyspiellose Art. Wohl mögen hie und da Stücke Vieh vor Hunger gestorben seyn. Was das Uebel aufs äusserste brachte war, dass jetzt noch der Frühling ausblieb, denn wirklich dauerte der strenge, schon in der Mitte October eingebrochene Winter bis in den Brachmonat hinein. Die Leuthe füt[t]erten Stroh und Tannenkreis. Die Kühe gaben fast keine Milch mehr und wurden zum Erbarmen mager. Noch am 23 ten Mäy machten manche Leuthe Schneetrolen, um das am 1 ten und 2 ten Mäy zwey warmen Frühlingstagen hervorgesprosste Gras abzuätzen [= abzuweiden] und den tödlichen Hunger zu stillen. Es konnte bald keiner mehr dem andern behülflich seyn, weil sozusagen alle in der gleichen Noth waren. Wo etwa noch Fut[t]er feil war, hat[t]e es so einen übertriebe­nen Preis, dass niemand mehr es zu kaufen vermochte. Endlich, als fast die Verzweiflung allgemein war, kam plötzlich gutes Sommerwetter und machte in kurzer Zeit dem Jammern ein Ende. Nun schwollen die Wasserströme vom häufig in den Bergen geschmolzenen Schnee schrecklich an. Z.B. in Bern an der Matte brach die Aare so aus, dass das Wasser in und durch die Häuser lief und die Müller eine Zeitlang nicht mahlen konnten. Jetzt im Heumonat [= Juli] sind die Berge wohl bestellt und der Hunger unterm Vieh hat ein Ende. Auch giebt es im Lande ziemlich viel Heu!

Zum Lob der Menschheit muss jedoch gemeldet werden, dass diejenigen welche etwa noch Fut[t]er hat[t]en dem Andern die in Gefahr waren ihre Geissen verhungern lassen zu müssen, ziemlich Hülfe leisteten. Möge dieser Geist der Wohlthätigkeit – fast die einzige Tugend, welche uns in dieser Zeit des allgemeinen Sittenverderbens noch überge­blieben ist – als ein köstliches Erbgut unserer Vätter, auch auf unsere Nachkommen fortgepflanzet werden!

Am Ende dieses Winters 1837 machte die Krankheit (das sogenann­te Grip), nachdem es mehrere Länder von Europa heimgesucht hat, auch uns einen ungebettenen Besuch. An dieser Krankheit oder sonst starben in dieser Gemeinde etwa in 2 bis 3 Monaten ziemlich viele Leute, nämmlich:

Amtsrichter Weber auf der Zelg, Sohn des Hans Webers, Pfeifenma­chers, und der Barbara Hürst vom Bühl, ein ausserordentlicher Mann, dessen Leben und Wirken aber sehr verschieden beurtheilt wurde und noch wird. Um aber niemandem zu nahe zu tretten, beschränkt sich der Chronikschreiber in der Schilderung dieses Mannes blos[s] auf folgendes:

Er war ein sehr geschi[c]kter, der allem eine wirkliche, oder scheinbare Glaubenwürdigkeit zu geben versuchend, er habe ziemlich viele Rechtskenntnis und wer ihm in seiner verwirbelten Angelegen­heit auf seiner Seite hat[t]e, der hat[t]e an ihm einen wahren Nützen.

Er hat[t]e viele Jahre hindurch den Zügel unserer Gemeinde so ziemlich in seiner Gewalt, weil niemand es versuched oder es wagte, ihm zu wiedersprechen. – Viele sehen seinen Tod für die Gemeinde für einen unersetzlichen Verlust, andere hingegen für eine Wohl-that an – Wollte der Chronikschreiber sich zum unberufenen Beurtheiler über ihn aufwerfen (wie es viele thun) und wollte er dabey das Verhältnis, in welchem er mit ihm gestanden, in An­spruch nehmen, so müsste er ihm Lob zollen, oder sich des so schweren Verbrechens des Undanks schuldig machen – Doch das ist nicht zu vergessen und kann mit aller unpartheyischer Wahrheit gesagt werden, dass er ein Schulfreund und ein eifri­ger Beförderer wissenschaftlicher Bildung der Jugend war und dass er bey allem scheinbar oder wirklich Fehlerhaften, viel Gutes wirkte!

Seine Ehefrau starb in näher als 10 Tagen. Sie war eine Tochter des Chorrichter Weber in der Kapelen, welcher ebenfalls bald darauf starb.

Ferner starben in dieser Zeit der Alt Vorsteher Pauli zu Kriesbaumen und Christen Zbinden (Josis Hitte) auf Neumatt, auch Anna Zahnd, des Alt Amtsrichter Zahnds im Spühlibach Tochter, Ehefrau des Christen Smrri auf der obersten Mühli zu Gambach und mehrere Andere. Man befürchtete, diese Krankheit werde mit dem Eintretten der Frühlingswärme zunehmen; allein das Gegentheil erfolgte! Den 22 ten Jenner des Morgens frühe hat Christen Zbinden (Stu[c]ki beim Bach) im Laubbach eine, und beynahe zwey Mordthaten verübt: Er drängte sich ungeachtet der Weigerung des Mädchens des Chorrichter Ullrich in dessen Schlafzimmer mit Gewalt hinein und tödtete mit mehreren Messerstichen den sogenannten Stipeters Ulli bey der Hö­henschür und Holzbeyelers Sohn der auch mehrere Messer­stiche erhalten, konnte mit Noth aerztlich beym Leben erhalten werden. Diese waren bey dem Mädchen in seinem Schlafgemach. Der Thäter büsst sein Verbrechen im Zuchthaus.

Ungeacht des fast beyspiellos späten Frühlings, folgte noch ein ziemlich warmer und guter Sommer. Das Fut[t]er und Geträyde gerieth mittelmässig. Erdäpfel giebt es viel, das Obst aber fehlte so zu sagen ganz. – Im Augstmonat hat[t]en wir mehrere Tage nacheinander sehr gefährliche Ungewitter; Donnerschwan­gere Wolken leerten sich durch fürchterliche Regengüsse und Hagel über unsere und benachbarte Gegenden aus und waren noch dazu mit schrecklichen Sturmwinden begleitet. Auf unsern Bergen fielen Hagelsteine so gross wie ein gemeiner Apfel, es sollen sogar solche gefallen seyn, die ein halb Pfund wogen. Ein Wunder ists, dass durch den Blitz in unserer Gegend keinen‘ Schaden angerichtet, was hingegen an mehreren andern Orten geschehen ist. Was für Verwüstungen im Emmenthal und andern Orten durch Anschwellung der Emme und anderer Ströhme angerichtet’wurden ist bekannt, und es wurde am Bättag für die Beschädigten in allen Kirchen des Kantons freywillige Steuern auf Hochobrigkeitliche Veranstaltung gesammelt.

1838  

Dies Jahr verlief ohne sonderbare werthaufzubewahrende Merk­würdigkeiten hin. Was die Witterung betrif[f]t, kann es den bessern beygezählt werden. Hingegen das Jahr

1839  

war desto merkwürdiger. So wie fast in allen Ländern von Europa, brach auch hier unterm Vieh die Zungen- und Klauensäuche mit neuer Wuth aus. Auf den Bergen gieng sehr viel Gras zu Grunde, weil die Kühe nicht in rauhern Gegenden gehen konnten um es abzuätzen. Es starb viel Vieh von dieser Krankheit, oder wurde von derselben für immer verderbt und der Schaden, den die Vieheigenthümer unserer, wie anderer Gegenden dadurch erhielten, ist nicht zu berechnen.

Uebrigens war dies ein recht fruchtbares Jahr, sowohl an Futter, Gwächs, als Erdfrüchten, auch Obst gab es ziemlich. Am le[t]zten Tage dieses Jahres starb ein Mann in der Gemeinde, dessen Leben und C[h]arakter keinem Denkenden gleichgültig war. Es ist der wegen seiner Rechtschaffenheit und seinem edlen Bieder­sinn allgemein gekannte und geschä[t]zte Christen Hostettler, Krämer im Grubenboden. Er war ein philosophischer Christ, oder ein christlicher Philosoph. Mit stiller Gelassenheit und christlicher Weisheit wusste er aus den schwierigsten und unglücklich scheinendsten Umständen noch Nutzen zu ziehen. Im Umgang war er ein unterhaltender Gesellschafter. Seine Reden waren anziehend, mit witzigen Scherzen vermischt, ohne zu verletzen. Aus seinen Verbindungen mit Andern wusste er für sich Vortheil zu schöpfen und zugleich Andern zu nützen. Er war ein musterhafter Hausvatter, Ehemann und Kindererzieher und wusste das Edle das aus seinem ganzen Herzen hervorblickte, meistens durch Beyspiel (wie es seyn sollte) seinen Kindern anzueignen, und wirk­lich sieht man an Allen die Tugenden ihres rechtschaffenen Vatters sich fortpflanzen. Sein Tod war ein schmerzlicher Verlust für die Familie und ausser der Familie verlor die Gesellschaft ein Muster eines Mannes, wie es wenige giebt und bey seiner Beerdigung hielt der Schreiber dieser Chronik dem Leichenbegleit im Hause eine Leichen-Rede über die Worte Pauli „Sterben ist mein Gewinn“, und zeigte

  1. dass der Tod wirklich Verlust, aber auch
  2. Gewinn sey.

Verloren gehen nemmlich im Tode die sinnlichen Werkzeuge und der Gebrauch derselben als Gesicht, Gehör, Geruch, Geschmack und Gefühl, weil die Seele ihrer nicht mehr bedürfe, um ihr die Ge­genstände und Genüsse der Cörperwelt mitzutheilen. Beym Gewinn wurde gezeigt, dass den Geistern aber doch auch ähnliche Genuss-Werkzeuge, wie sie sich für den Genuss höherer Welten eignen, zugeschrieben werden und mit Bibelstellen wurde sogar bewiesen, dass sogar Gott, dessen Ebenbild der Mensch sey, Augen zum Sehen, Ohren zum Hören und andere sinnliche Werk­zeuge zugeschrieben werden. Da aber nun der Leichen-Redner wegen verloffener Zeit sich häufige Abbrechungen musste gefallen lassen, so lenkte er auf den Umstand ein, dass drey Kinder des gefallenen Familien-Vatters jetzt noch dessen Tod nicht mit den Uebrigen beweinen können, indem noch Monate verfliessen werden, ehe diese traurige Todes-Nachricht über Länder und Meere bis zu ihnen gelangen würde. Hier musste abgebrochen und zum üblichen Gebätt geschritten werden.

Das Sterbejahr dieses Mannes war das 73 te seines Alters.

Der Winter von 1839 auf 1840 zeichnete sich durch sonderbare

1840

Witterung aus. Schon frühe im Herbst wurde das ganze Land von den Alpen bis zum Jura hinab mit Schnee bedeckt. Hernach gab es so zu sagen einen Winter ohne Winter, es war keine ganze Woche guten Schlittweg. Freylich fiel oft etwa Schnee, aber nie viel und er schmolz von warmen Regenwinden bald wieder wegg. Der Monat Jenner war ein echter Regen- und Kothmonat. Am Ende desselben fuhr in einer Nacht ein Donnerwetter über das Land und der Strahl soll zu Ueberstorf und in der Gegend um Trachselwald in Bäume geschlagen haben. Darauf gieng das alte Calender-Sprichwort in Erfüllung: „Wenns um diese Zeit donnert, so bedeutet es grosse Kälte“. Denn im Hornung fiel ein ziemlicher Schnee und darauf folgte grosse Kälte von beständigem Nord­wind (Beise), welche sehr lange anhielt, aber immer noch ohne guten Schlittweg. In der Mitte des Aprill kam der Frühling zwar mit grosser Tröckne, wobey die Frühlings-Feldarbeit mit ungewöhnlicher Beförderung konnte fortgesetzt werden. Zu Anfangs Mäy fieng es an zu regnen und jetzt steht alles in der schönsten Frühlingspracht.

1841

Diese zwey Jahre flössen ohne bemerkenswerthe Begebenheiten vorüber. Hingegen zeichnete sich der Herbst 1842 so wie der darauf folgende Winter

1842

und der Frühling von

1843

durch sonderbare Witterung aus. Schon in den letzten Tagen des October und ersten tage des Wintermonats fiel ein 2 Schuh tiefer Schnee, der aber wieder weggschmolz. Der December war ein echter Frühlings-Monat und es wurde geackert und gesäet. In den le[t]zten Tagen des Jahres fiel ein anständiger Schnee, der aber bald wieder weggschmolz. In der ersten Helfte des Jenners wehten schreck­liche Sturmwinde, welche Bäume entwurzelten und Häuser entdeck­ten [= abdeckte] und zerrissen. In der le[t]zten Helfte dieses Monats fiel wieder ein sehr tiefer Schnee, der aber nach einigen kalten Tagen wieder

schmolz. Der Hornung hatte meistens schönes Wetter. Allein in der ersten Helfte Merz fiel wieder sehr viel Schnee und kam grosse Kälte. In der letzten Helfte lächelte der Frühling. Hingegen zwischen dem Palmsonntag und dem Ostersonntag fiel wieder ein 2 Schuh tiefer Schnee, der jedoch nur eine Woche blieb. Hernach war beständig Regen und Schneewetter bis den 22 ten Mäy. Es ist allgemeiner Fut[t]ermangel und das Gras will nicht wachsen. Es ist überhaupt ein sehr trauriger und langwieriger Frühling.

In dem vorigen Winter fielen beträchtliche Veränderungen auf dem Oberamt Schwarzenburg vor, nämmlich: Herr Regierungsstatthalter Balsiger starb und ein neuer wurde erwählt, ein Schneeberger von Langenthal. Diesen Frühling wurden unsre Schüler durcheinen Bevollmächtig­ten Herrn Klassenhelfer Walther examiniert, aus Auftrag der Regierung.

Zu einem Amtsgerichtspresident des Amtsbezirks Schwarzenburg wurde Christen Glaus zu Milken, nach 6 jähriger Amtsdauer neuer­dings erwählt, nemlich den 16. October. Uebrigens gieng dieses Jahr ohne weitere bemerkenswerthe Be­gebenheiten zu Ende.

Zu bemerken ist noch, dass es am 15 ten & 16 ten 8 ten ununterbrochen regnete, so dass in unserer Gegend es viele Lawinen gab. Die Schwarzenburgmatten erinnert sich niemand so voll Wasser gesehen zu haben.

1844

Im Hornung und Merz fiel ein grausamer Schnee und wurde noch dermassen zusammengeweht, so dass an vielen Orten das Fahren nicht mehr möglich ward, z.B. bei der untern Pfadscheur hätten sie im Hornung u. Merz 5 Wochen lang mit Vieh u. Pferden nicht mehr vom Haus fahren können.

Diesen Frühling gieng Herr Pfr. Hemmann auf die Pfarre zu Meikirch, seine schwache Gesundheit erlaubt ihm nicht länger dieser grossen Gemeinde vorzustehen, er wird allgemein bedaurt. An seine Stelle kommt Herr Pfr. Franz Ludwig Ste[c]k, Gross-Sohn des früher hier gewesenen Pfr. Ste[c]k, ein vortrefflicher Prediger und

hinsichtlich zu Verbesserung der Schulen scheint derselbe seinen Grossvatter nachzuahmen.

Es wird zu Kriesbaumen ein neues Schulhaus erbauen, wozu von der  Regierung 900 Franken gegeben wird.

Es ward ein später Frühling, kurzer Sommer, doch alle Früchte gab es reichlich. Zwar vieles Gewächs im Guggisberg mochte fast nicht reif werden.

Ein Bach von Saanen wird Regierungsstatthalter zu Schwarzenburg, er ist ein beliebter Mann. Schneeberger kommt nach Hinterlachen, wohin er sich besser eignen möge als für unsere Gegend.

Den 30. December dieses Jahres wurde Hans Weber vom Bühl, der Stifter und Schreiber dieser Chronik, in der Schule zu Kriesbau­men krank, musste von einem heftigen Fieber befallen, zum le[t]zten Mahl seine ihm so theure Herde verlassen.

1845

den 6 ten Jenner schied er (73 Jahre u. 2 Monath alt) hinüber in das Land der Seeligen zu bewillkommen alle die Hunderte ihm vorausgegangenen, denen er den Weg zum Himmel zeigte. Er ist heimgegangen zu Erndten den Lohn für seine bei­nahe 52 jährige restlose Thätigkeit als Schullehrer. Während den ersten 16 Jahren ward er Schulmeister zu Kalchstetten und mitunter hielt er mehrere Jahre Normalschule und bildete mehrere junge, tüchtige Männer heran, er stand bei dem Kirchenrathe in grossem Ansehen. Von anno 1816 bis zu seinem Ende ward er Schullehrer zu Kriesbaumen, von allen hochgeschätzt und geliebt. Jeder kann sich glü[c]klich schätzen, der ihn als Freund kannte.

Der Schulbezirk Kriesbaumen und überhaupt unsere Gemein­de verlohr an ihm ein Muster ächt ungeheuchelter Fröm­migkeit und einen Freund der Religion. Er ward

bei allen Missgeschi[c]ken und Verfolgungen deren er auch öfters erfahren musste, doch nie verzagt. Auch in Hinsicht der Verbesserung des Schulwesens in dieser Zeit, blieb er nie zurück, trotzdem dass er nie andere als Selbstbildung genoss, immer standhaft. Kurz er ward ein Mann, dass unsre Zeit kaum seines gleichen aufzu­weisen weis.

Den 9. Jenner wurde seine Hülle zur Ruhe gelegt, begleitet von vielen Bekanten u. Freunden und den meisten Schulkindern. Im Hause hielt Ueltschi, Schullehrer zu Kalchstetten ihm eine pas­sende Rede. Auch am Grab hielt Herr Pfr. Ste[c]k ihm eine rührende Rede. Die Kalchstetter-Schule sang am Grabe etliche Lieder; die Kriesbaumen-Schule zerfloss in Thränen; die Guggisberg-Schule ward auch zugegen.

Sein Andenken schwebe über uns in seinen Ermahnungen und Lehren! Er hinterlies eine trauernde Witwe, 3 Töchter u. einen Sohn, letzte­rer folgte ihm 11 Tage darauf auch nach, sie ruhen beisammen. Neben ihnen ruht Elisabeth Weber, des Statthalter Köhlis Frau. Schulmeister Weber hielt derselben bei der Beerdigung noch eine trefliche Leichenrede über die Worte: „Selig sind die dem Herrn sterben von nun an … etc.“ Dieses ward ungefehr 11 Tage vor seinem Tod.

Der Winter von 1844 auf 1845 war lang und streng, mit vie­lem Schnee, dem vorigen ähnlich. Der Frühling kam spät, der Sommer war nass u. warm. Bis von Ends Äugst bis zu ende des Jahres ward meist gutes, angenehmes Wetter. Die Aerdapfel-Erndte schlug fast fehl, die meisten wurden schwarz, so dass man an vielen Orten kaum den Samen für künftig davon brachte und überhaupt war dieses Jahr für wilde Gegenden nicht das beste.

Der Geschichte wegen dem unglücklichen Freischeerenzug wo nemlich von den Cantonen Bern, Basel, Aargau, Solothurn, etc. sich Militär sammelte um die Luzerner zu züchtigen, will ich hier nicht viel Platz einräumen, indem solche in mehreren Chroniken u. Geschichtsbüchern Platz gefunden haben wird. Dieser Zug fand statt den 1. April.

1846

Schon der Winter von 1845 auf 1846 ward ein ausgezeichneter von Anfang bis zu Ende beinahe ohne Schnee. Jenner und Hornung glichen eher Sommermonathen, Merz u. Aprill waren mehr nass, so dass das Anpflanzen etwas spät zugieng, das Gras hingegen wuchs beizeiten, es ward ein warmer fruchtbarer Sommer, so dessgleichen bei Menschen­gedenken nicht gewesen ist. Alle Früchte waren ein Monath früher als in gemeinen Jahren. Tro[t]z wie man allge­mein befürchtete es möchte dieses Jahr wegen dem letztjährigen Misswachs Theuerung entstehen, blieben doch die Lebensmittel-Preise ziemlich mässig. Das Malter Korn ward so durchschnittlich [Fr.?] 12 bis 13, die Aerdapfel Bz 7 bis 8 das Mäs. Aber jetzt im Augstmonath findet man schon wiederum viele verdorbene Aerdapfel.

Diese Krankheit nahm sehr stark überhand, so dass an den meisten Orten die Aerdapfel-Erndte zum Theil ganz vernichtet ist, welches zur Folge hatte, dass gegen den Herbst und Winter die Lebensmittelpreise sich bedeutend erhöhten, nemlich die Aerdapfel gelten in Bern 12 bis 16 Batzen, Kernen das M[ä]s bis Bz 35. Die Aepfel gelten in Bern u. Freiburg Bz 10 bis 16. Obst und Kirs[ch]en sind zum Glück in Guggisberg recht gut gerathen, was sonst so weit man hört, dieses Jahr nirgends der Fall gewesen ist. Auch Heu und Emd hat man zur Genüge. Gleichwohl ist unter der ärmern Klasse wegen dem Misswuchs der Aerdapfel die Noth aufs höchste. Es werden zwar Musanstalten errichtet. Auch von der Regierung soll unterstützt werden. Auch die beiden Pfarrherren Ste[c.]k zu Guggisberg und Hubler auf Rüschegg kommen mit Rath und That zu Hülfe.

Herr Helfer Hubler auf Rüschegg, der im Weinmonath 1836 am Platz des Helfer Herrmann die Helferey angetretten und welchem hier auch billigermässen ein Platz eingeräumt wird, ist vorerst ein vortreflicher Prediger und Seelsorger, wie auch ein Unter­weiser der Kinder und überhaupt ein Freund und Beförderer des Guten, dass man seit einigen Jahren an den jungen Leuthen derselben Gegend die Gesittung deutlich wahrnehmen kann. So auch die Schulen in seinem Bezirk sind durch seinen beispielhaften Eifer und Thätigkeit seit etlichen Jahren zu einem Grad erhoben worden, dass solche wohl denen der besten Gegenden unseres Cantons gleich gestellt werden kön[n]ten. Auch nebst seinem Amt als Selsorger ist Herr Hubler troz allem deren Ver­folgungen denen er (zwar ich wage es hier zu sagen, kaum von recht u. billig denkenden Leuthen) ausgesezt ist, immer eifrig und rastlos bemüht zum Besten und Wohl unserer Gemeinde, was sich nahmentlich in diesem Nothjahr abermals deutlich zu erkennen giebt, indem Verdienst und auch nahmhafte Steuern durch seine Hand den Armen sehr viel gereicht werden. Sein Nahmen wird allen Rechtdenkenden unvergesslich blei­ben. Infolge der in diesem Jahr gemachten neuen Staatsverfassung dess Cantons Bern, wo alle Staatsbeamten neu besezt werden, fielen auch in Schwarzenburg Veränderungen vor. Ein neuer Bez. Stathalter Jon. Mattis wird erwählt; Rechtsagent Pfister wird Amtsgerichtspresident. Den 24. Wintermonath starb ein Mann in unserer Gemeinde, dessen Nähme hier billig einigen Platz einnimt. Es ist der allgemein beliebte und geachtete Christian Zahnd auf dem Hubel, gewesener Unterstathalter, er wurde im December 1836 zum Unterstathalter von Guggisberg erwählt und blieb es bis an sein Ende. Edler Biedersinn u. Rechtschaffenheit be­zeichnen seinen ganzen Lebenslauf und wird sich anscheinend in den Nachkommen fortpflanzen. Das Sterbejahr dieses Mannes war das 68 ste.

Mit dem annähern des Winters wurde wie schon gesagt, die Noth immer grösser, so dass man für rathsam fand, zu eini­ger Linderung der Noth ernstlich zu Werke zu gehen. Es wurde von der Regierung ein Anleichen gemacht u. eine Speiseanstalt errichtet, wobei auch Herr Pfr. Ste[c]k u. seine Frau sich sehr viel Mühe gaben. (Siehe Ergänzung auf Fol. 55 hienach)

Von der Einwohnergemeindeversammlung wurde unterm 5. Nov. 1846 beschlossen, es seien zur Abbezahlung von Schuldkapitalien im Armenwesen, die von Ausbürgern in’s hiesige Armengut schul­digen Kapitalien soweit erforderlich, einzukassieren.

1847  

Im Anfang dieses Jahres, wie auch den Frühling

hindurch ist hinsichtlich der Witterung nichts besonders vorgekommen. Die Witterung u. Fruchtbarkeit des Früh­lings liessen auf ein fruchtbares u. gesegnetes Jahr hoffen, aber ungeacht stiegen die Lebensmittel immer höher, so dass um Mäy das Malter Korn auf 28, sogar etli­che Tage auf 30 Franken zu stehen kam. Es wurde bey diesem Anlass sehr viel Amerikanisch Weizen­mehl in Fässern zu 190 Pfund etc. daher bezogen, sowohl von der Regierung, wie auch von Handlungshäusern, dasselbe kostete auch bis 3 1/2 Bz. per Pfund. Dass gegen dem Spätjahr die sämtlichen Lebensmittel­preise beträchtlich fielen, ist dem ausnehmend fruchtbaren Sommer zuzuschreiben, denn ausgenommen die Aerdapfel, verhiess alles den reichsten Segen. Allerhand Baum­früchte gab es zu Berg u. Thal, dass niemand weis, so viel gesehen zu haben, zu Bz. 1 u. 1/12 waren überall genug zu kauffen. Zwar die Aerdapfel waren abermals krank, so dass zu befürchten ist, es möchte den kommenden Winter die Preise wiederum bedeutend steigen. Dieses Jahr wird den meisten Bewohnern unserer Gemein­de unvergesslich bleiben, wer etwas anzugreiffen wusste, musste solches verbrauchen um Lebensmittel zu kauffen. Die Aermern hingegen zehrte der Hunger öfters fast auf, es musste sehr viel Schweinekraut etc. gegessen werden, man sähe viele Leute vor Hunger abgezehrt fast wie Schatten umher wandeln.

Dieses gilt nemlich vom Frühling u. anfangs im Sommer. Ueber den ends October dieses Jahres begonnenen Sonderbunds-Feldzug werden die Geschichtsbücher u. Chroniken hinlänglich Auskunft geben, daher es nicht nöthig ist, hier demselben viel Platz einzuräu­men, bloss ist zu bemerken, dass unser samtliches Militair ends Okt. anfangs Nov. ins Feld ziehen musste. Uebrigens wurde unsere Gemeinde noch zimlich verschont von Durchzügen u. Einquartierungen, bloss zu Gambach u. Rüschegg waren etliche Tage eine Compagnie einquartiert und auch auf dem Eigen u. zu Kalchstetten. Hingegen die Grenzen gegen dem Ct. Freiburg mussten bis zum 14. Nov., nemlich bis zur Uebergabe der Stadt Freiburg bewacht werden, dieses geschähe von unsern eignen Leuten. In diesem Jahr wurde die neue Strasse von Gambach auf Riffenmatt beendigt, solche ward vom Staat verköstigt [= bezahlt].

Als gegen den herannahenden Winter alles Geld aus dem Land ward, mussten die Lebensmittel im Preise herabgesezt werden, troz den Kriegsunruhen u. dem Misswachs der Aerdapfel. Die Leute ernährten sich lange Zeit viel von dem überflüssig gerathenen Obst, so dass also zu end dieses Jahres u. anfangs des Jahrs

1848

das Malter Korn um Fr. 10.– bis 16.– Stand. Den Sommer hindurch bis zu End des Jahres ward das Korn so durchschnittlich zu Fr. 9.—, obschon die Aerdapfel von der Krankheit noch hie u. da viel litten. Es ward doch im ganzen ein ausnehmend gesegnetes Jahr. Die Geldverlegenheit ist das grösste Uebel u. hat gegen­wärtig keine Grenzen. Die Zinse sind aufgelauffen, die Zahlungstermine längst zu Ende, alles ist im Sto[c]ken. Uebrigens gieng das Jahr vorbey ohne dass äussert 2 Feuersbrunsten, die eine am 21. Äugst bei der Grubenscheur, die andre den 29. Okt. auf der Brandelen, in unserer Gemeinde nichts bemerkenswerthes vorgekommen ist. Das Militair aus unserer Gegend waren von den Letzten die aus dem Sonderbunds-Feldzug zurü[c]k kamen, sie langten bei Hause an den 1. Merz. Dann der Winter von 1848 auf ward ein ausnehmend leichter Winter, fast ohne Schnee, die meiste Zeit mildes u. liebliches Wetter, hingegen im Frühling verspätete Schnee- u. Regenwetter die Sache noch ziemlich, es faulten an mehreren Orten die früher gesetzten Aerdapfel. Im Sommer da die Badener revolutionierten, hatten die Schweizer etliche Wochen bey 24’000 Mann auf den Grenzen, weil die Preussen, die die Badener wiederum unterjochten, sogar [Wiener?] mochten in die Schweiz einzudringen. Aus unserer Gegend waren die Dragoner im Feld.

Belangend die Fruchtbarkeit ward dieses Jahr eines von den bessern, alle Früchte gedeiten wohl u. wurden früh reif. Nur das Emd fehlte wegen im Heumonat u. Äugst anhalten­der Trö[c]kene.

Im Brachmonat waren mehrere fruchtbare Regengüsse vorzüglich über unsre Alpen mit Hagel begleitet, die Sense schwol[l] einmahl so an, dass sie in Guggersbach die Brücke weggenommen hätte, wenn solche nur noch die Höhe gehabt hätte wie vor altem, als es dieselbe einmahl wegräumte.

Im übrigen sind in unserer Gegend keine beson­dere Merkwürdigkeiten vorgefallen in diesem Jahr.

In diesem Jahr gieng Helfer Hubler von Rüschegg nach Kal[l]nacht, an dessen Platz auf Rüschegg ist Helfer Kuhn, dessen Menschen­freundliches Benehmen eine schöne Zukunft hoffen lässt.

Am 22. Herbstmonath morgens bei Tagesanbruch verbrannte die Mühle zu Aekenmath.

Diesen Herbst wird die Arbeit an der neuen Lehnstrasse bei Aekenmath beendigt.

Dieses Jahr wird auch die Lindenbachstrasse erbaut und zwar wie letztes Jahr die Ryffenmatt-Gambachstrasse durch Hr. Simon.

Nachtrag zu

1846/47

Betreffend die Teurungsjahre 1846/47 werden dem Chronik­schreiber einige Beschlüsse der Einw.-Gemeindeversammlung bekannt, die als Charakteristikum dieser denkwürdigen, schweren Zeit hier nachträglich noch erwähnt werden sollen. 14.XII.46 Auf Antrag des Gemeinderates wird an der heutigen Ein­wohnergemeinde beschlossen, der durch Teurung der Lebens­mittel, Mangel an Verdienst usw. eingetretenen, grossen Armennot in der Weise zu steuern, dass den Armen statt direkte Unterstützung, Arbeitsgelegenheit geboten wer­de, wofür Strassenarbeiten, Forst- oder Waldarbeiten und Einrichtung von Spinnanstalten in Aussicht ge­nommen werden. Durch die Spinnanstalten soll den armen Spinnerinnen derart eine Erleichterung zu teil werden, dass nebst dem für jedes Pfund gut gespon­nenen Garn ca. Bz. 3 1/2 betragenden Lohn eine Zu­lage von einem halben Pfund Habermehl od. Reis durch die Gemeindeverwaltung ausgeteilt wird. Gleichzeitig soll die hohe Regierung von der Dürftig­keit und Armut der Gemeinde einmal in ihrer wahren Grösse in Kenntnis gesetzt und dieselbe zur Durch­führung des § [=,Artikel] 85 neue Staatsverfassung um ihre Mitwirkung zur Linderung der grossen Not ernstlich ersucht werden. Das bereits erfolgte Anerbieten der Direktion des Innern für Arbeitsleistungen, sei bestens zu verdanken.

11.1.47 Zur Durchführung des letztgenannten Vorhabens beschliesst die Einwohnergemeindeversammlung vom Staate auf eine zu 4% verzinsliche Obligation Fr. 35’100.— aufzubrechen und später für Rückzahlungen eventuell Extratellen zu beziehen.

8.VIII.49   Da die Rückzahlung des vom Staate seiner Zeit zur Errichtung von Spinnanstalten vorgestrekten Geldes nicht möglich ist, die Hypothekarkasse aber namens des Staates Bern gegen die Gemeinde Betreibung ange­hoben hat, beschliesst die Gemeindeversammlung für Fr. 7’000.— einen Pfandbrief auszustellen mit Einsetzung des Allmendlandes als Pfand. Dies mit Zustimmung der Burgergemeinde.

1850

Januar 1. Eröffnung der Staatszwangsarbeitsanstalt in Thorberg.

März 18.-23. In der ganzen Schweiz wird die erste offizielle Volkszählung durchgeführt.

Aug. 12. Einzelne Landesteile werden von einem furchtbaren Hagelwetter heimgesucht, so namentlich auch der Amts­bezirk Trachselwald, wo der Schaden amtlich auf Fr. 334’000.— beziffert wird.

Sept. 9. Da das Armenwesen in hiesiger Gemeinde immer noch nicht auf bessere Bahnen geleitet werden konnte, be­schliesst die Gemeindeversammlung den Staat um einen Vorschuss von wenigstens Fr. 13’000.– zu ersuchen. In diesem Jahre wird der seit 1846 amtierende Re­gierungsstatthalter, Fürsprech Mathys, durch Amt­schaffner Ulrich Kohli, aus hies. Gemeinde ersetzt und als Gerichtspräsident Notar Romang erwählt.

1851

Dieses Jahr ist ohne besondere Begebenheiten abgelaufen. Infolge des Münzregals ist wie man erfuhr in Bern am 12. Juni 1851   die erste Sen­dung neues Schweizergeld angelangt.

1852

Statt eines fetten Jahres, wie man glaubte erwarten

zu dürfen, folgt leider schon wieder ein wahres Hunger­jahr. Der Vorsammer war zwar im allgemeinen gut und mancher Landwirt freute sich der vielversprechenden Ernte. Doch schon im Juli trat kaltes Regenwetter ein und setzte namentlich den Kartoffelfeldern arg zu. Anfangs August kehrte sich die Witterung und es gab auch etliche recht schöne Tage, aber am 9 ten gleichen Monats drohte ein furchtbarer Hagelschlag alles zu vernichten. Dazu blieb es nicht bei diesem einzigen hagelschweren Tage, sondern es entluden sich in kur­zer Zeit noch mehrere starke Gewitter, fast immer mit Hagel begleitet, über unsere Gegend. Einmal fand man noch 48 Stunden später Hagelkörner. Das Getreide wurde tatsächlich zerhackt und die Kar­toffeln mussten viel zu früh gegrabt werden, wenn diese nicht auch noch ganz verloren gehen sollten. Obst gab es sogar keines und man muss dieses Jahr als grosses Fehljahr bezeichnen.

Sept. 18. Aus der ganzen Schweiz vernimmt man, dass an diesem Tage furchtbare Wasserverheerungen grossen Schaden gestiftet haben im Kt. Bern, namentlich im Seeland. Dass sich die Folgen eines solchen Sommers im Winter, der darauf folgte, erst recht fühlbar machten, ist na­türlich. Die Not war allgemein, so dass sich die Gemeinde genötigt sah, durch Verabreichung von Suppe die ärmern Familien zu unterstützen. Es kam soweit, dass hinzu das Stammvermögen an­gegriffen werden musste und es wird Dezenien fordern, bis der gesetzliche Bestand des Stammver­mögens von Fr. 56’000.— wieder hergestellt ist, wel­che Sorge einen besondern Vogt (Hr. Kissling) not­wendig machte.

Dez. 19. Die Kant. Baudirektion teilt mit, dass die planierte Guggersbach – Ryffenmattstrasse 22’535 Schuh lang und auf Fr. 52’600.—‘, wovon der Staat die Hälfte übernehme, devisiert sei.

Wie diese Chronik von jeher besondere Neuerungen im en­gern u. weitern Vaterland erwähnte, darf auch hier hervorgehoben werden, dass am 8. Aug. dieses Jahres das erste Telegramm die Linie Bern – Zürich – Chur passierte.

1853

Juni 5./6. Aeusserst schwere Regentage, fast alle Bäche, und Flüsse treten über die Ufer und verursachen vielerorts bedeuten­den Schaden, so namentlich auch im Rüschegg-Graben und den Dorfmatten.

Leider muss auch der diesjährige Sommer als ein nasser bezeichnet werden, vieles Getreide musste halbreif und man­gelhaft gedörrt eingeheimst werden. Mehr als ein Drittel der Kartoffeln sind faul.

Dezember Hr. Pfarrer Ste[c]k, der sich als wahrer Freund der Armen und namentlich durch die Beaufsichtigung und Förderung der sog. Spinnstuben ein grosser Verdienst erworben hat, zieht zu unserm allgemeinen Bedauern nach Bätterkinden. Derselbe hat uns wirklich an seinen früher hier stationier­ten Grossvater gemahnt und wir sind Hrn. Pfarrer Franz Ludw. Ste[c]k zu aufrichtigem Danke verpflichtet.

 

1854

März 23. Die Gemeindeversammlung beschliesst, der Gemeinde­rat habe zur bestmöglichen Förderung der Auswanderung, die als Entlastung des Armenwesens wirke und wozu der Staat der Gemeinde ca. Fr. 1*100.— zur Verfügung stelle, alle zweckmässig und gutfindenden Vorkehren und Einleitungen anzubahnen. Es wird an die Verabfolgung einer solchen Unterstützung durch einen Wechsel oder ähnliches, aber die Bedingung geknüpft, dass die betreffende Person vorher bescheinige, dass sie sich nach dem Reiseziel eingeschifft und Europa verlassen habe.

April 21. Infolge der steten Notlage hies. Gemeinde be­schliesst die Hausväterversammlung, den Gemeinde­einwohnern von der Kanzel herab dringend ans Herz legen zu lassen, die Verpflegungsverträge der dürftigen Personen für die Gemeinde möglichst günstig* abzuschliessen, indem nur dadurch eine noch grössere Extra-Armentelle vermieden wer­den könne.

April 24. Verstarb Frau Anna Kohli, geb. Zbinden, in der Schwendi, Gattin des Hrn. Regr. Statthalter Ulrich Kohli, mit Hinter­lassung von 4 unerzogenen Kindern, wovon das jüngste, August, erst drei Monate alt ist.

Dieses Frühjahr zieht Hr. Pfarrer August Hermann Bay hier ein

(erwählt 15.III.54)

1856

Am Frühlingsmarkt (2 ten Donnerstag im Mai“) hat der 52 jährige Johann Zbinden von [Guggisberg] eine ruch­lose Tat verübt, die er schwer wird büssen müssen. Derselbe hat nämlich wegen Verlust eines Prozesses mit einer (mit Nägel geladenen) Pistole auf Hrn. Gerichts­präsident Romang, Notar, geschossen und demselben dadurch sein Leben geraubt. An Hr. Romang’s Stelle wird Hr. Pfister zum Gerichts­präsidenten des Bezirks ernannt. Diesen Sommer werden die Arbeiten an der neuen Guggersbach-Ryffenmattstrasse begonnen. Der Bau derselben wurde alt Gemeinderat Jon. Zbinden in Guggersbach übertragen.

Aug. 4. Nach jahrelangem Beraten und vielfachen Be­sprechungen in den verschiedenen Behörden etc. beschloss heute die Gemeindeversammlung nach einer regen Diskussion, die Trennung der dermaligen Burger- und Einwohnergemeinde Guggisberg in zwei Gemeinden, nämlich Guggisberg und Rüschegg und bestellte gleichzeitig eine Kommission zur Aus­arbeitung eines Teilungs- und Ausscheidungsent­wurfes.

Aug. 12. Laut erhaltenem Berichte sind an diesem Tage in Roggwyl, Amtsbezirk Aarwangen, 31 Wohnhäuser ab­gebrannt, wodurch 67 Familien mit 321 Personen ob­dachlos geworden sind.

Dez. 29. Da die Kant. Erziehungsdirektion keine Schul­ausschreibung mehr vornehmen will, wenn die Gemeinde-Lehrerbesoldung nicht wenigstens Fr. 150.–beträgt, beschliesst die Einwohner-Gemeindever­sammlung für die Schwendi und Bundsa[c]kerschulen die bisherige Lehrerbesoldung von Fr. 145.–, resp. 138.–auf Fr. 150.– per Jahr zu erhöhen, damit die Aus­schreibung dieser Schulen nicht verzögert werde.

1857

Wenn auch nicht das Guggisberg betreffend, mag hier doch erwähnt werden, dass am 28.’Mai beim Bau des Hauenstein-Tunnels durch eine Verschüttung 52 Arbeiter getötet wurden; sowie dass am 5. Juli in Bern das zweite eidgenössische Schützenfest (erste am 1. Juli 1830), dem auch Bürger hiesiger Gegend bei­wohnen, eröffnet worden ist.

Aug. 28. Beginn der Schwurgerichtsverhandlungen in Bern betreffend den 52 jährigen Johann Zbinden, von Guggisberg, welcher, wie hiervor angegeben, wegen vermeinter verweigerter Rechtshülfe am vorletzten Frühlingsmarkt auf den Gerichtspräsidenten Romang von Schwarzenburg einen Pistolenschuss (mit Nägel) abgegeben hat, an dessen Folgen das Opfer starb. Z. wurde zur höchsten zeitlichen Freiheitsstrafe, näm­lich zu 20 Jahren Kettenstrafe, einer Entschädig­ung an die Witwe Romang im Betrage von Fr. 3540.– und zu den Kosten verurteilt, so dass er nun wohl seine letzten Stunden in Gefangenschaft wird zubringen müssen und die wertvolle Freiheit nie wieder geniessen wird.

1858

Jan. 18.   Die Gemeindeversammlung beschliesst, in Guggisberg ein Schul- und Gemeindehaus erbauen zu lassen und ernennt für das Studium dieser An­gelegenheit eine fünfgliedrige Kommission.

April 22. Die Gemeindebesoldung für die neu errichtete Oberschule auf Rüschegg, die dieses Frühjahr eröffnet und vorderhand im Unterweisungs­zimmer untergebracht werden soll, wird von der gemischten Gemeindeversammlung auf jähr­lich Fr. 280.– festgesetzt.

Hr. Reg. Statthalter Ul. Kohli wird dieses Jahr durch Christ. Mischler, Lehrer und Wirt zur Sonne in Schwarzenburg ersetzt.

Aug. 28. Der erste Eisenbahnzug fährt in die Stadt Bern (seit voriges Jahr von Ölten bis Wyler, Gemeinde Bern)

1859

Febr. 13. Für das gesammte Schweizervolk wurde an diesem Tage das der Familie Truttmann gehörende „Rütli“ am Vierwaldstättersee, im Halte von ca. 22 Jucharten um Fr. 55’000,vermittelst einer National­subskription, wobei sich besonders die Jugend beteiligt hat, angekauft.

Febr. 15. Von der gemischten Gemeindeversammlung wird die Wiedereinführung der Mädchenarbeitsschulen beschlossen. Es soll pro Woche 1 Tag der Handar­beit gewidmet werden. Der Besuch dieses Unter­richts wurde mit Stimmenmehrheit frei erklärt. Nicht ganz arme Eltern sollen Fr. 1.– bezahlen.

Mai 22. Als Pfarrhelfer in Rüschegg wird Hr. Heinrich Frank ernannt.

Juni 7. Veranlasst durch ein Schreiben des Regierungs­statthalteramtes, beschliesst die Gemeindeversamm­lung die Anstellung eines Polizeidieners mit einem jährlichen Gehalte von Fr. 150.–. Zudem soll er für jede Anzeige wegen Nichteinlage der Ausweisschrif­ten Fr. 1.– erhalten.

Sept. 26. Nach den Vorschlägen der Schulkommissionen & des Gemeinderates werden durch Beschluss der Gemeinde­versammlung die Lehrerbesoldungen auf das ge­setzliche Minimum von jährlich Fr. 280.– für die Gemeinde, freie Wohnung, 3 Klafter Tannenholz und eine halbe Jucharte Pflanzland erhöht.

Sept. 27. An der gemischten Gemeindeversammlung wird der Reglementsentwurf betreffend Teilung der Gemein­de artikelweise beraten und hernach mit einigen unbedeutenden Aenderungen angenommen.

1860  

Mit dem 1, Januar beginnt die getrennte Gemeinde­verwaltung zwischen Guggisberg & Rüschegg. Die Helferei Rüschegg wird zur Pfarrei erhoben und Helfer Heinrich Frank zum Pfarrer gewählt. In Guggisberg wird wegen Krankheit des Hrn. Pfarrer Hegg an dessen Stelle Hr. Helfer Bay gewählt.

Jan. 16. Die definitive Redaktion eines neuen Gemeindereglementes wird von der Einwohnergemeindever­sammlung genehmigt. Von hier hinweg muss sich naturgemäss diese Chronik auf das nunmehr verkleinerte Gebiet der Gemeinde Guggisberg im engern Sinne beschränken, obwohl Begebenheiten aus der Nachbargemeinde Rüschegg, die zur Kenntnis des Chronikschreibers gelangen auch erwähnt werden sollen.

Febr. 13. Mit den Extratellen für die Fertigerstellung der Gug­gersbach-Ryffenmattstrasse und Herstellung des gesetzlichen Bestandes und Ertrages des Armengu­tes, wird die Gemeindestelle pro 1860 von der Ge­meindeversammlung auf Fr. 2,9 vom Tausend festgelegt.

März 15. Die Einw.-Gemeindeversammlung beschliesst die Er­klärung abzugeben, dass man mit der Erhebung der Helferei Rüschegg zu einer eigenen Kirch­gemeinde einverstanden, indem dies als eine Konsequenz der Gemeindetrennung in örtli­cher und bürgerlicher Hinsicht anzusehen und für Rüschegg absolut notwendig sei.

März 19. Durch ein Dekret des bernischen Grossen Rates Vom heutigen Tage, welches seit 1. Januar provisorisch in Kraft war, anerkannte und beschloss diese oberste Landesbehörde die Trennung der Gemeinde. Die eingangs enthaltene Begründung lautet: … in Betrachtung, dass die grosse Aus­dehnung des dermal igen Gemeindebezirkes Guggisberg, verbunden mit den übrigen ei­gentümlichen Verhältnisse dieser Gemeinde, einer geregelten Gemeindeverwaltung grosse Schwierigkeiten entgegengestellt, deren Beseitigung wünschenswert ist – nach Anhörung der Beteiligten auf Antrag des Regierungsrates, beschliesst …

Juni 3. Ueber Bern und Umgebung entlud sich so starkes Hagelwetter, dass man in unserm Hinterteil das Brau­sen ganz gut hörte und beispielsweise von Wahlen­haus aus das Gewitter mit seinen hellen Streifzügen deutlich sah.

Juli 28. Durch Hochwasser, das sich infolge mehrtägigen starken Regengüssen zum Strome sammelt, wird die Guggersbach­brücke derart untergraben, dass der Gemeinderat in seiner darauffolgenden Sitzung erkannt hat, es sei um die­se Brücke vor völligem Einsturz zu bewahren, Fr. 1’000.– hiezu ins Budget aufzunehmen und die Gemeindeteile auf 2 1/4 Promille zu erhöhen. Auch das Schwarz­wasser schwoll ungewöhnlich hoch an, brachte ganze Baumstämme mit und beschädigte die bestehenden Brücken arg, ja riss zum Teil dieselben weg. Auch der Monat August brachte starke Wolkenbrüche, die öfters mit Hagel begleitet waren. Am 12. August vormittags fiel ein solcher Platzregen, dass das Wasser grösstenteils einfach über die Dachkänel hinaus schoss, selbst alte Personen wollen sich nicht an solche Ent­ladungen erinnern, das Wasser strömte hernieder wie wenn jemand mit Melchtern begiessen wollte. Die Verheerungen des nassen Elementes waren denn auch gross, manche schöne Wiese wurde zu einem Teiche verwandelt. Im Horbühl wurde ein Rind (Meischi) bis an den Bauch im Wasser stehend aufgefunden, wo es erschöpft seines Schi[c]ksals harrte. Der Sommer war überhaupt äusserst nass, die Kartoffel-Krankheit machte namentlich ärmern Personen einen Graus vor dem Winter. Das Obst, wenn auch genügend vorhanden, blieb fade u. geschma[c]klos.

In diesem Jahr wird das Oberklassenschulhaus errichtet.

1861

Auf den Antrag des Gemeinderates beschliesst die Ge­meindeversammlung, bei der Regierung mit dem An­suchen einzukommen, dass die mangelhafte Schwarzenburg-Guggisbergstrasse korrigiert und von Kalchstätten aus eine Strasse nach Guggersbach erbaut werde.

  1. Sept. Die Einwohnergemeindeversammlung setzt auf einen Vortrag der Gemeindeteilungskommission hin die Los­kaufssumme für Waldungen etc. fest und genehmigt verschiedene diesbezügliche Massnahmen des Gemeinde­rates.
  2. Sept. Veranlasst durch ein Schreiben des Schulinspektorates beschliesst die Gemeindeversammlung, in der Schwendi das Haus der Herren Grossräte Johann Zbinden auf Neuenmatt und Ulrick Kohli in der Schwendi um Fr. 1’300.– anzukaufen und dem Zwe[c]k als Schulhaus entsprechend herstellen zu lassen.
  3. Sept. Hr. Pfarrer Aug. Hermann Bay von Bern, geb. 1827, der am 15. März 1854

hier erwählt wurde und nun nach Aarberg zieht, hatte heute seine Abschiedspredigt über Luc. 17, 10.

1862

Am 7. Oktober 1861 wurde an dessen Stelle Hr. Pfr. Karl Ant. Emil Hegg von Schupfen, geb 1835, erwählt.

  1. Sept. Das infolge des neuen Gesetzes über das Steuerwesen der Gemeinden entworfenen Reglement wird an der heutigen Gemeindeversammlung artikelweise be­raten und angenommen. Bevor eine Mahngebühr, die 15 Rp. betragen soll, verlangt werden kann, muss die Telle wenigstens zweimal gefordert worden sein.

1863

  1. Febr. Da die Allmendkommission darauf aufmerksam macht, dass arger Missbrauch getrieben werde mit dem Verkauf von Holzloosen, womit zugleich häufig Frevel in Verbindung stehe, beschliesst die Gemeindeversammlung auf Antrag des Hrn. Grossrät U. Kohli, den Verkauf von Holzloosen ohne schriftliche Einwilligung seitens

1863

der Allmendkommission zu verbieten, bei einer Busse von Fr. 5.– nebst zweijähriger Entziehung des Holzlooses, welche Strafen die (bösgläubigen) Käufer gleich wie die Verkäufer treffen sollen. Dieser Beschluss verdient‘ gewiss Erwähnung, da er von richtiger Auffassung des Zwe[c]kes von Loosholz zeugt!

  1. Sept. Einige Gemeindeeinwohner wandern nach Bern um der Enthüllung der „Berner“ Statue vor dem Bundeshaus beizuwohnen.

1864

Am Lägerheuetsonntag entstand im Schwefelberg zwischen dem Gesangsverein von Guggisberg und der Küher ein ziemlich arger Streit, der wohl ein gerichtliches Nachspiel ha­ben wird, bei dem die Küher nach allgemeiner Ansicht wohl das Kürzere werden ziehen müssen. (Entschädigungsbeträge sind dann den Brandgeschädigten von Glarus zugewiesen worden; Lehrer Tschanz, Leiter des Gesangsvereins). Diesen Sommer wurde in Bern das zweite eidgenössische Sängerfest abgehalten (1. Ao. [= anno] 1848).

 

1865

Wir haben einen strengen Winter hinter uns. Schnee ist in Hülle und Fülle gefallen und heute, 30. März sieht man z. Bsp. in Ryffenmatt die Zaunste[c]ken kaum 2 Zoll über den Schnee empor ragen. Zeitweise war es auch recht kalt, so dass man am liebsten zu Hause blieb und der kalten Byse durch Stroheinwandungen den Zutritt zu den Stallungen verwehrte, in der Stube aber dem lieben Ofen grosse Zumutungen machte. Der Vorsommer war dann nur zu trocken, so dass der Heu­ertrag ein qualitativ geringer war, der Monat August aber zu nass. Es musste schliesslich noch unreifes und halb-tro[c]kenes Getreide eingeheimst werden. Zelgpeter wies dieses Jahr noch Aepfel (Reinette) vor, die im nassen Sommer 1860 gewachsen, natürlich aber noch nicht schma[c]k-hafter geworden sind. Sie sahen noch schön aus, aber haben keine „Chust“. Am 24. August kamen Kaiser Napoleon III und Kaiserin Eugenie auf einer Schweizerreise in die Stadt Bern.

Es mag hier noch Erwähnung finden, dass am 21. Juli 1865 in Burgdorf 50 Wohnhäuser abgebrannt sind, worunter zwei Schulhäuser, ein Krankenhaus und die Kirche bis auf den Glo[c]kenstuhl. Hr. Pfarrer Karl Ant. Hegg hielt seine Abschiedspredigt über Mc. 10, 42-45. Für den bereits am 9. Aug. 1865 hieher erwählten Hrn. Pfr. Gottl. Burgdorfer von

Eggiwil, geb. 1806, wird vorerst noch ein Stellvertreter herkommen müssen.

1866

März 21. Die Gemeindeversammlung beschliesst nach Anhörung einer hiezu ernannten Kommission, das Plötschschulhaus, das Baufällig ist und sonst nicht mehr genügt, zu ver­kaufen und an einem westlicheren Orte, Riedackerweidli (Besitzung des Hrn. Pfarrer Christen in Bremgarten?) oder in der Gauchheit ein neues erstellen zu lassen. Der Gemeinderat wird mit dem Studium der Angelegenheit beauftragt.

Aug. 26.   An diesem Tage wird das Denkmal in Neuenegg ein­geweiht, woran ca. 20’000 Personen, worunter viele, aus unserm Amtsbezirk teilnehmen.

An Stelle des als Seminarlehrer nach Bern ziehenden Hrn. Pfr. Hegg, dessen Wegzug wir sehr bedauern, tritt dieses Jahr vertretungsweise Herr Pfarrer Rohr.

1867  

Der Winter 1866/67 war ein milder mit äusserst wenig Schnee; man musste sich schon mit dem Gedanken plagen, Heu und Holz im Frühling mit dem Wagen nach Hause zu führen. Glücklicherweise fiel dann, allerdings erst im März noch genügend Schnee, um in einer zwar verhält­nismässig kurzen Epoche das notwendigste zu schütteln. Von morgens früh bis abends spät wurden denn auch die Schlittwege stark befahren.

Juni 28. Fast scheint es der Winter wolle seine Tücke jetzt auslassen und das Versäumte nachholen, denn heute bede[c]kt nach 3 kalten Tagen eine ziemliche Schneede[c]ke die Felder; gewiss eine Seltenheit für ende Brachmonat. Namentlich Korn­ähren werden stark darunter leiden und mancher Halm wird sich nicht mehr heben mögen.

Juni 29. Ueber Nacht ist es klar geworden, während derselben muss es aber auch kalt gewesen sein, denn manche Pflanze ist erfroren und erscheint statt grün heute in dunkler Farbe. Dass man um „Wälmli“ zu kehren warten muss bis die Schneede[cjke geschmolzen ist, erscheint dem Heuer sonderbar.

August 3. Die bösen Tage sind vorbei und wir erfreuen uns an dem wieder eingetretenen Sommerwetter. Viele Kornähren sind zwar schwarz geworden und der Herbstroggen muss­te fast überall gemäht & gedörrt werden um unter das Heu verteilt als Futter zu dienen. Auch das übrige Getrei­de ist stark zu Boden gedrü[c]kt, hoffen wir aber, dass gün­stige Witterung noch manche Wunde heilen wird!

August 12. Die Gemeindeversammlung beschliesst die Anschaffung einer zweiten Feuerspritze, da die vorhandene für die ganze Ge­meinde nicht mehr genüge.

September 12. Schon wieder glitzert dem erwachenden Auge eine, wenn

auch nur dünne Schneede[c]ke entgegen, die aber der emporsteigen­den Sonne weicht. Auch diesmal war dies das Ende einer 3 tägigen kalten Zeit. Man vermutet, dass die Kartoffeln gelitten haben.

Oktober 31. Nun ist das wechselvolle Sommerjahr, wo „Wälmli“ im Heuet und „Birlege“ im Emdet überschneit wurden, vorbei. Im all­gemeinen ist man dennoch damit zufrieden, gab es, doch eine grosse Anzahl wirklich schöner Sommertage. An Stelle des ende Juni gemähten Herbstroggens kam noch Gerste zur Reife. Der Heu- & Emdertrag ist ordentlich und auch die Kartoffeln, als das Brot der Armen, sind ziemlich gross. Die Gemeinde wählte dieses Jahr zu ihrem Seelsorger Hrn. Pfr. Burgdorfer Gottl., von Eggiwil, geb. 1806 (wurde eigentlich schon am 9. Aug. 1865 erwählt, seither aber vertreten).

Dez. 12. Die Einwohnergemeindeversammlung beschliesst die Bei­behaltung der Riedstättschule und ernennt eine fünfgliedrige Kommission zum Studium der Schulhausbaufrage. Zimmermeister Mäder auf dem Katzensteig voranschlagt die Baukosten ohne Fuhrungen auf Fr. 5’000.—

1868

Februar Die Kirchgemeinde Rüschegg wählt an Stelle des nach Albligen ziehenden Hrn. Pfr. H.G. Frank, der vorerst als Helfer und dann bei Lostrennung der Gemeinde als Pfarrer ernennt ward, Hrn Pfarrer Robert Ischer als Seelsorger.

 

1868  

  1. April Die Einw.-Gemeindeversammlung tritt auf Antrag des Gemeinderates, angesichts der Vorteile, welches ein Telegraphen­bureau in Schwarzenburg biete, hiezu jährlich einen Beitrag von Fr. 20.— zu leisten, nicht ein, da es mit Rücksicht auf die mannigfachen Ausgaben der Gemeinde nicht zweckmässig sei, solche Beiträge zu beschliessen. Der Sommer war ein ausserordentlich guter, alle Früchte gediehen mfs herrlichste. Es kommt wohl selten vor, dass man wie dieses Jahr allgemein von jeglicher Ernte mit Zufrieden­heit sprechen hört.

Es waren wirklich gesegnete Zeiten, wie man sie zur Wiederkehr gern wünschen möchte. Möge die gütige Schöpfung unsern Wunsch erhören!

Dezember  Die Gemeindeversammlung beschliesst die Erhöhung

der Besoldung des Oberlehrers in der Hirschmatt um Fr. 100.–, mithin ohne die in § 12 des Gesetzes vom 7. Juni 1859 vor­geschriebenen Nutzungen, eine Entschädigung aus der Ge­meindekasse von Fr. 380.– Diese Vergünstigung soll aber nicht dem gegenwärtigen, sondern erst einem demnächst zu wählenden Inhaber dieser Stelle zukommen, da der jetzige Lehrer Z. sich namentlich durch Misshandlung der Kinder unerträglich gemacht habe und viele Eltern sich weigern, ihre Kinder zu demselben in die Schule zu schi[c]ken und beim Gemeinderat eine diesbezügliche Revision ein­gereicht haben.

1869

  1. Juni Heute starb im Alter von blos[s] 42 Jahren Hr. Grossrat Johann Zbinden auf Neuenmatt, der sich um unser Gemeindewesen mannigfach Verdienste erworben hat, mit Hin­terlassung seiner Witwe und 8, teilweise noch unerzogenen Kinder. Das Jahr war im allgemeinen gut, wenn auch etwas zu nass. Der Imker erfreut sich eines reichen Honigertrages. Infolge Sturz bei der Brü[c]ke in Niederscherli ist Hr. Gross­rat Streit aus dortiger Gemeinde gestorben. Dieses Unglück trägt vielleicht zur baldigen Erstellung einer neuen Brü[c]ke bei.

1870

März 2. An diesem Tage hat der rote Hahn im Dorfe Schwarzen­burg fünf Wohnhäuser eingeäschert. Die Brandursache ist zur Zeit noch nicht bekannt.

  1. April An der Gemeindeversammlung wird der durch öffentliche Steigerung gemachte Verkauf des bisherigen Plötschschulhauses an Christian (Nydeggers) Binggeli um Fr. 1’300.– und 1% Provision genehmigt. Das neue Schulhaus wird im Riedacker erbaut.

Infolge andauernder Tro[c]kenheit ist der diesjährige Heu­ertrag gering, jedenfalls unter mittelmässig, dagegen das Getreide und die Erdäpfel berechtigen zu guten Hoffnungen.

Dieses Jahr wird bei Niederscherli über den sog. Scherli­bach eine neue Brü[c]ke erstellt, welches auch unser ganzer Amtsbezirk erfreut, indem durch diesen Bau eine unschöne, gefährliche Partie auf der Bernstrasse für den Verkehr dahinfällt. Noch peinigt uns das mühsame Schwarzwasser­loch um frohen Sinnes nach Bern zu fahren, hoffen wir aber, dass auch die Zeit Mittel zur Abhülfe bringen wird.

  1. Dezember  Laut der an diesem Tage in der ganzen Schweiz durch­geführten volkszählung, weist unsere Gemeinde 2’936 Seelen auf. Vom berichten über den zur Zeit verheerend wirkenden, blutigen deutsch-französischen Kriege, kann sich der Chronikschreiber enthalten, indem diese Ereignisse unsere engere Heimat, wenigstens direkt, nicht betreffen, die Presse und Geschichte wohl aber genügend davon Notiz nimmt und uns später in Büchern Einzelheiten zur Verfügung stellen wird.

1871

  1. Februar  Von den französischen Internierten (Bourbaki-Armee) erhält der Kanton Bern zur Verpflegung 21’ 328 Mann und 3’319 Pferde, die im ganzen Kantonsgebiet verteilt werden sollen. Auch wir werden kaum verschont bleiben.

1871

  1. Februar Im benachbarten Amtsbezirk Seftigen geht die Kirche zu

Kirchdorf in Flammen auf. Die Ursache wird bestimmt den da­selbst einquartierten Franzosen, zugeschrieben und dem Ver­nehmen nach von diesen nicht in Abwehr gestellt, so dass wohl unzweifelhaft Frankreich entschädigungspflichtig ist.

  1. Juli Ein furchtbares Gewitter durchzieht unsere Gegend, von erhöhten Punkten aus bietet sich dem Auge ein scheusslicher Anbli[c]k, denn ringsum sieht man Feuersbrünste; manche Familie wird unverhofft obdachlos geworden sein. Man vernimmt, dass das letztgenannte Gewitter, die ganze Schweiz durchzogen habe und das bei 100 Brandfällen bereits konstatiert worden sind; wirklich ein vernich­tendes Element.

Nachträglich wird versichert, Frankreich sei zur Entschädig­ung der durch seine Soldaten unvorsichtigerweise in Brand geste[c]kten Kirche zu Kirchdorf (siehe oben) bereit, was wir dieser geschädigten Gemeinde wohl gönnen.

  1. Aug. Grossfeuer in Zweisimmen, bis 36 Gebäude eingeäschert.

1872

  1. März Die Presse berichtet, dass an diesem Tage sich in Colombier (Neuchätel) ein Eisenbahnunglück zugetragen habe, wodurch 20 nach Frankreich zurückkehrende Internierte getötet und bei 70 verwundet worden seien; noch im Friedens­land auf der Heimreise unglü[c]klich! In Guggisberg wird dieses Jahr durch Zimmermeister Nydegger ein grosses Schulhaus erbaut. Der jüngst verstorbene Gemeindepräsident von Rüschegg, welcher eine lange Amtstätigkeit hinter sich hatte, näm­lich Ulrich Zbinden, wird durch Joh. Glaus in den Aspen, ersetzt. Nach Rüschegg kommt an Stelle des nach Kerzers ziehenden Hrn. Pfarrer Robert Ischer, Hr. Pfarrer Karl Theodor Ziegler. An Stelle des nach Bern gezogenen Christ. Mischler wird zum Regierungsstatthalter unseres Amtes gewählt, Hr. Christ. Pfister.

1873

Im Rüschegg-Graben brannten die Säge und zwei Wohnhäuser uns zur Zeit unbekannter Ursache nieder. Als die Spritzen ankamen (auch die von Guggisberg) waren die Gebäulichkeiten bereits in hellen Flammen und es galt daher vor allem die Nachbarhäuser zu schützen. Auch ein Teil des Sägeholzes wurde durch tätige Spritzen­mannschaft dem Raub der Flammen entzogen.

1874

  1. Januar Heute verstarb im Alter von kaum 46 Jahren unser pflicht­getreuer Gemeindeschreiber Johann Dürrenmatt, vom Schwand-a[c]ker. Eine grosse Teilnehmerzahl wird ihm die letzte Ehre erweisen.
  2. August  In der heutigen Kirchenvorstandssitzung wird infolge

des neuen Gesetzes über die Organisation des Kirchenwesens, datiert vom 18. Januar dieses Jahres, welches endlich in Ausführung der § 80 und 98, Ziff. 6 der Staatsver­fassung erlassen worden ist, die Anordnung der ersten Kirchgemeindeversammlung dem Präsidenten und Hrn. Pfarrer Burgdorfer übertragen. Es ist nun die Zeit gekommen, wie die Gemeinde in kirchlichen Angelegenheiten auch ein Wort mitsprechen kann und nicht wie dies bisher bei Pfarrwahlen, etc. oft der Fall war, nur von „oben herab“, wie man hin und wieder sagen hörte, regiert wird. Es ist dies gewiss auch am Platze, denn einsichtige Gemeindebürger können dann doch beschliessen und wählen, was ihnen frommt. Hoffen wir, dass mit diesen vermehrten Rechten nicht Miss­brauch getrieben werde, sondern dass Jedermann das Wohl der ganzen Gemeinde am Herzen liegt!

  1. Okt. Zur Entwerfung eines Reglementes für die nun­mehrigen Kirchgemeindeorgane wird an der heutigen Versammlung ein dreigliedriger Ausschuss bestellt.

1875  

Infolge seiner Wahl nach Wahlern, verlässt heute Hr. Pfarrer Gottlieb Burgdorfer unsere Gemeinde, in der er 10 Jahre lang gewirkt hat.

  1. Juni In Riggisberg ist die Mädchenerziehungs­anstalt abgebrannt.

Juli Die Kirchgemeinde Rüschegg wählt zu ihrem Seelsorger Hrn. Pfarrer Johann Hubschmied, von Madiswyl, geb. 1848, der gegenwärtig in Wahlern als Vikar amtet.

  1. Juli Laut Zeitungsberichten ist an diesem Tage auf dem Bielersee bei einem Sturm das Schiff „Neptun“ mit 15 nicht verheirateten und wohl angesehenen Personen gesunken.

Der Sommer hat nur viel Regen und namentlich mehrere starke Gewitter gebracht. Das Schwarzwasser ist mehrmals über seine Ufer getreten und hat beträchtlichen Schaden angerichtet. Im Horbühl ist im Juli auf ein starkes Gewitter hin ein Rind vom Wasser radikal weg­getragen worden, es wurde weit unten im Waldgebiet noch im Flussbett stehend, mit verschiedenen Plessuren wieder aufgefunden.

Noch darf nicht vergessen werden, dass bereits im Mai dieses Jahres in einer Gewitternacht nach längerer Regenzeit direkt ob dem Flumühlehaus Rutschungen entstanden und letzteres ernsthaft bedrohten. Einem leuchtenden Blitz­strahl verdanken die Bewohner dieses Hauses ihre rechtzei­tige Flucht, indem sie gerade in dem Moment sahen, dass sich eine grosse Spalte gebildet hatte und dass eine Lawine, die folgen musste, gegen das Haus kommen werde. Kaum angezogen, unter Zurü[c]klassung ihrer Ernährerin, der einzigen Kuh, flohen sie ins benachbarte Unterbalm, wo sie um 1 Uhr nachts erschre[c]kt ankamen; unterwegs durch das Getöse davon überzeugt, dass die Erdrutschung stattfand. Am andern Morgen fanden sie dann die Stallungen vom übrigen Hause getrennt, die Kuh aber noch lebend und wohlerhalten, wenn auch in einer misslichen Lage, mehr oder weniger eingeengt. Die gerutschte Scholle war gross genug um eventuell das ganze Haus wegzuwischen, kam aber zum anhalten.

1875

  1. Sept. Die Kirchgemeinde wählt als Seelsorger Hrn. Pfarrer Johann Adolf Spöri, von Schupfen, geb. 1851.

1876

  1. April Für die Sitzungen des Kirchgemeinderates wird der letzte Sonntag eines jeden Monats jeweilen unmittelbar nach der Predigt bestimmt. Die Gemeindeversammlung beschliesst, die Lehrerschaft wegen sowieso ungenügender Besoldung von den Gemeinde­lasten zu befreien. An Stelle des Hrn. Johann Glaus, welcher Hrn. Notar Karl Kohli ersetzte, wurde heuriges Jahr Hr. Amtsrichter Johann Zehnder zum Gerichtspräsidenten erwählt.

 

1877

  1. Februar Die Einwohnergemeinde bewilligte an ihrer heutigen Ver­sammlung an die Erstellung einer Telegraphenlinie von Schwarzenburg nach Guggisberg Fr. 225.– (die nicht durch freiwillige Beiträge gede[c]kt sind) und unentgeltliche Lieferung der erforderlichen Leitungsstangen aus dem Burgerwalde.
  2. August Ueber die Amtsbezirke Schwarzenburg und Seftigen ent­ladet sich ein heftiges Gewitter mit Hagelschlag. Mancher­orts sehen die Weizenähren aus wie ausgepi[c]kt. Auch das Wasser hat viel verheert. Diesen Sommer wird die neue durch Hrn. Tschampion er­baute Guggisbergstrasse über Kalkstätten dem Verkehr übergeben und damit eine ganz wesentlich bessere Ver­bindung mit Schwarzenburg etc. hergestellt.
  3. Dezember Die Gemeindeversammlung beschliesst, den allgemeinen Lokalanzeiger für die Gemeinden der Amtsbezirke Seftigen und Schwarzenburg probeweise als amtliches Publikations­organ zu benützen, womit dann die Verlesung in der Kirche dahinfällt. Die Insertionskosten müssen aus der Gemeindekasse bestritten werden.

1878

Juni Zum Gerichtspräsidenten unseres Amtsbezirks wird Hr. Notar Franz Anton Winterfeld, von Bern, geb. 1848, gewählt. Diese Stelle hat in kurzer Zeit nur zu oft Inhaber ge­wechselt, es erachtet es aber der Chronikschreiber nicht als seine Pflicht, die Gründe hierzu anzugeben, da dies mehr Parteisache ist.

  1. April Die Kirchgemeinde bewilligte zur Reparation der Orgel einen Kredit von Fr. 400.—
  2. Aug. Gestützt auf den vorliegenden Bericht des Hrn. Orgel­bauers Weber im Mattenhof zu Bern, beschliesst der Kirchgemeinderat die letztgenannten Fr. 400.– dieses Jahr noch nicht zu verwenden, sondern der Kirchgemeinde zu beantragen, für die Einsetzung eines neuen Registers ebenfalls noch Fr. 400.– zu bewilligen und diese Arbeiten nächstes Jahr ausführen zu lassen.
  3. Oktober Nach vorangegangenen nebligen, kalten Tagen, schneit es heute derart, dass an ein Wegschmelzen dieser Schneede[c]ke vor dem Frühling nicht mehr zu denken ist. Verschiedene Zeichen haben uns einen frühen Winter ahnen lassen, so dass die Feldfrüchte glücklicherweise fast durchwegs eingeheimst sind. Dieses Jahr wurde mit den Arbeiten an der Graben-Gambachstrasse (Unternehmer: Hr. Tschampion) be­gonnen. Auf dem Bühl brannte das Haus des Joh. Zahnd nieder. Da der Brandausbruch am Abend nach der Füt­terung war, vermutet man Fahrlässigkeit (mit der Tabak­pfeife im Tenn?).

1879  

Dieses Frühjahr verspürte man verschiedene Erdbeben, die kleinere Erdrutschungen verursachten, so von der Rafern bis in den Schönenzug und Horbühl. Am Schwendelberg hat der Blitz in eine Tanne geschlagen und merkwürdigerwei­se entzündet; die Tanne brannte einen Moment lichterloh und verkohlte dann, was wohl selten ariviert.

1879

  1. Novemb. Der Kirchgemeinderat erkennt, gestützt auf ein Urteil des Bundesgerichts contra Sittengericht Bern, in Zukunft in Ehescheidungssachen nicht  mehr vorinstanzlich vorzuge­hen, sondern sich rein auf seine Aufgabe als Aufsichts­behörde über die sittlich religiösen Verhältnisse der Ge­meinde zu beschränken, d.h. Ehegatten deren Ver­hältnis mit dem Wesen der Ehe nicht übereinstimmt, auf ihre gegenseitigen Pflichten aufmerksam zu machen und sie zu Friede und Einigkeit zu ermahnen.

Altjahrstag Seit dem 20. November haben wir eine ganz empfindli­che, ununterbrochene Kälte. Die sonst im Senesegebiet lebenden Wildenten fliegen um benachbarte Häuser herum und suchen Nahrung. Auch unsere andern Vögel leiden Not, da alles durch und durch gefroren; ist. Mögen ihnen doch über die gegenwärtige Festzeit auch einige Minuten zur Aussat von Abfällen gewidmet werden, denn ihr klägliches Zwitschern verrät Hunger & Frost; arme Tierchen!

1880

  1. Februar Heute weht ein Westwind und es tauht sachte auf, der Schnee, welcher nun mit 4 Monaten, dank der grimmigen Kälte sich gehalten, setzt sich. Das Biecht an den Bäumen, das viele Aeste abgedrü[c]kt hat, fällt ab. Eine so lange andauernde grosse Kälte dürfte zu den Seltenheiten gehören, viele Mauern sind gespalten, die Vögel zahlreich erfroren und voraussichtlich werden kleinere Bäume stark gelitten haben.
  2. Juni Als Folge des aussergewöhnlich kalten Winters, vermögen wirklich viele, namentlich jüngere Obstbäume sich nicht mehr mit dem lieblichen Blättergrün zu kleiden, indem sie er­froren = abgestorben sind.
  3. Juni

In unsere Kirche schlägt der Blitz ein und verursacht bedeutenden Schaden, der aber durch die Brandversichrungs- Anstalt ersetzt werden wird.

  1. Juli In Bern erschien die berühmte nubische [= nordafrikanische] Karavane mit ihren Haustieren, Zelten und Geräten zu vorübergehendem Auf- I enthalt, der stark besucht wird und auch Guggisberger lo[c]kt.!

1880

  1. August Ein ziemlich starkes Hagelwetter richtet namentlich in Getreidefeldern beträchtlichen Schaden an, die Ernte wird strichweise geradezu in Frage gestellt.
  2. August In der Gemeindeversammlung wird mit 65 Stimmen von 67 Anwesenden an die mittelländische Armenverpflegungs­anstalt Riggisberg ein Kapitaleinschuss von Fr. 12’000.— beschlossen; ein bedeutendes Opfer, das aber nicht ohne Erfolg sein wird.
  3. August Laut Zeitungsberichten wurde an diesem Tage das hiervor (Fol. 73) erwähnte Schiff „Neptun“ im Bielersee mit 10 Leichen gehoben.

1881

  1. Januar Der Grosse Rat bewilligte heute für die zu erstellen­de Schwarzwasserbrü[c]ke Fr. 250’000.—, ein erfreulicher Beschluss, der telegraphisch in unsere Gegenden eilte. Gleichentags zog, wie ich seither erfahren, durch die ganze Schweiz ein bedeutendes Erdbeben, das man auch hier, wenn auch nicht gerade stark, verspürt hat.
  2. Januar In Bern sei abends ein intensives Nordlicht beobachtet worden.
  3. Mai Pfarrer Johann Adolf Spöri zieht infolge Abberufung aus hiesiger Gemeinde. Es liesse sich über diesen Geistlichen viel sagen, da wir aber nicht über anderer Leute Fehler zu Gericht sitzen wollen, mag hier nur erwähnt werden, dass wohl selten ein Pfarrherr der Gemeinde in so unangenehmer Erinnerung bleiben wird wie dieser. Pfr. Spöri war zwar ein guter Redner, daneben aber unmoralisch und Trinker. Vertretungsweise wird nun Hr. Pfarrer 0. Hubschmied von Rüschegg hier Gottes Wort verkündigen.

Juli Anfangs dieses Monats zog ein vernichtendes Hagel­wetter über unsere Gegend. Die traurigen Folgen sieht man jetzt einige Tage später erst recht. Viele Futterpflänzchen wurden abgeschlagen und das Korn arg ge-kni[c]kt. Wie schnell wird doch eine hoffnungsvolle Ernte zerstört. Kein Wunder, wenn der Landwirt ein trübes Gesicht zeigt!

  1. Juli Die Kirchgemeinde bewilligt für Reparatur der Orgel und Einsetzung eines neuen Registers Fr. 1’000.– bis höchstens Fr. 1 -200.–
  2. Juli Als Seelsorger wird Herr Pfarrer Friedrich Gerber, von Bern, geb. 1856, erwählt.
  3. Juli Die vorgenannten Arbeiten an der Kirchenorgel werden Hrn. Orgelbauer Joh. Weber, in Bern für die von ihm devisierte Summe von Fr. 1’070.– mit verschiedenen Bedingungen übertragen.

Die letzten Tage dieses Monats waren äusserst kühl, mehr als an einem Morgen liess der Gantrisch seine schnee­bedeckte Gipfelhöhe bli[c]ken. Das Thermometer sank bis auf 3° C. Am 28. Juli soll in Bern nur 5-6° C. Wärme gewesen sein und auch vom Rigi wird Schneefall ge­meldet.

  1. September Durch mehrtägigen Regen sind alle Gewässer stark angeschwollen. In Bern soll Dalmazi, Matte und Alten­berg unter Wasser stehen. Diesen Sommer wurde von den Herren Gottl. Ott und Ingenieurs Simons mit dem Bau der Schwarzwasserbrü[c]ke begonnen; die Gerüstanlagen sind ein giganti­sches Werk. Kahlschlag der Kirchhalten für Gerüstholz. In der Gemeinde Rüschegg wird das Graben- und Aeugsten-Schulhaus bezogen und die Graben-Gambach-Strasse fertig erstellt. (An den Bordsteinen der Brü[cjke im Graben sind die Namen derjenigen Männer eingehauen, die für diese Strasse eine rege Tätigkeit entwi[c]kelt haben).

1882

  1. Februar Dass Fallhaus brennt gänzlich nieder. Das Feuer ent­stand im Scheuerwerk. Die Tiere und ein Teil des Mo­biliars konnte gerettet werden.
  2. März 7 Uhr abends ist in Bern ein sehr schöner Meteor beob­achtet worden; immer ein phänomenaler

Anbli[c]k.

  1. Mai An diesem Tage wurde die Gotthardbahn eröffnet, die im ganzen einen Aufwand von 238 Mill. Franken erforderte. Ueber den zur Zeit, wenigstens in Europa grösste Tunnel, das Riesenwerk durch den Gotthard mögen einige Angaben nicht unangebracht sein. Der Tunnel ist ohne die 1 – 1/2 km langen Kehrtunneln bei Was[s]en, Dazio Grande und in der Biaschimaschlucht, 14,912 [k]m, also mehr als

3 Stunden lang. Die Arbeiten begannen bei Göschenen am 4. Juni, bei Airolo am 2. Juli 1872, der Durchschlag erfolgte am 29. Februar 1880, wobei sich die Arbeiter mit Freudentränen förmlich umarmt haben sollen; muss rührend gewesen sein. Die Mitte des Tunnels liegt 1154 m über Meer, also 10 m tiefer als Guggisberg. Durchschnittlich wurden während 7 1/2 Jahren täglich 2’500 Arbeiter beschäftigt, die Baukosten betrugen 56 3/4 Mill. Fr. Der Bauunternehmer Louis Favre starb im Tunnel am Schlagfluss den 19. Juli 1879, es war ihm nicht vergönnt, das Gelingen des Werkes zu erleben. Es ist wirklich ein grossartiges Unter­nehmen, das allerdings nur mit Hülfe von Deutschland und Italien ausgeführt werden konnte; das Bernervolk hat mit bedeutender Mehrheit am 3. April 1870 eine Sub­vention von 1 Mill. Franken gesprochen.

  1. Sept. Regierungs- und Ständerat Albert Bitzius (Jeremias Gotthelf)

wird unter starker Teilnahme aus allen Gegenden der Schweiz (auch 2 Lehrer, etc. nebst den Grossräten von hier) feierlich bestattet.

  1. Nov. Die heutige Einweihung der Schwarzwasserbrücke gestalte­te sich für unser Amt zu einem Volksfest, wohl nicht ohne Ursache, wurde doch unendliche Mal der Ausspruch getan „jitz chunt me de besser ga Bärn“, het öppis! In diesem Jahre trat an Stelle des wegen hohen Alters demissionierenden Hrn. Regierungsstatthalters Pfister an dessen Stelle Hr. Johann Burri, von Wahlenhaus.

1883

  1. Januar Grossrat Muri von Noflen bei Kirchdorf wird wegen Betrug verhaftet. Eine finanzielle Katastrophe betrifft in­folge seiner Vergehen den Amtsbezirk Seftigen.
  2. April Die Gemeindeversammlung beschliesst die Ausgaben für Verab­reichung von Brot und Milch an arme Schulkinder durch die Spend­kasse zu bezahlen. Diesen Frühling wird Gerichtspräsident F.A. Winterfeld, der demissioniert hat und als Gemeindeschreiber, Notar und Civilstandsbeamter nach Köniz zieht, ersetzt durch Fürsprecher Albert Flü[c]kiger, von Bern.
  3. Aug. Die Gemeindeversammlung beschliesst prinzipiell die Trennung der gemischten Schule Schwendi.

1884  

An diesem Tage wird die Kirchenfeldbrü[c]ke in Bern er­öffnet und eingeweiht. Es werden mehrere Festproduktionen veranstaltet.

1885

  1. April Die Einwohnergemeindeversammlung genehmigt den Bauvertrag mit Zimmermeister Remund für das neue Schulhaus in der Schwendi. Die bezüglichen Arbeiten sollen ohne Verzug beginnen. In Rüschegg wird dieses Jahr ein neuer Friedhof angelegt.

1887

  1. März Durch das an diesem Tage in Kraft tretende Landsturmgesetz, werden für die Eidgenossenschaft 303’500 Mann militärpflichtig er­klärt, indem die Wehrpflicht vom 18. – 50, Altersjahr dauert. (Ob die Behauptung, es sei dies die Folge der Differenzen, die der deutsche Polizeispitzel Wohlgemuth durch seine Tätigkeit in Zürich etc. hervorgerufen hat, bleibt hier dahingestellt).
  2. Juni Am Gantrisch verunglü[c]kt Lehrer Christian Mischler vom Stutz bei Rüthi.

1888  

Das Jahr 1888 war namentlich in den Sommermonaten ein sehr nasses, hin und wieder mit kalten Tagen verbunden. Es gab zwar im allgemeinen viel Futter, das aber nur man­gelhaft gedörrt werden

1889

  1. März Die Gemeindeversammlung beschliesst die auf Fr. 9’000.–

veranschlagten Kosten für Landentschädigungen für [die] Kalk­stätten – Scheuerguthubelstrasse zu übernehmen und an den Bau dieser Strasse Fr. 7’000.– beizutragen.

  1. Sept.   An diesem Tage wurde das Gotthelf-Denkmal in Lutzelflüh eingeweiht.
  2. Dez.   Verstarb im Alter von 56 Jahren Hr. Joh. Burri, zu Wah­lenhaus, Regierungsstatthalter. An dessen Stelle wurde dann im Wahlkampf zwischen Hr. Gross­rat Krenger in Schwarzenburg und Amtsrichter Aug. Kohli in der Schwendi, letzterer ernannt. Bis Neujahr sozusagen ohne Schnee.

 

1890

  1. Februar In Boltigen sind 11 Wohnhäuser abgebrannt.
  2. April Der Kirchgemeinderat ernennt aus seiner Mitte für die Revision der Kirchenbücher zwei Abgeordnete.
  3. Mai In der Warmenseite ist heute im Alter von 44 Jahren Christian Zbinden, Sohn, der seit Jahren leidend war, ge­storben.
  4. August Aussergewöhnlich starker Schneefall, selbst die Getrei­defelder erhielten ein weisses Kleid und mancher Halm muss­te seine Stehkraft einbüssen; gut ist es, dass ein schöner Teil bereits unter Dach sich befindet. Der Schnee schmolz allerdings rasch wieder weg.

 

1891

  1. März Der Grosse Rat bewilligte für die neue Schwefelberg­strasse, vom Zollhaus über Sangernboden der Sense nach Fr. 20’000.–
  2. April Eine Anfrage der Kantl. Finanzdirektion, ob der Ankauf der Pfrunddomäne, des Pfarrhauses und des Kirchenchores seitens der Gemeinde erwünscht wäre, wurde vom Kirchgemein­derat abschlägig beantwortet.
  3. April Verstarb unerwartet rasch, nachdem sie noch einige Tage vorher der Beerdigung ihres Grosskindes in Rüschegg beiwohnte, im 70. Altersjahre Elisabeth Kohli, geb. Bühimann in der Schwendi.
  4. Mai Im Alter von 50 Jahren verstarb heute Anna Burri, geb. Zwahlen, des verstorbenen Regierungsstatthalters Witwe, zu Wahlenhaus. Sie wurde an Seite ihres Gatten neben 10 ihnen im Tode schon vorangegangenen Kindern begraben; sonderbares Schi[c]ksal einer Familie!
  5. Mai Letzte Nacht de[c]kte Schnee wieder unsere Wiesen, so dass heute Christ. Weber in der Kappelen, genannt Bühlers Christi, mit dem Schlitten Mist auf die Allmend führt  und die Schulzimmer geheizt werden müssen. Die Zeitungen berichten, dass am 14. Juni die Mönchensteinerbrü[c]ke bei Basel mit dem darüber fahrenden Eisenbahnzuge eingestürzt sei und 73 Tote & 131 Verwundete zu bedauern seien.
  6. August Werden im Münster zu Bern die Feierlichkeiten zur 700 jährigen

Gründungsfeier dieser Stadt, verbunden mit der Feier zur Erinnerung an den 600 jährigen Bestand des Schweizerbundes oder der Eid­genossenschaft eröffnet. Das Guggisbergerländchen mit Rüschegg ist an dieser Feier durch eine kostümierte Gruppe vertreten. Zahlreiche Bürger der Gemeinde wohnen dem grossen Feste bei.

  1. August  Schon wieder ein Eisenbahnunglück inmitten der Festlichkeiten gemeldet, das an diesem Tage in Zollikofen bei Bern durch einen Zusammenstoss sich ereignete, wobei 17 Personen getötet und 20 schwer verwundet werden. Das Eisenbahnfahren fängt an ungemütlich gefährlich zu werden. Hoffen wir, dass solche Vorfälle vermehrter Vorsicht rufen!

1892

  1. Januar  Nationalrat Adolf Hauser-Späth, geb. 1832, der uns wohl­bekannte grosse Wohltäter vom Gurnigelbad, ist in Aspedaletti an der Riviera, wo er Erholung suchte, an einem Herz­schlag gestorben. Sein Leichnam soll in Riggisberg be­graben werden. Der Tod dieses wohldenkenden Mannes ist für viele Personen, namentlich für ärmere ein schwerer Verlust, denn Hr. Hauser hat ihnen viel gutes getan. Fast jeden Herbst oder Winter hat er auch in der Gemeinde Rüschegg Kartoffeln und andere Lebensmittel verteilen lassen. Sein Andenken wird unter uns bleiben.
  2. März Die Gemeindeversammlung beschliesst, es sei durch die staatlichen Organe zur Korrektion des Bühlholzstutzes Plan und Devis aufzunehmen. Die Zeitungen berichten von einer Katastrophe in Ouchy am Leman, wo am 9. Juli der Dampfkessel des Schiffes „Montblanc“ explodierte, wodurch 26 Personen getötet wur­den. 18. August  An diesem Tage brannten in Grindelwald 114 Firsten

nieder, wodurch 403 Personen obdachlos geworden sind. Da tut reichliche Hilfe wieder bittere Not.

  1. September  Nachmittags ca. um 3 Uhr entstieg dem Gebäude des Hrn.

Rothenbühler, Bä[c]ker in Hirschhorn eine Rauchwolke, der bald helle Flammen folgten, die vom Wind über das Dach ge­schleudert wurden. Bevor eine Spritze auf dem Platze war, fingen auch Nachbarhäuser Feuer. Die Feuerspritzen der Ge­meinde Guggisberg fuhren mit grösstmöglicher Schnelligkeit zur Unterstützung hinunter und haben auch ihr redlicher Teil Arbeit geleistet. Trotz der gemeinsamen Löscharbeiten verbrannten aber 6 Häuser, worunter das Schulhaus. Die noch bleibenden Gebäude fingen oftmals Feuer, da der Wind wehte, konnten aber gerettet werden. Hirschhorn sieht tags darauf öde und verwüstet aus und der Bezirks- wie der Gemeindebrandkasse hat dieser ßrandfall grosse Verpflichtungen auferlegt, von denen sie sich erst in einigen Jahren erholen können. Diesen Sommer wurde die Kalkstätten – Gelismattstrasse erstellt und mit dem Bau der neuen Schwefelbergstrasse (Uebernehmer: Jon. Heinr. Pfeifer, Unternehmer, Bern) begonnen.

  1. Dezember Kirchgemeinderat Christian Zbinden an der Halden verstarb in seinem 77. Altersjahr.

1893  

Gleich vom Frühling an regnet es heuer sehr wenig. Bereits Ende Mai beginnen die Befürchtungen es gebe wenig Heu. Leider sollte dies zur Tatsache werden, denn der Vorsommer war ein aussergewöhnlich tro[c]kener. Die Viehpreise gehen stark zurü[c]k, man liest sogar, dass z.Bsp. an den Wochenmarkten in Bern, Tiere um wahre Schleuderpreise hingege­ben werden, weil zu Hause für sie nicht mehr Futter sei. Ein Landwirt von Rubigen schlug eine 8 jährige, aber ge­sunde Kuh los um Fr. 45.– schreibe fünfundvierzig Franken, da er sie einfach nicht mehr halten könne! Aehnliche Fälle wären noch viele zu erzählen. Die Tro[c]kenheit war allgemein, viele, namentlich sonnig gelegene Wiesen zeigen nur noch vereinzelte grüne Halme, denn während vollen 48 Tagen ist kein Regen gefallen und würdigte später der Himmel die Erde noch einiger Tropfen, so tro[c]knete der Ostwind gleich wieder alles auf.

Auch in unserer Gemeinde gab es, namentlich Sonnseite sehr wenig, aber gutes Heu. Ueber Futtermangel wurde auch geklagt, obwohl es mit den tiefern Gegenden nicht zu vergleichen war. Nichtsdestoweniger sah sich der Gemeinderat ver­anlasst, zwei Wagenladungen zu bestellen und dieses Mais zu möglichst billigem Preise als Ersatzfutter abzugeben, welche Handlungsweise von der Gemeinde­versammlung am 19. Juni genehmigt wurde. Vielerorts trat auch Wassermangel ein und es wird lange Zeit dauern bis die guten Brunnen wieder das frühere Quantum Wasser abgeben. Auch der Emdertrag war, da ergiebiger Regen dieses Jahr nicht fällt, wenigstens zu dieser Zeit noch nicht, unter mit­telmässig, obwohl von guter Qualität. Das Getreide war im allgemeinen kleinkörniger und etwas dünn, sonst aber zufriedenstellend.

  1. August  Die Telephonlinie Bern – Schwarzenburg wird eröffnet und auch unsere Gemeinde wird vor vielen Jahren dieses neue Verbindungsmittel erhalten. Der Herbst bringt uns ziemlich viele Regentage, so dass man gerne hin und wieder einige Tage des Mo­nats Mai oder Juni mit den jetzigen vertauschen möchte; der Mensch vergisst eben das Wünschen nie! An Begebenheiten mögen noch erwähnt werden, dass das Warmenseitehaus vermutlich infolge Brand­stiftung (das Feuer entstand im unbewohnten Wohnsto[c]k) mit dem Wohnsto[c]k ein Raub der Flammen wurde, so dass, wie man hört, einige Anführer etc. des am 13. Juni in Bern ausgebrochenen, ziemlich blutig und nicht ungefährlich tobenden Arbeiterkrawall, so namentlich F. Aebi, Wassilipp [?] u.a. ihrer diesbezügl. Bestrafung nicht entgehen werden.

1894

  1. Januar Im jugendlichen Alter von blos[s] etwas mehr als 34 Jahren ist Gemeinderat Johann Zbinden, von Neuenmatt, infolge Blutvergiftung im Insel­spital zu Bern verstorben, unter Hinterlassung seiner trauernden Witwe und 4 unerzogener Kinder. Anlässlich der Beseitigung einer an Rauschbrand ab­gegangenen Kuh, muss sich eine kleine Wunde, die ihm sein jüngstes Knäblein mit den Fingernägeln an der Stirne gemacht haben soll, infi[s]ziert haben. Vorsichtshal­ber konsultierte Z. einen Arzt (in Schwarzenburg), der aber der kleinen Anschwellung keine Beachtung schenk­te und nur Umschläge mit kaltem Wasser verordnete, bis dann nach einer zweiten Konsultation in der Nacht die Entzündung und die Schmerzen zunahmen, eine Ueberführung des Kranken nach Bern notwendig machten, von wo er leider nicht mehr lebend zu den Seinigen kehren sollte. Der Leichnam wird in Guggisberg bestattet.
  2. Juli Am diesjährigen Jakobstage ist ein Mann von uns geschieden, dem hier einige Zeilen gebühren. Es ist Hr. Ulrich Kohli, gewesener Regierungsstatthalter und Gross­rat, der heute nach siebenwöchigem Krankenlager an den Folgen einer Brustfellentzündung, die auch eine gelungene Operation nicht zu heilen vermochte, in seinem 80. Altersjahre, umgeben von seinen Angehöri­gen, in der Schwendi seine Augen für immer schloss.

Der Tod hat aus einem ausgedehnten Wirkungskreis einen Arbeiter herausgerissen, der gewiss nicht leicht zu ersetzen ist. Der Verstorbene hat sowohl dem Vaterlande, als hochgestell­ter, tüchtiger und von seiner ihm unterstellten Mannschaft gerechter und geliebter Offizier, wie unserm Amtsbezirk und speziell der Gemeinde Guggisberg, durch sein in­tensives, zielbewusstes Wirken grosse Dienste geleistet. Jahrzehnte lang hat er als Gemeinde- und Gemeinderats­präsident seine volle Aufmerksamkeit den öffentlichen Angelegenheiten geschenkt und vermöge seiner reichen Erfahrung und Kenntisse, Behörden und Privaten guten Rat erteilt. Er kann, man darf wohl sagen, auf allen Gebieten mit den Uebungen und gesetzlichen Vorschriften als bekannt und bewandert bezeichnet werden und war denn auch, selbst in schwierigen und heiklen Fragen, der Berater seiner Mitbürger. Ihn wird gewiss Mancher vermissen.

  1. Juli Heute wird unter überaus zahlreicher Teilnahme aus dem grossen Kreise seiner Freunde und Bekannten die sterbliche Hülle zur letzten Ruhestätte auf den Fried­hof begleitet. Am offenen Grabe widmet ihm u.a. Herr Regierungspräsident von Steiger einen Nach­ruf, schliessend mit den Worten, die wir auch zu den unserigen machen: „Mein lieber Freund, ruhe sanft!“
  2. Oktober Verstarb in der Warmenseite, ebenfalls im 80. Le­bensjahr, Christian Zbinden (genannt „Fähl-Christi“). Im krassen Gegensatz zum letzten Jahr war der diesjährige Sommer nass. Das Heu geriet teil­weise vor der Ernte in Fäulnis und das Getreide konn­te erst verhältnismässig spät geschnitten werden. An etlichen Orten wurde der Haber noch überschneit. Noch bleibt zu erwähnen, dass dieses Jahr auch unsere Gemeinde das Telephon erhielt und dass: in­folge Einführung der mitteleuropäischen Zeit, am 1. Juni auch wir Guggisberger die Uhren um 30 Minuten verschieben und eine gewisse Zeit lang gewohnheitshalber noch mit zwei Zeitrechnungen uns umschlagen mussten.

1895  

Vom Dezember letzten Jahres an bis Mitte März hat­ten wir richtiges Winterwetter, mit einer, man kann fast sagen Unmasse Schnee. Von Garteneinfriedungen und Zaunste[c]ken sah man einige Zeit gar nichts mehr, alles scheint ein ebenes Feld ohne Hindernisse zu sein. Auch die Zeitungen berichten von starkem Schneefall. Eingetretener Föhn setzte dann dem flüchtigen Element arg zu und die dadurch entstandenen Wassermassen drangen mancherorts über Nacht in die Keller, spühlten die Strassen zu stark aus und Überschütteteten die anlie­genden Wiesen mit Geröll. Jede Thalsohle durchzog ein Bach und von da und dort werden Klagen Uber Wasserverheerungen laut. Die grosse Schneeschmelze war wirklich eine zu rapide und wohl selten ver­ändert sich ein Landschaftsbild in so kurzer Zeit derart, wie dies heuer der Fall ist.

  1. Juli Die Gemeindeversammlung beschliesst den Bau eines Schulhauses im Scheidwaldbezirk und ernennt zur Untersuchung, Berichterstattung etc. über die Platzverhältnisse u.s.w. eine besondere Kommission.
  2. September Major Ulrich Zbinden-Mathys, vom Brüllen, Besitzer und kundiger Leiter des Schwefelbergbades, verunglü[c]kte mit einem vom Bade her mit zwei Fässern beladenen Wagens, infolge Um­kippen desselben und Scheuwerden der Pferde am Stutz jenseits der Guggersbachbrü[c]ke. Man erklärt sich den Vorfall so, dass der Wagen an dieser wüsten Stelle, da sich die Last mehr nach vornen liess, hinten infolge der Spannung rutschte, quer zu stehen kam und an solch steilem Pfade zum Umstürze kam. Herr Zbinden kam darunter und wurde mit dem Wagen von den erschro[c]kenen Pferden bis zur Brütc]ke mitgeschleppt. Beir Ankunft der zuhülfeeilenden Personen, gab der Unglück­liche zwar noch Lebenszeichen von sich, war aber, namentlich auch am Kopfe derart verwundet, dass er bald sein Leben aus­hauchte.
  3. September An diesem Tage fand der Bergsturz von der Alteis (Blümlis­alpgruppe) auf die Spitalmatte (deutet vielleicht dieser Name auf frühere ähnliche Vorfälle hin ?) statt, wodurch auf dieser Alp 6 Personen und 168 Tiere getötet wurden. Die Erdmasse muss alles vor sich wegräumend, mit furch[t]barer Schnelligkeit abge­stürzt sein, den[n] es wurden Tiere gefunden, die nach Aussagen von Gelehrten, einzig durch den Luftdru[c]k ihrer Haut geradezu entblösst oder ihre Körper sonst ganz zusammengestossen, etliche arg zerfleischt wurden. Von der Egg aus sieht man das keilförmige Absturzgebiet ganz deutlich.
  4. September An diesem Tage wurde in der äusseren Enge zu Bern die Schweizerische landwirtschaftliche Ausstellung eröffnet, zu deren Besichtigung auch viele hiesige nach Bern wandern werden, da es der Mühe lohnt. Es mag hier noch ein mit dieser Ausstellung einigermassen in Zusammenhang stehender spezieller Fall, unter Weglassung von Per­sonennamen erzählt werden. Aus unserer Gemeinde sollte auch ein grosser Stier (Muni), Hans genannt, nach Bern gebracht werden um seine schöne Kör­perform zu zeigen. Einige Wochen vorher musste er sich einem bezügl. Experten im Rüschegg-Graben, wohin der Herr kam, vorstellen. Eine Kuh war seine Be­gleiterin. Die Rü[c]kkehr wurde bei noch hochstehender Sonne angetreten und dem schweren Hans machte das Bergaufspringen und die Bremsen warm. Bei der Wirtschaft in Gambach sah er eine offene Tür, vermutend es sei wahr­scheinlich ein Stall dahinter, der ihm Schatten gewähre. Unbekümmert über seine stolze Kuh, schlug er behende die Richtung gegen diese Türöffnung ein. Sein jugendlicher Führer, der sonst mit „Hans“ gut auskam, musste diesem folgen und es hätte da auch eine Männerkraft nichts ge­nützt. Hans trat ungeheissen zur Türe ein, sein Führer gleich an der Schwelle vermöge seiner eigenen Leibesdi[c]ke, die in einer Türöffnung Menschengebilden keinen Platz mehr einräumte, abstreichend. Nun war dies aber die Hausgangstüre und Hans muss gesehen ha­ben, dass er sich geirrt hatte, glaubte vielleicht aber sein Ziel da­durch zu erreichen, wenn er zugleich auch zwei weitere Türen, die zufälligerweise offen waren, passiere, denn umkehren konnte er ja nicht. Hiezu war der Hausgang für Hans zu eng. Gut, bevor man ihm von der andern Seite entgegen treten konnte, war Hans weiter und damit auch durch die Küche spaziert und gelangte nun auf die Lau­be, die glücklicherweise weil neu, wenn auch krachend, die unge­mächlich starke Belastung ertrug. Vielleicht die fatale Si­tuation erkennend, stund der friedliche Hans endlich still, liess sich ein langsames Rü[c]kwärtsstossen bis zur Stelle, wo er zur Umkehr genügend Platz fand, gefallen und wurde dann durch den Hausgang zurü[c]k in ein Lokal geführt, das für ihn besser passte. Der Schre[c]ken wurde zum Gelächter, denn der sonder­bare Zufall hat nebst einer Viertelstunde, nur drei Blumen­töpfe, die Hans mit dem Schwanze wegschleuderte, gekostet und noch die wollte die Wirtin als Unikum nicht vergütet wissen. Ein zweiter Muni wird kaum solche Irrwege geduldig zweimal begehen und ein Unglü[c]k war hier nur durch den frommen Cha­rakter des Tieres vermieden worden.

1896

  1. April Die Gemeindeversammlung beschliesst die obligatorische Einführung der Fortbildungsschule.
  2. April An der Versammlung der Einwohnergemeinde wird beschlossen, den Bau eines neuen Schulhauses in der Burg beim Sangernboden dem Zimmermeister Mäder in Schwarzenburg zu übertragen und demselben hie­für Fr. 8’200.– und im Zufriedenheitsfalle Fr. 8’300.– zu bezahlen.
  3. August Infolge Blitzschlag brannte das Fallhaus des Hrn. Amtsrichter Zbinden wiederum gänzlich nieder (1te mal 1882). Die Tiere konnten gerettet werden, dagegen aber fast kein Mobiliar.

1897

Nach Zeitungsberichten und eigenen Wahrnehmungen mag aus der Kantons- und Bundesstadt, hier, weil von allgemeinem Interesse, Erwähnung finden, dass:

  1. am 11. März dieses Jahres beim Bahnhofbrand die dortigen Restaurationsräume zerstört wurden.
  2. am 25. Mai der König von *Siam daselbst festlich empfan­gen und bewirtschaftet wurde, was den Photographen zu zahlreichen Aufnahmen Veranlassung gab, deren Produkte später zu haben sein werden.
  3. am 18. Juni anlässlich der Eröffnung des kantonalen Schützenfestes in Bern auf dem schönen Platze vor dem Burgerspital, neben der sog. Rossschwemme, das imposante Bubenbergdenkmal feierlich enthüllt worden ist. Der Sommer war ordentlich und die Ernte auch dement­sprechend; der Herbst aber war nass und schlecht, weil neb­lig und kalt. Schon früh musste der Weidgang einge­stellt und die Herbstweid, der ziemliche Graswuchs den Schick­salen des Winters überlassen werden. Im Scheidwaldbezirk ist dieses Jahr das Schulhaus erbaut worden und im Guggersbach hat eine Feuersbrunst die untern Häuser arg zerstört, da es, wenn auch Wasser genug war, infol­ge der gänzlichen Angelegenheit verhältnismässig lange dauerte, bis die Spritzen in Tätigkeit gesetzt werden konnten.
  4. Dezemb. Im Alter von 65 1/4 Jahren verstarb heute im Bühlholz der weit bekannte Christian Vivian, genannt „Chappis Christi“. Er war ein bescheidener, im wahrsten Sinn des Wortes urchiger Berner, der wegen seiner Kenntnis und Fertigkeit zu Reparaturen, man kann kühn behaupten, aller hier ge­bräuchlichen Gegenständen, stark vermisst werden wird, denn manche Hausfrau hat ihm diese kleinen Dinge zum fli[c]ken gebracht und wird sie nun häufig durch neue ersetzen müssen. Als Wetterkenner hatte er nachgerade einen Ruf erworben, indem man wusste, dass seine Urteile sich auf genaue Beob­achtungen des Weidens des Wildes, kleiner Tiere wie Mäuse, Maulwürfe, Insekten etc. stü[t]zten und keineswegs unbe­gründete Behauptungen waren.[*Siam = Name für Thailand, bis 1939 & 1946-49]

1898

  1. Januar In Ryffenmatt brennen bei starkem Winde die Schmiede (von welcher das Feuer ausgegangen ist) und das Wohnhaus der Gebr. Hürst (Zahndsruedis) gänzlich nieder. Hätte das verheerende Element westwärts des Dörfleins Boden gewonnen, wäre letzteres unzweifelhaft ganz ein Raub der Flammen geworden, denn der Wind ging so stark, dass z. Bsp. die Gambachsprize infolge der ihr entgegen getriebenen Glut die Brandstätte nicht er­reichen konnte.
  2. Februar  Sonderbarer Anbli[c]k, sonderbares Treiben! Auf einem Umkreis von kaum einer halben Stunde sieht man die Leute bis jetzt eingeschneiten Haber räumen, andere pflügen und andere durch Schneeschaufeln die ver­wehten Strassen öffnen, Reiche Abwechslung!
  3. Februar Denkwürdiger Tag der Abstimmung über das Bundes­gesetz betreffend den Rü[c]kkauf der Eisenbahnen. Das­selbe mit 386’634 gegen 182’718 Stimmen, im Kt. Bern mit 125’942 Stimmberechtigten von 74’287 gegen 20’019 Stimmen angenommen. Wohl selten wird eine Abstimmung eine derartige Beteiligung aufweisen und wohl selten der Kt. Bern eine solche entschiedene Stellung einnehmen. Es ist angesichts des schweizerischen Gegenstandes, verhandelt und besprochen in zahllosen Versammlungen in der gan­zen Schweiz, eine rege Stimmbeteiligung zu erwarten ge­wesen, ein solches Resultat aber hat man nicht zu er­hoffen gewagt. – Hoffen wir, dass die Vorteile der beschlossenen Eisenbahnverstaatlichung nicht durch, zum Teil unausbleibliche Nachteile derselben (Verschuldung, kostbareren Betrieb etc.) verschlungen werden.
  4. März Zur Erinnerung an die Kämpfe gegen die Franzosen, wurde an diesem Tage in Neuenegg eine grossartige Feier veranstaltet, an der auch ganze Schulen unseres Amtes und viele Bürger teilgenommen haben.
  5. März Von 258 Anwesenden wird mit 258 Stimmen an der heutigen Gemeindeversammlung Plan und Devis für die neue Ryffenmatt – Ottenleuenstrasse (über Schwarzenbühl) ange­nommen, hiezu einen Beitrag von Fr. 5’000.– und unentgeltliche Ueberlassung des erforderlichen Terrains auf der Allmend be­schlossen.

1898

  1. Mai Das an Stelle des im Februar 1882 verbrannten, neu errichteten Wohnhauses im Gfell bei Rüschegg wird ein Raub der Flammen.
  2. Juni An diesem Tage wurde in Bern die neue Kornhausbrü[c]ke die eine Bogenlänge von 370 m aufweist und das zu­nehmende Quartier Beundenfeld mit den Militäranstalten mit der Stadt verbindet, eingeweiht. Abends prächtige Be­leuchtung der Brü[c]ke und Feuerwerk auf dem naheliegen­den Schänzli. In diesem Scheine, begünstigt von herrlichem Wetter, bietet die beflaggte Stadt dem Auge einen schönen Anbli[c]k.
  3. Juni Auf der Jungfraubahn diesem grosartigen Unternehmen, wurde laut Presse an diesem Tage die erste Probefahrt mit elektrischer Kraft unternommen. In diesem Monat erhielt Rüschegg eine von Hr. Joh. Zimmermann in Basel erbaute neue Kirchenorgel, welche die Gemeinde auf Fr. 4’500.— und ca. Fr. 500.— für den Um­bau der Kirche, zu stehen kommt.
  4. August Ein bewegter Ruhetag. Vormittags ertönt das Feuer­horn und die Schwendi-Spritze begibt sich auf die Brand­stätte auf den Fuhren, Gemeinde Wahlern. Abends ca. um 6 Uhr schlägt der Blitz in das Wohnhaus der Witwe Begert im Marchli und entzündet. Der tätigen Löschmannschaft (an der Spritze zog auch Hr. Johannes Gerber) drangen bei der in­folge starkem Gewitter früh eingetretenen Dunkelheit neue Alarmsignale zu Ohren. Der Blitz schlug auch in die Badhubel- oder Allmendhütte der Gemeinde Wahlern. Auch diese brannte bei strömendem Regen gänzlich nieder. „Du sollst den Tag nie vor dem Abend loben“, dieser morgenschöne Sonntag wurde arg getrübt, und die zahl­reichen Ausflüger, die auch aus andern Gemeinden unsern An­höhen einen Besuch abstatteten, mussten teilweise Zeugen dieser Trübungen sein, denn das Gewitter ist ganz plö[t]zlich, (kaum schien noch die Sonne) hereingebrochen und hat auch ihrer gewiss viele überrascht.
  5. Oktober In seinem 67. Lebensjahr verstarb heute in Eisengruben Gemeinderat Christian Stoll, ein allgemein geachteter und beliebter Bürger. Unserer Gemeinde hat der Verstorbene grosse Dienste ge­leistet, als Gemeindekassier {Sekelmeister)) und Schulkommissionspräsident, Beamtungen die er seit Jahre inne hatte, ganz besonders. Sein freundliches und friedliches Wesen, sein unparteiisches Wirken und sein gerader Charakter machten ihn zum Manne. Seine Kenntnisse be­fähigten ihn zu manchem guten Ratschlage, für die wir ihm herzlich danken.

1898

  1. Novemb. Der auf 3 1/2 Uhr nachmittags vorausgesagte Zusammenstoss zweier Himmelskörper, der den Welt­untergang zur Folge haben sollte, ist wenigstens mit diesen Konsequenzen nicht eingetreten. Es gibt eben noch vieles, das sich der Berechenbarkeit durch die gegenwärtigen Menschen entzieht. Die Arbeiten an der neuen Ottenleuestrasse, deren Kosten auf Fr. 75’000.– devisiert wurden, sind schon ziemlich vorgeschritten (Unternehmer: Hr. Jakob Keller aus Bern).
  2. Februar  Sonderbarer Anbli[c]k, sonderbares Treiben! Auf einem Umkreis von kaum einer halben Stunde sieht man die Leute bis jetzt eingeschneiten Haber räumen, andere pflügen und andere durch Schneeschaufeln die ver­wehten Strassen öffnen, Reiche Abwechslung!
  3. Februar Denkwürdiger Tag der Abstimmung über das Bundes­gesetz betreffend den Rü[c]kkauf der Eisenbahnen. Das­selbe mit 386’634 gegen 182’718 Stimmen, im Kt. Bern mit 125’942 Stimmberechtigten von 74’287 gegen 20’019 Stimmen angenommen. Wohl selten wird eine Abstimmung eine derartige Beteiligung aufweisen und wohl selten der Kt. Bern eine solche entschiedene Stellung einnehmen. Es ist angesichts des schweizerischen Gegenstandes, verhandelt und besprochen in zahllosen Versammlungen in der gan­zen Schweiz, eine rege Stimmbeteiligung zu erwarten ge­wesen, ein solches Resultat aber hat man nicht zu er­hoffen gewagt. – Hoffen wir, dass die Vorteile der beschlossenen Eisenbahnverstaatlichung nicht durch, zum Teil unausbleibliche Nachteile derselben (Verschuldung, kostbareren Betrieb etc.) verschlungen werden.
  4. März Zur Erinnerung an die Kämpfe gegen die Franzosen, wurde an diesem Tage in Neuenegg eine grossartige Feier veranstaltet, an der auch ganze Schulen unseres Amtes und viele Bürger teilgenommen haben.
  5. März Von 258 Anwesenden wird mit 258 Stimmen an der heutigen Gemeindeversammlung Plan und Devis für die neue Ryffenmatt – Ottenleuenstrasse (über Schwarzenbühl) ange­nommen, hiezu einen Beitrag von Fr. 5’000.– und unentgeltliche Ueberlassung des erforderlichen Terrains auf der Allmend be­schlossen.
  1. Mai Das an Stelle des im Februar 1882 verbrannten, neu errichteten Wohnhauses im Gfell bei Rüschegg wird ein Raub der Flammen.
  2. Juni An diesem Tage wurde in Bern die neue Kornhausbrü[c]ke die eine Bogenlänge von 370 m aufweist und das zu­nehmende Quartier Beundenfeld mit den Militäranstalten mit der Stadt verbindet, eingeweiht. Abends prächtige Be­leuchtung der Brü[c]ke und Feuerwerk auf dem naheliegen­den Schänzli. In diesem Scheine, begünstigt von herrlichem Wetter, bietet die beflaggte Stadt dem Auge einen schönen Anbli[c]k.
  3. Juni Auf der Jungfraubahn diesem grosartigen Unternehmen, wurde laut Presse an diesem Tage die erste Probefahrt mit elektrischer Kraft unternommen. In diesem Monat erhielt Rüschegg eine von Hr. Joh. Zimmermann in Basel erbaute neue Kirchenorgel, welche die Gemeinde auf Fr. 4’500.— und ca. Fr. 500.— für den Um­bau der Kirche, zu stehen kommt.
  4. August Ein bewegter Ruhetag. Vormittags ertönt das Feuer­horn und die Schwendi-Spritze begibt sich auf die Brand­stätte auf den Fuhren, Gemeinde Wahlern. Abends ca. um 6 Uhr schlägt der Blitz in das Wohnhaus der Witwe Begert im Marchli und entzündet. Der tätigen Löschmannschaft (an der Spritze zog auch Hr. Johannes Gerber) drangen bei der in­folge starkem Gewitter früh eingetretenen Dunkelheit neue Alarmsignale zu Ohren. Der Blitz schlug auch in die Badhubel- oder Allmendhütte der Gemeinde Wahlern. Auch diese brannte bei strömendem Regen gänzlich nieder. „Du sollst den Tag nie vor dem Abend loben“, dieser morgenschöne Sonntag wurde arg getrübt, und die zahl­reichen Ausflüger, die auch aus andern Gemeinden unsern An­höhen einen Besuch abstatteten, mussten teilweise Zeugen dieser Trübungen sein, denn das Gewitter ist ganz plö[t]zlich, (kaum schien noch die Sonne) hereingebrochen und hat auch ihrer gewiss viele überrascht.
  5. Oktober In seinem 67. Lebensjahr verstarb heute in Eisengruben Gemeinderat Christian Stoll, ein allgemein geachteter und beliebter Bürger. Unserer Gemeinde hat der Verstorbene grosse Dienste ge­leistet, als Gemeindekassier {Sekelmeister)) und Schulkommissionspräsident, Beamtungen die er seit Jahre inne hatte, ganz besonders. Sein freundliches und friedliches Wesen, sein unparteiisches Wirken und sein gerader Charakter machten ihn zum Manne. Seine Kenntnisse be­fähigten ihn zu manchem guten Ratschlage, für die wir ihm herzlich danken.
  6. Novemb. Der auf 3 1/2 Uhr nachmittags vorausgesagte Zusammenstoss zweier Himmelskörper, der den Welt­untergang zur Folge haben sollte, ist wenigstens mit diesen Konsequenzen nicht eingetreten. Es gibt eben noch vieles, das sich der Berechenbarkeit durch die gegenwärtigen Menschen entzieht. Die Arbeiten an der neuen Ottenleuestrasse, deren Kosten auf Fr. 75’000.– devisiert wurden, sind schon ziemlich vorgeschritten (Unternehmer: Hr. Jakob Keller aus Bern).

1899

1./2. Januar  Es dürfte zu den Seltenheiten gehören, dass man zu dieser Jahreszeit den Donner wie im Sommer rollen hört. Es war dies ein ungewohnter Neujahrsgruss.

  1. Januar An der Gemeindeversammlung beschlossen die anwesen­den 187 Stimmberechtigten einstimmig für die Bern-Schwarzenbugbahn Aktien im Betrage von Fr. 25’000.–zu übernehmen. Diese Einigkeit wird selbst in den direkt interessierten Gemeinden kaum vor­kommen .
  2. Juni Der Schweiz. Bundesrat wählte an Stelle des ver­storbenen Hrn. Ziegler zum Oberfeldarzt unserer Armee, Oberstlieut. Alfred Mürset, der uns als in Schwar­zenburg stationiert gewesener Arzt und als öfterer Gast in unserer Gemeinde (Ottenleue oder Guggisberg) wohl bekannt ist.

Juli Nun sind es 25 Jahre, dass Herr Pfarrer J. Hub­schmied als Seelsorger in der Gemeinde Rüschegg wirkte. Zu Ehren des Jubiläums wurde eine kleine Feier ver­anstaltet und demselben als Zeichen der Dankbar­keit namens der Gemeinde ein Regulator (Uhr) mit einer kunstgerecht angefertigten Widmungs­tafel übergeben. Ehre solchen Männern! Diesen Sommer findet in Bern das dritte eidgenössische Sängerfest statt. (1. ao. 1848, 2. 1864). Schade, dass unser Zelgpeter nicht zur Teilnahme bewogen werden konnte; der reinen Stimme eines altersgrauen Mannes wäre ein Preis gewiss

  1. August  Aussergewöhnlich starker Schneefall. Viel Bergvieh wird infolge eingetretener Kälte und Futtermangel herun­ter geholt. In mancher Weide gab es auch 2 Tage lang kein schneefreier Fle[c]ken, kein Wunder, dass da der Hirt auf Wegnahme der Tiere drängt, denn nicht jeder kann über einen entsprechenden Heustock verfügen.
  2. Sept. An diesem Tage wurde die elektrische Bahn, die auf den 860 m über Meer gelegenen, viel besuchten Aussichts­punkt bei Bern, den Gurten führt, eröffnet.

6, Dezbr. Verstarb im Alter von 63 Jahren Ulrich Zbinden im Ried (genannt Gehlismatter), bekannt als erfahrener Hengstenhalter.

ab dem Jahr 1900

1900

  1. Januar Die Landwirtschaftsdirektion gestattet, dass Köniz, welches von der Maul- und Klauenseuche heimgesucht wurde, wie­der Schule und Gottesdienste halte.
  2. April Verstarb im Ottenleuebad im Alter von blos[s] 44 Jahren Frau Rosalie Schmutz, geb. Meister, eine tüchtige Frau, unter Hin­terlassung mehrerer unerzogenen Kinder.
  3. Mai Fast sträubt sich die Feder, den an diesem Tage in Aekenmatt begangenen vierfachen Mord zu schildern und beschränkt sich daher dieses Niederschreiben auf das rein äussere Vorgehen. Christian Binggeli, Landwirt in Aekenmatt, tötete offenbar im Zustande höchster Aufregung, in Abwesen­heit seines Bruders und Hausgenossen, seine Mutter, seine Frau, seine Schwägerin und sein einjähriges Söhnlein. Der Täter selbst flüchtete sich nach dieser scheusslichen, ruch­losen Tat, wurde dann aber in Burgdorf, wo er übernachte­te, von den Polizeiorganen gefangen genommen und nach Bern transportiert. – Wie verlautet, soll er nun vor­läufig zur Beobachtung seines geistigen Zustandes in die Irrenanstalt Münsingen verbracht werden. Diesen Sommer wird die Korrektion der Schwarzenburg – Schönentannenstrasse ausgeführt. Infolge seiner Wahl nach Bern, in den Dienst der Evangelischen Gesellschaft, verlässt uns diesen Herbst nach fast 20 jähriger Tätigkeit in unserer Gemeinde, Herr Pfarrer Friedrich Gerber. Wenn auch hier die Parole gilt: „Allen Menschen recht getan, ist ein Tun das niemand kann“, so haben wir doch Hrn. Pfarrer Gerber als freundlichen, pflichtbewussten und tüchtiger Seelsorger kennen gelernt, der seiner Aufgabe mit grossem Eifer lebte und wirkte. Wir ha­ben allen Grund ihm für sein reichliches Wirken und seine Ausdauer unsern Dank auszusprechen, hat er doch nichts un­terlassen, was man ihm zumuten durfte. Möge seine Aus­saat nun auch gute Früchte tragen. An Stelle wählte die Gemeinde Hrn. Pfarrer Lutstorf, aus Bern.

1901

  1. Februar Heute ist Frau Anna Zbinden, geb. Aebischer, auf dem Feld, Mitglied des Frauenkomite[e]s in ihrem 38. Lebensjahr, mit Hinterlassung ihres Gatten und einer Anzahl unerzogener Kinder, an einem Hirnschlag gestorben.
  2. März Nach ganz kurzem Krankenlager ist heute Hr. Karl Maron, Lehrer in der Schwendi, einer heftigen Lungenent­zündung erlegen. Diese Woche hat er noch, wenn auch leidend und erschöpft, das Schulexamen abgehalten und nun liegt er schon starr und bleich im Sarge. Er stand im 61. Lebensjahre und hat 44 Jahre lang als pflicht­getreuer, wohlwollender Lehrer, vorerst in Kriesbaumen und seit beinahe 40 Jahren in der Schwendi, unserer Ge­meinde, speziell aber der Jugend seine Dienste gewid­met; eine Ausdauer, in seinem gewiss nicht leichten Lehramte, die wirklich unsere Bewunderung verdient. Eine grosse Teilnehmerzahl begleitete den Leichnam auf den Friedhof, wo ihm der Lehrerverein ein er­hebendes Lied widmete und zwei seiner Kollegen, sowie ein ehemaliger Schüler, ihm warme Dankes­worte nachrufen. Lehrer Maron ist zur wohlverdienten Ruhe eingegangen.
  3. Mai Heute gelangte vor das Bernervolk die Vorlage, ob der Staat die Bern – Schwarzenburgbahn mit Fr. 500’000.–  subventionieren wolle, zur Abstimmung. Das Ergebnis war folgendes: In Guggisberg 269 Ja und – man staune – kein einziges Nein, eine Einheitlich­keit, die keine unserer Nachbargemeinden aufzuwiegen ver­mag, Überhaupt im ganzen Kanton nicht vorkam und höchst selten je in einer Gemeinde vorkommen wird; ist es nicht erfreuend, keine einzige Stimme der Verbitterung und des Misstrauens zu sehen? Ich denke doch! Das Endergebnis im ganzen Kanton war 26’854 Ja und 10’590 Nein; eine schöne Mehrheit, wenn wir es auch dem Jura, der speziell dagegen stimmte, nicht hoch anrechnen können, dass er, weil ihm durch diese Bahn keine Vorteile zukommen, eine solche Stellung einnimmt; schnöder Partikularismus!
  4. Juni Verstarb auf dem Bühl im Alter von 54 Jahren Christ. Michel, ein bekannter Schuster.
  5. Juni Starker Schneefall, das Gras wird förmlich zu Boden gedrü[c]kt. Die dieser Tage hier vorbeimarschierte und eine Nacht in Guggisberg, Ryffenmatt und Ottenleue cantonnierte [= einquartierte] Infanterie-Rekrutenschule 2/III hat mit Mühe den Gantrisch-Pass (Leiter) überschritten. Die auf diesen Ausmarsch mitgenommenen Gamaschen kamen ihnen wohl. In viele  Bergweiden muss Futter geführt werden, denn das arme Vieh, das 3, stellenweise 4 Tage in den Ställen bleiben muss, leidet vielerorts grossen Hunger.
  6. Juni Endlich schlägt das Wetter um, 23 Tage lang war es jetzt kalt. Sobald die Sonne nicht schien frierte man und nicht selten waren, ausser dem denkwürdigen Mor­gen vom 20. dies., Egg und Schwendelberg weiss.
  7. Juli Wurde die direkte Bern – Neuenburgbahn eröffnet.
  8. August An diesem Tage wurde das erste Teilstü[c]k der Gürbetalbahn eingeweiht, so dass nun auch das Nachbaramt Seftigen direkt mit der Hauptstadt verbunden ist. Allerdings hat es auch schon seit der 80er Jahren da­für gearbeitet.
  9. September Verstarb im hohen Alter von 88 Jahren und 7 Monaten Johann Zbinden auf dem Feld (genannt Fähl-Hans), ein in jüngeren Jahren strebsamer, gutherziger Bürger, der viel empfangen, aber auch viel gegeben hat und manchen guten Rat erteilte. Bis vor 2 Jahren war er auch immer rüstig und frohen Muts, ist nun aber ermattet, in Zufriedenheit und Gottvertrauen entschlafen.
  10. September Mit Rü[c]ksicht auf Sitten und Gebräuche in andern Ge­meinden, hat der Kirchgemeinderat auf die Mitteilung hin, dass sich namentlich Fremde, die unsere Gemeinde besuchen, an der bestehenden Uebung stossen, beschlossen der Gemeinde ans Herz zu legen, in Zukunft beim Ver­lassen der Kirche nach dem Gottesdienste, den Frauen den Vortritt zu gestatten in der Weise, dass die Männer erst nach denselben hinausgehen. Dieser Beschluss ent­spricht den modernen Anschauungen und wird sicherlich keinem Widerstande begegnen, da man auch weiss, dass die Frau nach der Predigt zu Hause noch ordentlich zu tun und daher keine Zeit zu verlieren hat.
  11. September Wird mit dem Bau des zweiten Teilstü[c]kes der Gürbethalbahn, Pfandersmatt – Thun begonnen. Unsere Nachbargemeinde Rüschegg und Wahlern haben die Anschaffung neuer Kirchenglo[c]ken beschlossen, welche die bekannte Giesserei Firma Rüetschi in Aarau giessen wird. Rüschegg erhält gleichzeitig (notgedrungen) einen neuen Kirchturm und auch eine neue Turmuhr.
  12. April Der Grosse Rat verschiebt die Behandlung der Tracefrage der Schmalspurbahn Bern – Schwarzenburg und beschliesst, nach Antrag der Baudirektion, die Ein­holung eines Gutachtens über die Möglichkeit, der Erstellung einer Normalbahn. Zweifellos erleidet die Angelegenheit hiedurch eine Verzögerung, ob in ihrem Interesse, sind wir nicht kompetent zu entscheiden. Wiederum haben wir einen nassen, kalten Früh­ling, erst am 23. Mai schlägt die Temparatur um und zu dieser Zeit ist die Nordseite der Egg noch eine schneebede[c]kte Fläche, fast ohne Fle[c]ken. Es muss hier doch erwähnt werden, dass in der Nacht vom 30. April auf 1. Mai das Hauptgebäude des Gurnigelbades ein Raub der Flammen geworden ist. Oestliche Teile unserer Gemeinde wurden zum Schre[c]ken der erwachenden Einwohner ganz behellt.

 

1902  

Der Grund dieser Katastrophe ist noch nicht‘ genau bekannt. Es heisst, das Feuer sei von einem Zimmer, in dem Tape­zierer tags zuvor arbeiteten und angeblich beizten, ausgegangen. Direktor Hoffmann und sein Personal wollen wir nicht beschuldigen, ein Vorwurf darf ihnen aber doch gemacht werden, wenn es, wie bestimmt be­hauptet wird wahr ist, dass ein oder zwei Hydran­ten infolge Fehlerhaftigkeit nicht gebraucht werden konnten. Allerdings wird es auch an geeignetem ge­nügenden Personal gefehlt haben. Der Brand dieses Etablissementes schädigt auch unsere Gegend.

  1. Mai In Schwarzenburg wird das Kreisgesangfest abge­halten, wozu das ganze Dorf schön dekoriert wurde und so im Festschmu[c]k steht.
  2. Juli Der Verwaltungsrat vom Gurnigel wird von der heutigen Aktionärversammlung ermächtigt, Massnah­men für einen Neubau von ca. 400 Betten zu tref­fen. Wir vernahmen mit Freude, dass nach einigem Zögern an einem Wiederaufbau gearbeitet wird.
  3. Juli Morgens um 1 Uhr stand der Bahnhof in Bern neuer­dings in Flammen. Der einfahrende Nachtzug hat das Notsignal gegeben. Die Halle wurde arg beschädigt und das Türmchen zerstört. Die Billeteure stehen heute wie der mittelalterliche Banquier am Wechseltisch (banca) mit Tischen in den Gängen, während die Räumungs- & Wiederaufbau-Arbeiten in vollem Gange sind.
  4. August Pfeife und Horbühl sind schon wieder überschneit. Der Schnee wird geradezu im Sommer ein häufiger Gast.
  5. Oktober An der Kirchgemeindeversammlung wird die Erwerbung des Kirchenchores um einen Abtretungspreis von Fr. 1’500-genehmigt, womit das eigentümliche Besitzerverhältnis an der Kirche gelöst und wie man hofft, die Gemeinde besser gestellt ist! Diesen Monat wurde das Teilstü[c]k Pfandersmatt – Thun der Gürbethalbahn eingeweiht. Am 22. Oct. verstarb Bundes rat Hauser in Bern.

1903

11./12. Januar wurde der Schmied Robert Beutler im Laubbach auf die brutalste Art getötet und mit ganz entstelltem Gesicht aufgefunden. Dem Mörder ward man bald auf der Spur, es ist der Zimmermannsgeselle Christian Götschmann, ein jüngerer Mann, der nach einem Wort­wechsel in der Wirtschaft zur Gehlismatt den heimkehren­den Beutler verfolgte und auf solche Art traktierte. Es geht auch das Gerücht von Gehilfenschaft oder Anstif­tung, harrt aber noch der Aufklärung. Götschmann, ein brutaler Mensch, ist verhaftet und wurde in Un­tersuchungshaft geführt.

  1. April Am Morgen wird in einem Cementbrunnentrog in Gambach der ledige Peter Burri (Simmes) ertrun­ken aufgefunden. Von der Wirtschaft nachts heimkehrend wird er Wasser haben trinken wollen und ist wahr­scheinlich ausgeglitscht. Der Alkohol wird ihm genügen­de Kraft und Geistesgegenwart entzogen haben.
  2. Juni Gemeindeschreiber Schärer von Gerzensee, ein tüchti­ger Mann, der gute Wahlaussichten hatte, ist auf einem Ausflug, den er mit andern Herren durch das neue Forstgebiet mitmachte, auf Seuftenen, nahe der Ottenleuestrasse infolge Herzschlag eingesunken und gestor­ben. Sein Leichnam soll noch heute Abend abgeholt und nach Gerzensee überführt werden.
  3. Juni Herr Pfarrer Hoffmann von Albligen, ein hoffnungs­voller und populärer junger Geistlicher, ist durch Hilfs­kolonnen, an denen sich auch Hr. Professor Brükner aus Bern beteiligte, im Kaiseregg-Gebiet tot aufgefunden worden. Pfr. B., der zu Studienzwe[c]ken für die Doktor­dissertation (er war auch Sekundärlehrer) sich ins Gebirge be­gab, muss von der Nacht ereilt, oder vom Nebel umgeben vom richtigen Wege abgekommen und abgestürzt sein. Sein längeres Ausbleiben veranlasste sofortige Aufsuchungsver­suche und Entsendung genannter Hilfskolonnen, aber es war leider zu spät, denn der Tod hat den Unglü[c]klichen jähe ereilt. Es soll für den nach menschlichem Ermessen viel zu früh Verstorbenen in Albligen ein Trauergottesdienst abgehalten und die erstarrte Hülle nach Biel, wo seine Angehörigen, aus­genommen die tiefbetrübte Mutter, die ihrem Sohn nach Albligen folgte, wohnen, übergeführt werden. Nachdem schon die Zeit vom 1. – 10. September eine wahre Hitzperiode war, der allerdings dann kühle, regnerische Tage folgten, geniessen wir seit Ende gleichen Monats wieder aussergewöhnlich warme Herbsttage. Am 7. Oktober nachmittags 1 Uhr zeigt das Thermometer an der Sonne, d.h. dieser letzteren ausgesetzt 41° C = 37° R, also trotz dem Sommer.

Wie erschre[c]kend solche Nachrichten wirken ist begreiflich, besonders wenn sie noch aus einem Gebiet wie der Egg, herkommen. Der hoffnungsvolle Herr Bieri, der erst vor wenigen Tagen seine Doktordissertation bei der philosophischen Fakultät eingereicht hat, wurde von zwei Candturbrüdern aus der Studentenverbindung Hallerania in Bern, mit einem Leichenwagen am 5. August abgeholt und in Bern am 7. gleichen Monats, gerade [an] seinem Geburtstage, nach einer Leichenfeier im Burgerspital und zahlreicher Begleitung auf den Friedhof, der stillen Erde übergeben. Für die nicht begüterten Eltern ist dies ein äusserst herber Schlag und für die Kantl. Lehrerbildungsanstalt der jähe Tod des trefflichen jungen Gelehrten und Lehrer, ein empfindlicher Verlust.

  1. August  Endlich fällt wieder einmal erspriesslicher Regen. Man kann wohl sagen, es war die höchste Zeit, denn bereits hört man von allen Seiten her Klagen über die Trocken­heit und dies nicht ohne Grund. Manche Wiese sieht öde und dürr aus, das erforderliche Gras zur Stallfütterung beginnt zu fehlen, seit etlichen Wochen musste man schon mit Heu nachhelfen und vielerorts treibt man schon das Vieh auf die Weide. Der Emdertrag ist, wenn auch qualitativ gut, quantitativ gering, da wo nicht früh geheuet wurde, lohnt es der Mühe nicht zu mähen. Mancherorts beginnt der Wasser­mangel, denn seit dem 14. Juni ist nie ergiebiger Regen gefallen, auch der Gewitterregen ist hier ausgeblie­ben und Ost- und Westwinde haben die Erde stark aus­getrocknet. Alle Wetterzeichen trügten und den Wetter­propheten, die grösstenteils einen nassen bis kalt­nassen Sommer ankündigten, spricht die Tatsache Hohn. Für ihre Mühe und Arbeit, die einige erwiesenermassen der Wetterkunde widmen, erhalten sie ein Schlag ins Gesicht. Der Chronikschreiber wird kaum fehlschlagen, wenn er behauptet, dass wohl nie eine vorzeitige, zuverlässige Wetterprognose aufgestellt werden kann, da hier zu viele ausserordentliche Faktoren, andere Windrichtungen etc. mitspielen. In Amerika hat es allerdings zu gleicher Zeit starke Regengüsse gegeben, was nützt es aber uns, dass die Prophezeiung „drüben“ zutreffen mag? Man behauptet allgemein, dass es so tro[c]ken oder trockener sei, wie Ao. 1893, nur fällt diese Zeit nicht auf den Vorsommer und zog daher die Kulturen nicht so arg in Mitleiden­schaft. Die Quelle der Gürbe im Neunenenberg ist gänzlich versiegt, was seit 1811 nicht mehr vorge­kommen sein soll und die, oft so hochgehende Emme weist bei Kirchberg ein tro[c]kenes Flussbett auf. Die Tro[c]kenheit ist, man kann wohl sagen in Europa allgemein, denn auch aus den Nachbarlän­dern vernimmt man die gleichen Klagen. Manche Ge­genden leiden natürlich noch weit mehr darunter als wir Guggisberger und besonders da, wo die En­gerlinge“ hausen, bieten die Felder ein trübes Bild. Hier sind die Feldarbeiten infolge des anhaltend schönen Wetters weit vorgerü[c]kt, denn zur Zeit (22. August) ist nicht nur das, allerdings spärlich gewachsene Emd grösstenteils unter Dach, son­dern auch das Getreide, ausgenommen der Hafer, der aber fast durchwegs nächster Tage folgen wird, so dass am „Schafscheid“ (heuer am 1. September) selten noch stehendes Getreide sich bli[c]ken lässt; eine Seltenheit!
  2. August Nun hat die Temparatur gewaltig umgeschla­gen, denn nach einem starken Sturm, der halbrei­fes Obst massenhaft auf den Boden schleuderte, zeigen uns heute bereits die Pfeife und der Seelibühl ihre schneebede[c]kten Spitzen. Nach einer solchen Hitzperiode wirkt diese plötzliche Kälte ganz empfindlich.
  3. Aug. Auf dem Schwendelberg hats geschneit.
  4. September Der Schafscheid, der an Umfang ganz enorm abge­nommen hat, ist ruhig verlaufen.
  5. September Die Arbeiten an der Bern – Schwarzenburgbahn werden von der Schwarzwasserbrü[c]ke hinweg aufwärts begonnen. (Unternehmer: Herr Nationalrat Bürgi, Bern). Damit ist auch für Schwarzenburg, als dem letzten Amtsbezirk im Kanton Bern eine Bahn sichergestellt. Wir haben gewiss auch die Berechtigung! Mit Freude sieht man den Neubau im Gurnigelbad emporwachsen.
  6. Sept. Der Grosse Rat fasst gemäss dem Antrag der Bau­direktion folgenden Beschluss: Dem Regierungsrat wird für den ohne Landentschädigungen auf Fr. 23’000.–voranschlagten Bau des 340 m langen Teilstü[c]kes der Kalkstetten – Guggersbachstrasse, sowie für den auf Fr. 57*000.~ veranschlagten Neubau der Sense-. brü[c]ke zu Guggersbach, für welche der Kt. Freiburg die Hälfte der Kosten übernimmt, zusammen ein Kredit von Fr. 51 ‚500.– 80% = Fr. 41’200.– bewilligt.(20% = Fr. 10’300.– übernimmt laut fol. 100 hiervor die Gemeinde, desgleichen die Landentschädigungen etc.). Die Bedingungen etc. sind der Gemeinde Guggisberg mitzuteilen … Die Kartoffelernte ist hier (wie nach den Zeitungen auch anderwärts) eine der ertragreichsten, deren man sich erinnern kann. Wie manche Familie sieht mit Freu­den den schönen Haufen! Auch die Obsternte ist verhältnismässig gut.
  7. Oktober  Sturm, der das noch nicht gefallene Obst zu Boden schleudert und den Bäumen ihre Blätter raubt. 9. Oktober Dieser Sturm endigte unter Zurü[c]klassung schneebede[c]kter Felder. Heute sieht es ganz winterlich aus, bis Heitenried sind die Dörfer weiss. Da man eine kalte Nach vermutet, sieht man die Leute Aepfel schütteln und im Schnee heraussuchen.
  8. November Das Haus zur Pfadscheuer verbrennt infolge Anfeuern mit Petrol durch einen vom Schlag gelähmten Mann (z’Mannlers) und 4 Schweine, nebst dem Mobiliar bleiben in den Flammen.
  9. November Im Ottenleue verunglü[c]kte und starb beim Manipu­lieren, d.h. Reinigen eines Revolvers, der 19 jährige Fritz Schmutz, Koch, Sohn des auch sonst mit Schi[c]k-salsschlägen heimgesuchten Landwirts.
  10. Dezember Der Kirchgemeinderat beschliesst, der Gemeinde von der Kanzel herab ans Herz legen zu lassen, an Leichengeleiten das Rauchen, welches in letzter Zeit hin und wieder vorge­kommen sei, zu unterlassen.

1904

  1. Januar Beim Führen von Tannästen verunglü[c]kte im Lonje der hoffnungs­volle Jüngling Gottfried Mischler, Ulrichs, vom Hinternholz. Er wurde vom Schlitten gegen das Ofenhaus geworfen und ward infolge förmlichem Zerdrü[c]ken alsbald eine Leiche. Ein harter Schlag für seine Angehörigen.
  2. Februar Ein äusserst starker Sturm, der alles verweht, jede Strasse ebnet, zahlreiche Bäume entwurzelt, etc., zieht durch unsere Gegend. Zum Unterschied vom letzten Decennium geniessen wir dieses Jahr wieder einmal echtes Frühlingswetter, die Temparatur sinkt nicht immer auf den Gefrier­punkt, wie z. Bsp.letztes und vorletztes Jahr. Die Frühlingsarbeiten werden nicht durch öftere Schneefälle unterbrochen und eine üppige Vegetation verleiht bald dem Auge reichen Farbenwechsel. Die Obstbäume blühen ausserordentlich stark, mancher Obstgarten bildet, von der Ferne gesehen, eine einzige weisse Rose. Von Futtermangel weiss man heuer im Vergleich mit den letztjährigen Frühlingszeiten nichts. Verhältnismässig früh beginnt der Mäher seine Sense zu schwingen, um dem teuren Vieh wohlschmeckende Nahrung zu bieten.
  3. Juni An der heutigen Einwohnergemeindeversammlung wird beschlossen, an die Baukosten für die neue Sense-brü[c]ke bei Guggersbach, nebst den rechtsufrigen Strassenteilkosten, von zusammen (laut Devis) Fr. 51’500.– 20% = Fr. 10’300.– beizutragen und sämt­liche Landentschädigungen mit allfälligen Rechts­kosten auf bernischem Gebiet zu übernehmen.
  4. Juli Während der Vorsommer noch hin und wieder Regen brachte und im „Landgricht“ der Heuet etwas hierun­ter litt, trat schon in der zweiten Hälfte Juni warmer Sonnenschein und damit richtiges Heuwetter ein. Ausgenommen während einer einzigen nebeligen und etwas regnerischen Woche, konnte hier das Heu durchwegs gut gedörrt werden und zur Zeit, da dies geschrieben wird (30. Juli) ist auch schon das Bergheu bereits alles unter Dach, oder wenigstens gesammelt; eine gewiss seltene Erscheinung. Heu gab es zur Ge­nüge und infolge der verhältnismässig frühen Räumung desselben, verspricht sich der Landwirt auch einen gu­ten Emdertrag, so dass an verschiedenen Orten um den hiezu nötigen Platz zu gewinnen, Tristen aus Heu erstellt wurden. Doch bereits macht sich infolge Aus­bleiben von Regen und Eintreten eines föhnartigen Windes eine empfindliche Tro[c]kenheit geltend, die dem Graswuchs hinderlich ist und gehegte Hoffnungen zer­stören kann.

Noch bleibt zu erwähnen, dass am 24. dies. Witwe Elisabeth Zbinden, geb. Zbinden, von Neuenmatt, nach 14 tägigem Leiden, in ihrem 76 ten Lebensjahr an einem Hirnschlag gestorben ist. Sie ist als letzte ihren Geschwistern, unter Hinterlassung v. sieben Kindern und einer grossen Anzahl Grosskinder und Urgrosskindern, nachgefolgt.

  1. August Während bei allerdings etwas zu starkem Wind und Auftre­ten von Gewitterwolken, die Bundesfeier auch hier zur Geltung kommt und sowohl Erwachsene als Kinder an Feuerwerk, Freudenfeuer und Fakelzügen sich ergötzen, läuft die Kunde ein, Niklaus Zwahlen, geb. 1868, wohnhaft an der untersten Seite, sei heute, als er mit seinem Brüder zum Mähen ausging, offen­bar von einem Hitzschlag getroffen, an steiler Halde auf einen Zaun gefallen. Der Tod trat augenblicklich ein, denn die Verletzungen am Kopfe waren derart, dass man sich sogar fragen musste, ob diese alle vom Sturze herrühren konnten und erst der herbeigerufene Hr. Professor Howald aus Bern, als Beamter der gerichtlichen Medizin, dies als zwei­fellos feststellte. Der Verstorbene hinterlässt seine Witwe und zur Stunde 5 unerzogene Kinder.
  2. August Schon wieder ereilt uns eine erschütternde Todesnachricht. Etwas nach 6 Uhr abends ist westlich dem Absturzgebiet an der Egg im Horbühl Hr. Gymnasiallehrer Robert Bieri, geb. 1878, Lehrer am Oberseminar in Bern, ca. 70 Meter hinuntergerutscht oder -gefallen und hat sich dabei der­art am Kopfe verletzt, dass er wahrscheinlich augen­blicklich sein Leben aushauchte und natürlich, als man etwa eine halbe Stunde später (auf Umwegen) zu ihm kam, keine Lebenszeichen mehr gab. Der Verunglü[c]kte war zur Zeit, als guter Bekannter der Familie Schmutz, Gast im Ottenleuebad. In Begleitung von zwei Damen, stattete er der Pfeife und Egg einen Besuch ab, hat sich dann an fraglicher Stelle, ohne Gefahr zu ahnen, jedoch wie gesagt werden muss, in fast unverantwortlicher Weise zu weit vorgewagt und hat dies leider mit dem Leben büssen müssen. Auf der fatalen Stelle soll er ausgeglischt oder gestrauchelt und damit in ein Absturzgebiet gefallen sein, das er allerdings nicht kannte und nicht ahnte.

Wie erschre[c]kend solche Nachrichten wirken ist begreiflich, besonders wenn sie noch aus einem Gebiet wie der Egg, herkommen. Der hoffnungsvolle Herr Bieri, der erst vor wenigen Tagen seine Doktordissertation bei der philosophischen Fakultät eingereicht hat, wurde von zwei Candturbrüdern aus der Studentenverbindung Hallerania in Bern, mit

einem Leichenwagen am 5. August abgeholt und in Bern am 7. gleichen Monats, gerade [an] seinem Geburtstage, nach einer Leichenfeier im Burgerspital und zahlreicher Begleitung auf den Friedhof, der stillen Erde übergeben. Für die nicht begüterten Eltern ist dies ein äusserst herber Schlag und für die Kantl. Lehrerbildungsanstalt der jähe

Tod des trefflichen jungen Gelehrten und Lehrer, ein empfindlicher Verlust.

  1. August  Endlich fällt wieder einmal erspriesslicher Regen. Man kann wohl sagen, es war die höchste Zeit, denn bereits hört man von allen Seiten her Klagen über die Trocken­heit und dies nicht ohne Grund. Manche Wiese sieht öde und dürr aus, das erforderliche Gras zur Stallfütterung beginnt zu fehlen, seit etlichen Wochen musste man schon mit Heu nachhelfen und vielerorts treibt man schon das Vieh auf die Weide. Der Emdertrag ist, wenn auch qualitativ gut, quantitativ gering, da wo nicht früh geheuet wurde, lohnt es der Mühe nicht zu mähen. Mancherorts beginnt der Wasser­mangel, denn seit dem 14. Juni ist nie ergiebiger Regen gefallen, auch der Gewitterregen ist hier ausgeblie­ben und Ost- und Westwinde haben die Erde stark aus­getrocknet. Alle Wetterzeichen trügten und den Wetter­propheten, die grösstenteils einen nassen bis kalt­nassen Sommer ankündigten, spricht die Tatsache Hohn. Für ihre Mühe und Arbeit, die einige erwiesenermassen der Wetterkunde widmen, erhalten sie ein Schlag ins Gesicht. Der Chronikschreiber wird kaum fehlschlagen, wenn er behauptet, dass wohl nie eine vorzeitige, zuverlässige Wetterprognose aufgestellt werden kann, da hier zu viele ausserordentliche Faktoren, andere Windrichtungen etc. mitspielen. In Amerika hat es allerdings zu gleicher Zeit starke Regengüsse gegeben, was nützt es aber uns, dass die Prophezeiung „drüben“ zutreffen mag? Man behauptet allgemein, dass es so tro[c]ken oder trockener sei, wie Ao. 1893, nur fällt diese Zeit nicht auf den Vorsommer und zog daher die Kulturen nicht so arg in Mitleiden­schaft. Die Quelle der Gürbe im Neunenenberg ist gänzlich versiegt, was seit 1811 nicht mehr vorge­kommen sein soll und die, oft so hochgehende Emme weist bei Kirchberg ein tro[c]kenes Flussbett auf. Die Tro[c]kenheit ist, man kann wohl sagen in Europa allgemein, denn auch aus den Nachbarlän­dern vernimmt man die gleichen Klagen. Manche Ge­genden leiden natürlich noch weit mehr darunter als wir Guggisberger und besonders da, wo die En­gerlinge“ hausen, bieten die Felder ein trübes Bild. Hier sind die Feldarbeiten infolge des anhaltend schönen Wetters weit vorgerü[c]kt, denn zur Zeit (22. August) ist nicht nur das, allerdings spärlich gewachsene Emd grösstenteils unter Dach, son­dern auch das Getreide, ausgenommen der Hafer, der aber fast durchwegs nächster Tage folgen wird, so dass am „Schafscheid“ (heuer am 1. September) selten noch stehendes Getreide sich bli[c]ken lässt; eine Seltenheit!
  2. August Nun hat die Temparatur gewaltig umgeschla­gen, denn nach einem starken Sturm, der halbrei­fes Obst massenhaft auf den Boden schleuderte, zeigen uns heute bereits die Pfeife und der Seelibühl ihre schneebede[c]kten Spitzen. Nach einer solchen Hitzperiode wirkt diese plötzliche Kälte ganz empfindlich.
  3. Aug. Auf dem Schwendelberg hats geschneit.
  4. September Der Schafscheid, der an Umfang ganz enorm abge­nommen hat, ist ruhig verlaufen.
  5. September Die Arbeiten an der Bern – Schwarzenburgbahn werden von der Schwarzwasserbrü[c]ke hinweg aufwärts begonnen. (Unternehmer: Herr Nationalrat Bürgi, Bern). Damit ist auch für Schwarzenburg, als dem letzten Amtsbezirk im Kanton Bern eine Bahn sichergestellt. Wir haben gewiss auch die Berechtigung! Mit Freude sieht man den Neubau im Gurnigelbad emporwachsen.
  6. Sept. Der Grosse Rat fasst gemäss dem Antrag der Bau­direktion folgenden Beschluss: Dem Regierungsrat wird für den ohne Landentschädigungen auf Fr. 23’000.–voranschlagten Bau des 340 m langen Teilstü[c]kes der Kalkstetten – Guggersbachstrasse, sowie für den auf Fr. 57*000.~ veranschlagten Neubau der Sense-. brü[c]ke zu Guggersbach, für welche der Kt. Freiburg die Hälfte der Kosten übernimmt, zusammen ein Kredit von Fr. 51 ‚500.– 80% = Fr. 41’200.– bewilligt.(20% = Fr. 10’300.– übernimmt laut fol. 100 hiervor die Gemeinde, desgleichen die Landentschädigungen etc.). Die Bedingungen etc. sind der Gemeinde Guggisberg mitzuteilen … Die Kartoffelernte ist hier (wie nach den Zeitungen auch anderwärts) eine der ertragreichsten, deren man sich erinnern kann. Wie manche Familie sieht mit Freu­den den schönen Haufen! Auch die Obsternte ist verhältnismässig gut.
  7. Oktober Sturm, der das noch nicht gefallene Obst zu Boden schleudert und den Bäumen ihre Blätter raubt.
  8. Oktober Dieser Sturm endigte unter Zurü[c]klassung schneebede[c]kter Felder. Heute sieht es ganz winterlich aus, bis Heitenried sind die Dörfer weiss. Da man eine kalte Nacht vermutet, sieht man die Leute Aepfel schütteln und im Schnee heraussuchen.
  9. Oktober Beim Strasseneinschnitt bei Kalkstätten verunglü[c]kte Fritz Egli, langjähriger Mühlenkarrer bei Hrn Walter, Müller in der Schermenmühle bei Bern. Derselbe wollte ein mit 6 Pferden bespanntes Fuder Mehl nach Guggisberg (für Bä[c]ker Hostettler) führen; er sass auf der linken Seite des Wagens auf einem Sitzbrett und wird wahrscheinlich eingeschlafen sein. Bei genanntem Strasseneinschnitt fuhr er zu nahe an den Felsen, so dass das Sitzbrett zerbrochen und Egli zwischen die Wagenbrü[c]ke und den Felsen gedrü[c]kt wurde. Der herbeigerufene Arzt konstatierte einen linken Oberarmbruch und innere Verletzungen, sowie wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung. Egli wurde nach Schwarzenburg in das Krankenhaus verbracht.
  10. Oktober Seit dem 10. Oktober haben wir wieder prächtiges Wetter, es ist eine wahre Freude auf den grünen Wiesen im warmen Sonnenschein das Vieh weiden und den Landwirt daneben aller­lei Arbeiten verrichten zu sehen. Treffen vielleicht die telesko­pischen Beobachtungen der Sonne und die theoretischen Berechnun­gen, wonach starke Fle[c]kenbildung des Sonnenkörpers eine Verringerung der ozeanischen Wasserdampfmassen und daher auch verminderte Depressionen zur Folge haben, zu?
  11. November Nach dreiwöchentlichem prächtigen Herbstwetter, welches der Land­wirt zu allerlei Vorarbeiten für den Frühling benutzte, tobt heu­te wieder ein starker Wind. Wenn er nur Regen brächte, damit die ausgetro[c]knete Erde noch vor dem Winter gelabt und da­durch die Brunnen gespiesen würden.
  12. Novb. Letzte Nacht wurde auch von Bürgern hies. Gemeinde in der Richtung gegen Thun eine starke Rötung wahrgenommen, was sofort auf einen Brandfall schliessen liess. Schre[c]ken durchzu[c]kte die Glieder, bei dem wütenden Sturm eventuell in einer grössern Ortschaft das Feuer sein verheerendes Werk treibend zu wissen. Heute trifft nun die Kunde ein, dass das heimeliche Lohnstorf in unserm Nachbaramt arg heimgesucht worden sei. Sieben Wohnhäuser sind total abgebrannt und wenn nicht die zahlreich eingetroffene Löschmannschaft mit ihren Spritzen alle Hebel zur Rettung in Bewegung gesetzt hätten, wäre das Unglü[c]k wohl noch grösser. Nicht geringe Mühe verursachte der Wassermangel, indem bis nach Mühlethurnen eine Leitung er­stellt werden musste, welche bei einer Länge von ca. 2 km ein­zig die Schläuche von 8 Spritzen in Anspruch nahm. Menschenleben sind nicht zu beklagen und auch das Vieh konnte gerettet werden, hingegen ist viel Mobiliar und grosse Vorräte verbrannt. Das Feuer soll in der Wohnung einer ärmern Familie ausgebrochen sein. Hoffen wir, dass den Obdachlosen reichlich gehol­fen werde.
  13. Novb. Im heutigen Anzeiger, wie in der Presse überhaupt erscheint ein Aufruf zu Gunsten der Brandbeschädigten von Lohnstorf.
  14. Novb. Abends fallen nach spärlichem Regenguss um so reichlicher die

Schneeflo[c]ken und nach kurzer Zeit ist alles weiss. Der Winter kommt uns ja um den 20. November herum nicht unerwartet, be­denklich aber ist, dass vorher kein Regen fiel, so dass die Quellen immer noch wenig Wasser liefern. Wenn nicht demnächst eine Schnee­schmelze eintrifft, sind die Folgen dieser Tro[c]kenheit unberechenbar, hört man doch schon jetzt, dass vielerorts die Brunnen am versiegen ­sind, wo man das sonst nie zu befürchten hatte.

  1. Novb. Heute früh brannte das Wohnhaus zur Radwende nieder. Die be­jahrten Eheleute Kohli, der Mann durch Gicht und die Frau infolge eines Schlaganfalles gelähmt, mussten durch dritte Personen aus dem brennenden Haus getragen werden. Ein fettes Schwein, zwei Ziegen und das Mobiliar blieb in den Flammen.
  2. Dezemb. Nachmittags von 3 Uhr an brannte in Obereichi (Wahlern) das unter Nr. 187 für Fr. 8’700– brandversicherte Bauernhaus des Bend. Blaser, Gemeinde­rat, bis auf den Grund nieder. Der Brand soll durch einen 3 jährigen Knaben (Grosskind des B.), der mit Zündhölzern bei einem Haufen Stroh hinter der Scheune (Bl. hatte soeben gedroschen) sich zu schaffen machte, verursacht worden sein. Das Sprichwort „ein Unglü[c]k kommt selten allein“, trifft leider auch hier zu. Beim Retten von Mobiliar aus dem brennenden Haus erlitt nämlich Blaser durch einen herabstürzenden Balken nebst Brandwunden einen Unterschenkelbruch, und eine verheiratete Tochter (Frau Bauen-Blaser) im Stiersa[c]ker [erlitt] beim Vernehme der Schreckensnachricht einen Schlaganfall.
  3. Dezember Nachmittags verunglü[c]kte bei Aekenmatt der am Baue der Bern -Schwarzenburgbahn beschäftigte Christian Zwahlen, indem beim Abgra­ben von Material sich eine grössere Erdmasse loslöste und in die Tiefe stürzend dem Z. ein Bein zerdrü[c]kte.
  4. Dezember Der spärlich gefallene Schnee wird durch Föhnwind und etwas Regen geraubt, was man nicht ungerne sieht, indem man sich dadurch etwelche Besserstellung der Brunnen verspricht. Das Wasser, dieses unentbehr­liche Element, wird mancherorts wie ein Kleinod behandelt und vor Verschwendung geschützt. Zu bedauern ist das arme Vieh, das an einigen Orten gewiss eher Durst als Hunger wird leiden müssen.
  5. Dezember In der Berner Volkszeitung (Redaktor: Nationalrat Ulrich Dürrenmatt, unser Gemeindebürger) erscheint als Korrespondenz ein längerer Artikel be­treffend Folgen der verwandtschaftlichen Beziehungen im Behördenwesen einer bernischen Landgemeinde, die sich offenbar auf unsere Gemeinde bezieht. Es wird darin dargetan, dass sowohl der Gemeinderat als auch der Regierungs­statthalter aus Verwandtschaftsgründen mehrerer Handänderungsverträ­gen die erforderliche Genehmigung namens minderjähriger Mitinteressenten nicht erteilen können. (Hier muss die Erbschaftsliquidation von Neuenmatt gemeint sein, wo eben die Mehrheit unseres Gemeinderates durch Verwandt­oder Schwägerschaft mitbeteiligt war). Der Artikel hebt aber auch hervor, dass die betreffende Gemeindeverwaltung wenigstens in materieller Be­ziehung keineswegs durch diesen sog. Familienrat benachteiligt werde, dass es vielmehr ein ehrendes Zeugnis sei, wenn Mitglieder einer Be­hörde jahrzehntelang für das Gemeindewohl wirken und wir diesen zu Dank verpflichtet seien.
  6. Dezember Heute nachmittags um 2 Uhr wies das Thermometer am Schatten + 5° C auf. Da kann man in der Tat nicht mehr von einem „stren­gen Winter“ sprechen.
  7. Dezember Westwind brachte uns vorerst Regen und dann Schnee, aber um 9 Uhr abends erhielte wir plötzlich Ostwind (Byse).

1905

  1. Januar Sonderbarer Temperaturwechsel. Heute weist nun das Thermometer -18° C auf; eine ganz respektable Kälte. Der eisige ‚Nordb bläst äusserst stark und unsere Strassen sind bereits unfahrbar. Der Neujahrsgottesdienst (der heuer auf einen Sonntag fällt) wird, von im ganzen 32 Personen be­sucht, im Schulhaus abgehalten. Mancher Groschen wird in dieser Festzeit wohl erspart und [bleibt] der Familie erhalten, sieht man doch nur grösstenteil Vertreter unserer Jungmannschaft „in Kragen gehüllt“ draussen im Schnee­gestöber wandeln. Mögen die Daheimgebliebenen im friedlichen Familien­kreise einen lohnenden Ersatz sonstiger Neujahrsfreuden finden!
  2. Januar Joh. Zbinden, geb. 1880, im Laubbach (genannt Hirschmatter) führte

mit einem Handschlitten Trämel vom Teufenbodenwalde nach der Laubbach­säge. In genanntem Walde an einem steilen „Kehr“ vermochte er den Schlitten nicht mehr zu bemeistern und wurde gegen eine Tanne ge­schleudert, wobei er einen komplizierten (offenen) Beinbruch erlitt. Die starke Quetschung hatte solche Blutungen zur Folge, dass Zb. wohl bald denselben erlegen wäre, wenn nicht möglichst rasches Unterbinden hätte erfolgen können. Der Verunglü[c]kte wurde gleichen Tags ins Bezirks­krankenhaus und am 15. Januar dann im Krankenwagen nach Bern transportiert, wo ihm leider alsbald das bereits empfindungslose Bein abgenommen werden musste.

  1. April Die Schützengesellschaft Ryffenmatt beteiligte sich mit trauerum­flortem Banner an der Beerdigung des in der Rekrutenschule I/3 plötz­lich erkrankten und verstorbenen Johann Hostettler, Gottliebs, von Schmiedehaüs, welcher noch ein Offizier, ein Unteroffizier und eine Gruppe seiner Kameraden beiwohnten.
  2. April Ostern Am Karfreitag schneite es, wenn auch nicht stark, so doch den ganzen Tag ohne Unterbruch, tags darauf war es fast gleich und auch heute überrascht uns alleweil ein Schneegestober. Am Schwendelberg siehts recht winterlich aus, geschweige von der Egg. Das Barometer zeigt noch tief und lässt einstweilen nicht viel besser hoffen; mancher Bauer wird prüfend seinen Heusto[c]k anschauen.

Des Morgens um 2 Uhr begegnete zu Unterbalm zwei hies. Bürgern ein Mann mit Ziehschlitten und Gepä[c]k. Seiner etwas auffallenden Nachtwanderung wegen zur Rede gestellt, gab der­selbe ausweichend Bescheid und verlangte unter (allerdings falscher) Namens- und Wohnortsangabe ungestörten Weiterzug. Später als er sich verfolgt sah, liess er seinen Schlitten im Stich und konnte entschwinden. Die heutigen Nachforschungen ergeben, dass fragliches Individuum höchst wahrscheinlich mit dem letzten Herbst in Wimmis aus dem Gefängnis entwichenen Gewohnheitsdieb Jon. Lauber identisch ist, sowie dass der Schlitten im Lauetli und die darauf gebundenen Betten im Schwarzenbühl vermittelst Einbruch entwendet worden sind.

  1. April Morgens ca. um 3 Uhr verspürte man hier ein Erdbeben, selbst noch „Hartschläfer“ sind darob erwacht. Drei Tage später berichten uns nun die Zeitungen, dass so ziemlich in der ganzen Schweiz diese „Rüttelung“ verspürt wurde, ja dass mancher­orts, namentlich im Wallis sogar dadurch Kaminstürze und anderer Schaden verursacht worden sei.
  2. Mai Heute verstarb in seinem 81 ten Lebensjahr Joh. Hürst, (Schüris Hans genannt) Briefträger in der Schwendi, der infolge seines langjährigen Postdienstes unsere Gemeinde mehrere tau­sendmal durchkreuzt hat und hier auch überall wohl bekannt war. Vom überaus flinken Boten, der lange noch die Postsachen in Schwarzenburg abgeholt hat, ist Hürst nun allerdings zum „Stuben­hüter“ geworden, gleichwohl aber bis an sein Lebensende aktiver Briefträger geblieben. Ein tüchtiger Gehilfe hat es ihm möglich ge­macht, wohl der älteste Briefträger unseres Landes zu sein.
  3. Mai Morgens sah es hier ganz winterlich aus. Schnee bede[c]kte neuerdings die Felder. Der Frühling war bis dato überhaupt nass und kalt, mancherorts gibts Futtermangel, da noch wenig Gras gewachsen und zur Weide zu schlechtes Wetter ist.
  4. Juni An der heutigen, von 108 Bürgern besuchten Gemeindeversammlung

wurde sozusagen einstimmig ein Antrag des Regierungsrates vom 3. April d.J. durch den bern. Grossen Rat am 15. Mai dahin genehmigte, betr. Kor­rektion, resp. Neubau der Schwarzenburg – Milken – Ryffenmattstrasse, ge­nehmigt. Mit dem Bau dieser Strasse wird der halsbrecherische Bühlholz­stutz dann den Fuhrwerkverkehr nicht mehr gefährden. Wohl nicht mit Un­recht schrieb dazu die Volkszeitung v. Ulrich Dürrenmatt: „Es taget im Bäreholz“. Als Gemeindeschreiber wählte die heutige Gemeindeversammlung den jungen Notar Arnold Kohli, Eduards, von der Schwendi. Dieses Jahr wurde in der Hirschmatt eine dritte Schulklasse eröffnet.

  1. Septb. Die Gemeindeversammlung beschloss die Errichtung eines zweiten Wahl- & Abstimmungslokals im Sangernboden für den Scheidwaldbezirk.

1906  

Vor Neujahr setzte mit Schneegestöber ein starker Ostwind (Beyse) ein. Die Neujahrspredigt war von blos[s] 18 Personen besucht, davon nur 3 Personen von ausserhalb dem Schulbezirk Guggisberg. An eine solche Kälte, – 17° R erinnern sich auch ältere Leute nicht, das Thermometer sank auf – 21° R.

  1. Febr. Plan und Devis für ein neues Schulhaus in der Hirschmatt werden von der Gemeindeversammlung genehmigt.
  2. März Unerwartet starb an einem Schlaganfall Christ. Zbinden, Gemeinderat

vom Feld, o. Fahl Christi, ein populärer Mann, der vor Jahren als künftiges  Gemeindeoberhaupte galt, auch in den Grossen Rat gewählt werden sollte, infolge einer Leidenschaft zum Alkoholgenuss aber leider früh geistig und körper­lich zerfiel. Auf Ostern konnte die neue, von der Firma Bär in Sumiswald erstellte Kirchenturmuhr ihre „Laufbahn“ antreten, das alte Uhrwerk war ganz ausgelaufen und nicht mehr reparaturfähig.

  1. Mai Im Ried bei Plaffeien brach eine Feuersbrunst aus, die sich, ehe die Hülfeleistenden es ahnten, bei starkem Wind schnell dem Dorf Plaffeyen sich mitteilte und dieses Dorf fast ganz, auch die Kirche etc. ein­äscherte. Eine wüste Trümmerstätte, zahlreiche obdachlose Familien etc. waren die Folgen. Eine Liebesgabensammlung tut dringend not.
  2. Juni Die Gemeindeversammlung stimmt einem Regierungsratsbeschluss vom 2. Mai d.J. betr. Fortsetzung der Guggersbachstrasse zu.
  3. Juni und sogar auch am 3. Juli hiess es den Ofen heizen. Die Witterung ist nasskalt und man bangt für die Heuernte.
  4. Juli Hochwasser im Amtsbezirk Thun, die Zulg & der Hünibach richteten beträcht­lichen Schaden an.
  5. August  Am Abend brach infolge Heisslaufen einer Maschine in der Schreinerei des

Karl Hostettler in der Schwendi Feuer aus, das sich in den dürren Schindeldächern der Nachbarhäuser trotz verzweifelten Anstrengungen der Feuerwehrleute und Dorfbewohner rasch mitteilte, so dass ausser der Lebenden in ein­zelnen Häusern sozusagen nichts, in andern nur wenig Mobiliar gerettet werden konnte. Der nördliche Teil des Dörfchens mit Aus­nahme eines Speichers stund bald in Flammen, 9 Wohnhäuser wur­den eingeäschert. Zahlreich fanden sich auch aus Nachbargemeinden die Feuerspritzen ein, aber leider zu spät. Die grosse Hitze machte es unmöglich in der Nähe der Feuerherde tätig zu sein, so dass z.Bsp. auch mehrere Meter von den Gebäuden weg ein beladener Grasschneggen, eine Milchtanse auf dem Wege zur Käserei mit dem Karren zu Grunde ging. Dem Chronikschreiber wird der letzte Gang durch eine Wohnstube, von der die Fensterscheiben unter den Feuerwallen vom Dach her schon klirrten, in der Stube aber noch alle Gegenstände geordnet an ihren Plätzen stunden und dem verheerenden Element preisgegeben werden muss­ten, unvergesslich bleiben. Zum Teil ist der beträchtliche Schaden durch Versicherung gedeckt, für einige Familien soll aber eine Liebesgabensammlung die erste finanz. Hilfe bringen.

  1. Oktober Ist die neue Guggersbachbrücke, eines der ersten Bauwerke im Kt. Bern in armiertem Beton, eingeweiht worden.
  2. Oktober Verstarb an der Kirchhalten, Gde. Wahlern, der auch in hies. Gemeinde wohlbekannte Zimmermeister Jon. Remund, der 120 Neubauten über­nommen & überwacht haben soll. Der Oktober war laut Mitteilungen der meteorologischen Anstalt in Zürich der wärmste Monat seines Namens seit 150 Jahren.
  3. Novbr. Wohl als Folge der Witterung im Oktober konnte man an einzel­nen Birnbäumen nebst Früchten auch vollkommene Blüten sehen. (Sog. Fleischbirnbaum i.d. Schwendi, Neutriebe infolge des Brandes)
  4. Dezember Nachts brannte aus unbekannter Ursache im Schwarzenbühl die alte Hütte (durch Rud. Hänni sind dort auch Zimmer eingebaut worden), versichert für Fr. 11’600.–nieder; selbst Knechte in der andern Hütte merk­ten nichts davon.

1907

Am 5. März 1907 hat der Verwaltungsrat der Bern-Schwarzen-burgbahn die Eröffnung definitiv auf 1. Mai festgesetzt. Die Baurechnung vom Jahre 1898 bis 31. Dezbr. 1906 weist im ganzen Fr. 1’419’649.– auf; die Schwarzwasserbrücke kostete Fr. 296’000.–

  1. März Kurz vor 8 Uhr A.[bends] ging im Ried bei Ryffenmatt Feuer auf. Das unter Nr. 50, 50a & 50b zusammen für Fr. 4’700.– versicherte Wohnhaus wurde ganz eingeäschert, hingegen gelang es die Nachbarhäuser zu erhalten (im ersten Moment durch energisches Bewerfen mit Schnee).
  2. April Die Gemeindeversammlung genehmigte das Reglement betr. Beobachtung [ Beachtung] der Sonntagsruhe sowie ein Reglement betr. das Friedhof und Begräbniswesen (veranlasst durch Vorkommnisse beir Kindesleiche Sophie Zbinde).
  3. Juli In der Ringgenmatt bei Schwarzenburg erschlug der Blitz den 36 jährigen Vorarbeiter Friedrich Staudenmann, der ein eisernes Winkelmass in der Hand hielt. Daneben stehende Zimmerleute wurden auch zu Boden geschleu­dert, nahmen jedoch keinen Schaden.
  4. Septbr. Beir alten Schwarzwasserbrücke spielt sich- eine Familientragödie ab, wobei als Schuldiger ein Jakob Gurtner genannt wird.
  5. Novbr. In den Aspen, Gde. Rüschegg verstarb Johann Glaus im Alter von über 80 Jahren. Vor zirka 2 Jahren hat derselbe sein Amt als Gemeinderatspräsident, welches er mehr als ein Vierteljahrhundert bekleidet hat, abgegeben. Wer hätte im Amt und noch darüber hinaus die grosse, gesunde Gestalt dieses Biedermannes nicht gekannt! In den Jahren 1858/59 war derselbe noch Mitglied des Gemeinderates von Guggisberg, seit 1860 gehörte Glaus der Gemeindebehörde von Rüschegg an, als deren Vicepräsident amtete er von 1865 bis 1868 & als deren Präsident seit 1868. Am 19. Oktober 1902 hat ihm die Gemeinde in ( dankbarer Anerkennung der geleisteten vorzüglichen Dienste eine Ur­kunde ausgestellt.

1908

  1. März Johann Zwahlen, Landwirt im Mittlisried hat sich daselbst im Ofen­haus aus unbekannten Gründen erschossen.
  2. April Ein kräftiger Donner rollt über den „blutten“ Wald; sonst kein gutes Zeichen.
  3. Mai Der Scharfschützenverein Bern hält auf der Horbühlallmend eine Schiess­übung gegen Figuren ab. Zirka 150 Mann nahmen daran teil. Rehe, Hasen und anderes Wild werden ob dem Geknaller nicht wenig erschreckt sein.

23./24. Mai Samstag auf Sonntag starker Schneefall. Aeltere Leute erinnern sich, dass am 23. Mai 1867 ein ähnlicher Temperatursturz eintrat. Der Schnee hat namentlich Obstbäume und im Wald Schaden, der auf Jahre hinaus sichtbar bleibt, verursacht. Laut Zeitungsberichten betrug der Neuschnee noch in einer Meereshöhe von 800 m 60 cm, der Schaden in der Schweiz werde bei 100 Millionen Franken betragen.

  1. Mai Im Scheidwaldbezirk ist eine Viehversicherungskasse gegründet wor­den. Beir Reise nach dem Sangernboden hat der Chronikschreiber die Folgen des Schneefalles zu kosten bekommen (Temperatursturz 21° C).
  2. Juni Pfingstmontag. Der Regierungsrat des Kantons Bern, begleitet von Generaldirektor Dinkelmann stattet unserer Gegend von Schwarzenburg über Guggis­berg – Längeneybad einen Besuch ab.
  3. Juni Erneuter Temperatursturz von 18° C.
  4. Juli Das Thermometer zeigt am Morgen nur + 7° C. Diese Woche begannen unter Werkführer Trachsel die Arbeiten für die Schwarz­wasserkorrektion, die vom Staate Bern in Regie ausgeführt werden, wodurch fernere Rutschungen an der Geissfehlihalde, beim Bundsacker etc. verhindert wer­den sollen.
  5. Juli Ueber die Lötschbergkatastrophe wird die Nachwelt in allgemeinen Geschichtsforschungei unterrichtet werden; dem grandiosen Unternehmen ist das Glück nicht hold und das Bernervolk wird noch oft sein Scherflein beitragen müssen. Statt hundstagliche, wies das Minimalthermometer am 13. August mor­gens nur + 6° C auf.
  6. Aug. Beir Kappelen hat ein Automobil das Pferd eines „Käsereiers“ derart verscheut, dass bei 60 l Milch zu Grunde gingen.

4./5. Septbr. Hochwasser, namentlich die Muscherentalsense hat arg gehaust. Der Weg muss neu angelegt und früher oder später wohl auch beim Sangernboden eine Brücke erstellt werden, die nicht immer weggeschwemmt wird. Endlich gegen Herbst ist die Witterung beständiger geworden. So fiel vom 26. September bis 23. Oktober kein Regen, ein Glück für die Feld­früchte.

  1. Okt. Plötzlich ward es wieder kalt und heute fallen Schneeflocken, – arge Gegensätze.
  2. Dezbr. Die Erdbebenkatastrophe in Süditalien, 200’000 Tote, eine Katastrophe die [man] ihresgleichen in der Geschichte der Menschheit kaum findet. Man vermutet eine Beuchspalte [?] aus vorgeschichtlicher Zeit, so dass von einer abgerissenen versunkenen Stelle her der Seeboden sich veränderte.
  3. Dezbr. An diesem Tage soll der Amerikaner Wilbur Wright in Les Mans Frankreich mit einer Flugmaschine 2 Std. 20 Min u. 23 Sekd. in der Luft geschwebt und dabei 150 km zurückgelegt haben; die bisher grösste Leistung. Das wird wohl die erste brauchbare Flugmaschine sein; selbst wenn man zu Beginn des Jahres voll Skepsis in die Zukunft blickte, scheint die Flugmaschine doch eine kaum geahnte Rolle spielen zu wollen. Fast will einem aber scheinen es gehöre noch mehr als Wagemut u. eiserne Nerven zu einem solchen Flieger.

1909

  1. März Die Gemeindeversammlung genehmigt den Entwurf von Kunstma­ler Rud. Münger für ein Gemeindewappen mit dem Vrenelibild, auf dem Guggershorn und Schwendelberg stehend.
  2. Mai Genau 18 Wochen nach seiner Frau, [starb] im Fall Gde. Rüschegg, Amtsrichter Johann Zbinden o. Hittis, ein bekannter Landwirt u. Küher. Statt Alp­fahrt gings heuer am 25. Mai unterm Schall der Kirchenglocken dem Friedhof zu.
  3. Juni Die Gemeindeversammlung beauftragte den Gemeinderat mit den Konkordatsgeometern A. Beyeler & G. Schüpbach für die Vermessung des Gemeindeareals Vertrag abzuschliessen. Sämtliche daherige Kosten werden sich auf über Fr. 50’000.– belaufen, woran aber ein Bundesbeitrag er­hältlich sein soll. Gegenüber dem Nachteil vermehrter Kosten hätte die Ver­schiebung der Vermessung nun doch auch Bundeshilfe zu erhoffen. Als erste Folge wird nun die Steurensenkung aller Grundflächen nötig sein.
  4. VII. 90  Am 400 jährigen Geburtstag hielt Pfarrer’Lutstorf eine inhaltsreiche Calvinpredigt.
  5. Juli Das Ottenleuebad meldet, dass heute dort zum ersten Mal nicht ge­heizt werden musste. Infolge langandauernden Regenwetters sind mancherorts Wasserverheerungen zu beklagen, so haben auch im Schönenzug tiefe Rutschungen bedeutenden Schaden verursacht. Der Sommer war nass und kalt, jedoch der Herbst dann besser, so dass die meteorol. Station meldete, der Oktober weise mehr Wärme auf als der Monat Juli.
  6. Dezbr. Die Gemeindeversammlung hat dem neuen Feuerwehrreglement

zugestimmt, wodurch das Feuerwehrwesen ziemlich um- und neuge­staltet wird.

25.Dezbr. Schneefreie Weihnachten, hoffentlich ohne weisse Ostern als Folge.

27.Dezbr. In der Käserei Höhlen ist im Käsespeicher infolge zu frühen Schliessens der Ofenklappe, Joh. Stäger, geb. 1873, durch Kohlenoxyd vergiftet aufge­funden worden. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos.

1910  

Stürmischer Januar unterm 19. Januar meldet die meteorologische Zentralanstalt die grösste Windstärke der letzten 10 Jahre.

Januar  Der Januar brachte mit 176 Millimeter Niederschlagsmenge die höch­ste eines Monats seit 100 Jahren, Die normale Niederschlagsmenge des Januars wird auf 49 mm beziffert.

  1. Febr. Die Gemeindeversammlung beschliesst Abbruch und Neubau des Schulhauses in Kalkstätten und es soll hier eine zweite Klasse errichtet werden. Das Schulinspektorat drängt auf eine baldige Lösung unter Zusicherung namhafter Staatsbeiträge.

Juni  Regnerischer Sommer, am 21./22. Juni entstund mancherorts infolge dieser Regentage Wasserschaden. In Altdorf hat der Schächen ein Haus mit 13 Gliedern einer Briefträgerfamilie begraben. Auf Ein­ladung durch den Landesrat hat die bern. Regierung Pontonniere nach Altdorf gesandt. Aus Meiringen, Utzenstorf, etc. werden eben­falls Verheerungen gemeldet und auch an verschiedenen Stellen hies. Ge­meinde fanden Erdrutschungen statt.

  1. Juli Hagelschlosse unheimlicher Grösse, wahre Eisklumpen richten an Kulturen und Dächern nicht unbedeutenden Schaden an. Zum Glück fielen nur vereinzelte Stücke, aber Pfr. Lutstorf hat beispielsweise ein solches zur Erde gefallenes Eisstück von 263 gr. Gewicht festgestellt.

1911   

Auf Seite 20 hievor ist festgehalten worden, wie das Jahr 1811 einen frühen und warmen Sommer brachte. Auch das Jahr 1911 bildet eine Ausnahme. Zwar verlief der Frühling u. Vorsommer normal, was insofern von Bedeutung ist, als das dadurch eine Futternot wie 1893 nicht eintrat. Vom Juli hinweg aber trat heuer eine Trockenperiode ein, beispielsweise regnete es auch 46 Tage nacheinander nie. Das Ge­treide reifte früh aus & Emd gab es mancherorts wenig oder keines. Nur tiefwurzelnde Grasarten, z.Bsp. Klee, etc. welkten nicht. An vielen Halden sah es aber ganz rötlich u. dürr aus. Aus Rebgeländen aller­dings kommt gute Kunde und der 11 er Wein dürfte eine seltene Qualität sein. Auch wir Guggisberger wollen aber nicht klagen, die Feldfrüchte, abgesehen vom Emd, sind zieml. gut geraten und trockene Jahre für uns im allgemeinen besser.

1.Septbr. Im Schälisacker bei Gambach starb nach langem Leiden (an den Folgen einer Magenkrankheit, die durch keine ärztliche Kunst gehoben wer­den konnte, Spitalpflege & operative Eingriffe nutzlos liessen) Hr. Friedrich Mosimann, Grossrat, als Armeninspektor seit mehr als 20 Jahren auch in hies. Gemeinde wohlbekannt. 34 Jahre war er Präsident der Ein­wohnergemeinde Rüschegg, 30 Jahre Mitglied der Direktion der Armen­anstalt Riggisberg, wovon 26 Jahre deren Präsident.

8.Dezbr. Verstarb unsere älteste Einwohnerin Wwe. Kath. Staudenmann, geb. Hürst im Blumengarten, o. „Gustere-Trini“, geb. 1818.

1912

  1. Jan. Joh. Hostettler, o. „Faller“, Nesslern, geb. 1819, verstorben, so dass nun kein hies. Bewohner über 90 Jahre mehr unter den Lebenden weilt.
  2. März Die Gemeindeversammlung genehmigte ein neues Reglement über das Feuerwehrwesen. Der Sommer hat leider nicht seinen letzten Vorgänger nachge­ahmt, gegenteils herrscht lange Nässe. Man merkt erst jetzt, wie viel besser trockenes Wetter für unsere Gegend ist.

1913

  1. März Die Gemeindeversammlung beschliesst die neue Weganlage vom Allmendli bis Krieserli um die Kostenvoranschlagssumme von rund Fr. 16’000.–

26 .Mai Die Gemeindeversammlung genehmigt Plan & Kostenvoran­schlag für die Weganlage im Muscherntal mit eiserner Brücke beim Sangernboden. Unsere Gemeinde hat Fr. 5’000.— beizutragen. Auch der Sommer 1913 war nass und kalt. Solange genaue amtl. Aufzeichnungen über die Witterungsverhältnisse existieren, zeigte der Monat Juli eine Durchschnittstemperatur von nur 14° C, während nach Mitteilungen der meteorol. Zentralanstalt der langjährige Ducrchschnitt 18,3° C beträgt. Die kältesten Julimonate mit wenigstens 15,5° C Mitteltemperaturen waren bei uns in den Jahren 1840 und 1888; sie sind mithin durch den heurigen Juli weit übertrumpft. Wahrscheinlich ist der 1913 er  Juli der kälteste eines Jahrhunderts. Das Wiener Observatorium bezeichnet den Juli 1913 als den kälte­sten Juli seit 139 Jahren. Kein Wunder, dass hier die Schafe in diesem Monat 3 mal kaltes „Salz“ zu lecken bekamen.

  1. Septbr. Ein orkanartiger Sturm, mancherorts begleitet mit Hagelschlag durchbrauste das Land. Gemüse- und Obstgärten sind arg verwüstet. In Schwarzenburg fielen die Hagelschlossen nachmittags eine Viertel­stunde. Auf der Westseite sind die Fensterscheiben manchen Hauses fast alle zerschlagen. Auch Dachziegel wurden zertrümmert, Tauben, Vögel u. sogar Fische erschlagen. Die Hagelkörner lagen bis 40 cm tief. In unserer Gemeinde hatten wir mehr unter dem Sturm, als an Hagelschaden zu leiden. Die Zeitungen meldeten dann auch Unwetter im Amt Seftigen, Signau, Konolfingen, etc. Der 14. Sept. war ein böser Sonntag.
  2. Nov. Nachdem an mehreren Gemeindeversammlungen die Frage eines neuen Verwaltungs- und Organisationsreglementes für die Gemeinde behandelt u. das Reglement selber schliesslich genehmigt worden war, hatten heute die Neuwahlen zu erfolgen. Wohl typisch sind die von verschiedenen Bürgern für die Annahme der Wahl gemachten Vorbehalte. Sie deuten auf Wühlereien hin, die auch hier in den letzten Jahren  versucht, von unehrenhafter Provenienz aber eher zu Grabe getragen worden sind. Im grossen und ganzen waren es Bestätigungswahlen, wodurch die Gemeinde selbst dokumentiert hat, dass die sog. Vetternwirtschaft nicht von so üblen Folgen war, wie unehrenhaft behauptet worden ist.

Auf 1. Januar 1914 beginnt die neue Amtsdauer.

1914

9/10. Mai  ziemlich starker Schneefall, der viele Bäume knickte und nicht unbedeutenden Schaden stiftete. Zum Glück blieb Frost aus, es fing dann an zu regnen und am 12. Mai war der Schnee wieder fort. Schweiz. Landesausstellung in Bem 16. Mai bis 15. Oktober.

  1. Juli 6 [Uhr] A[bend] überreichte der öster.- ung. Gesandte in Belgrad der serbischen Regierung ein Ultimatum mit 48 Stunden Frist. Gewitterwolken entstehen am politischen Horizont.
  2. Juli Nichts Gutes ahnend unterzog der Gemeinderat den Pferdestel­lungsbefehl für den Fall einer Mobilmachung einer Revision. Am Donnerstag, den 30. Juli erfuhr der Chronikschreiber auf dem Regs.-Statthalteramt in Schwarzenburg das Einlangen geheimer Instruktionen. Schlag folgt auf Schlag!
  3. Juli Pikettstellung der Schweiz. Armee Freitag Nachmittag. Samstag, den 1. Aug., an unserm Nationalfeiertag, überbringt der Telegraph auch nach Guggisberg die Kunde der Kriegsmobilmachung der Schweiz. Mit ehernem Griff schlug die Hand der Weltgeschichte in die Werktagsstube, dem Tintenfass den Deckel u. dem Bücherschrank die Türe zu. Aufgeregt, in Eile ziehen die Kurgäste fort, Telegraph u. Telephon halten dem Ansturm kaum Stand. Auf dem Felde siehts schon am Samstag Nachmittag fast wie an Feiertagen aus, auch der Guggisberger, wenn auch noch ziemlich ruhig, blickt bange in die düstere Zukunft.
  4. Aug. Allgemeine Mobilmachung in Deutschland. In der Schweiz war der 3. Aug. der erste Mobilmachungstag. Die Landsturmsoldaten  haben als erste Wache Verkehrsmittel zu schützen, manchem fällt der Fortgang schwer. Landwehr u. Auszug werden ihnen folgen. Unsere Pfredemusterung und -Stellung vollzieht sich ziemlich ruhig. Es bleibe berufener Feder überlassen die Geschichte dieses noch unbegrenzten Krieges der Nachwelt zu erhalten. Wir gehen schweren Tagen entgegen.
  5. Oktober Was soll ich (wenn auch für noch unbestimmte Zeit aus dem

Felde zurückgekehrt) in die Chronik schreiben. Die lokalen Ereig­nisse erscheinen wie Mücken In der Luft, gegenüber den Taten, dem Heldenmut, den Schrecknissen im europ. Kriege. Helden, haltet ein!

1916

Monden zieh’n vorüber und die blutenden Völker finden den Frieden nicht. Sorge türmt sich auf Sorge. Versuchen wir auch dieser Chronik wieder von den Zeit- und Weltereignissen, die sich draussen abspielen, unabhängige, kleine Merkmale nachzutragen. Der Vorsommer war regnerisch und kalt, noch im Mai und Juni hatten wir Schneefälle, die mancherorts Gras und Getreide wie gewalzt erscheinen lassen. Bis gegen Herbst hält die nasse, regnerische Witterung an. Aus dem Tiefland vernimmt man Bedenken für die Kartoffelernte, Bohnen u. andere gegen Nässe empfindliche Früchte gab es nicht. Schon früh wieder Temperaturstürze, das Obst an den Bäumen nimmt auch in tieferen Lagen Schaden.

  1. Novbr. Tiefster Barometerstand, auch die meteorol. Zentralanstalt hat seit ihrem Bestehen 1869 nie einen Tiefstand von 683 mm [?] registriert. Die Quecksilbersäule steht mancherorts unter jeglichem Merkzeichen. Soll es auch eine Naturkatastrophe geben?

20.Novebr Es wird wohl ein Kriegszeichen gewesen sein, so dass die Wetter­säule den gegenwärtigen Tiefstand der menschlichen Vernunft vermutl. hat anzeigen wollen.

Dezember Starkem, ergiebigem Schneefall folgt leider Regen. Weihnachten u. Neujahr schneelos, nass.

1917

Vom 10. Januar an 5 Wochen geschlossene, öfters recht empfindliche Kälte, bis -21° R. Erfrorene Vögel & anderes Wild. Für manche Familie verursachte diese Kälte bei den hohen Preisen für Heizmaterial ernste Sorgen. Schlittweg für viele Holzfuhrungen anderseits willkommen. 10. Januar Bestandesaufnahmen von Kartoffeln. Lebenssmittelknappheit, Kontingentierung.

  1. Febr. beschliesst der Bundesrat Dienstag u. Freitag als fleischlose Tage, vom 1. März an Zucker u. Reis nur gegen Karten.
  2. März  Der Barometerstand vom 18. November 1916 war eine Abnor­mität und heute sank der Feuchtigkeitsmesser bis auf 682 mm, also volle 30 mm unter Mittel. Die 2 Tiefstände werden vielleicht in 50 – 100 Jahren nicht mehr erreicht.

Ein heftiger Schneesturm folgt, sonst aber keine Katastrophe.

April Wohl selten haben März und April solche Schneefälle gebracht, immer wieder kalt & Schneegestöber. Am 24. März sollte in der ganzen Gde, eine Bestandesaufnahme von Heu & Emd stattfinden. Futtermangel ist im Anzug, dazu dieses trostlose Wetter. Man vergleicht mit den Jahren 1865, 1887, aber auch ältere Leute klagen „a so öppis“ könnten sie sich nicht erinnern. Sollen es Vorboten eines Hunger­jahres werden, v. 1817?

23.April Nachdem Ostwind den Neuschnee wieder stark verweht hat und die Schneeschaufler immer wieder vergebliche Arbeit geleistet haben, der Postkurs noch vorgestern fast ausfiel, der Postwagen stecken blieb, ein Heuschlitten requiriert werden musste, scheint endlich die Schneeschmelze zu beginnen.

  1. April Warmer Tag, die Zäune werden sichtbar, der Schnee schmilzt, man glaubt es kaum wie rasch; dazu fast windstill.
  2. Mai Wohl hier oben dieses Jahr der erste Regen fällt; wo der Schnee weicht, fängt’s zu grünen an. Viel Arbeit harrte des Landmann’s weil verspätet; dazu soll am 8. Mai die 3. Div. einrücken.
  3. Mai Das warme herrliche Wetter wirkt mit Explosionskraft auf die gan­ze Vegetation, fast alles beginnt miteinander zu blühen.
  4. Mai Auf Aegerten (Peter [?] Hostettler) sieht man die ersten „Heubirrlige“, . welcher Kontrast, anfangs Mai noch Schnee, vor Ende schon heuen. Dem Mai 1917 gebührt ein Denkstein. Alte Leute erzählen, sie könnten sich an keinen solchen April, aber auch an kein solcher Mai erinnern. Der Mai war ein Wonnemonat erster Güte, wie man deren selten erlebt. An 16 Tagen stieg die Mittagstem­peratur hier ober am Schatten über 15°, an 13 Tagen über 10 Grad, so dass also der Mai 1917 29 warme Tage aufweist, selbst über d’Flüeh ohne Schneefall. 25 Tage brachten Sonnenschein, welche Wun­der in der Natur.

9./10. Juni Anhaltender Regen. Der Samstag Nachmittag und Sonntag, den 10. Juni Nachmittag wieder wolkenbruchartig. Ueber die Berge fällt Hagel und die Bergbäche schwellen an, dass im Sensetal die Wasserverheerungen gand bedeutend sind. Die gedeckte sog. Hoflanderenbrücke fällt schon Samstag, den 9. Juni Nachmittag den verheerenden Elementen zum Opfer. Zwei Fuhrwerke aus dem Sangernboden müssen mit ihren Reitwägeli die Plötschgasse & Neuböden hinauf um heimzukommen. Einzelne Balken der Hoflandernbrücke werden beim Fallvorsassli & bei Gug­gersbach sichtbar, sonst ist alles verschwunden. Die Betonbrücke über den Ebengraben wurde förmlich mit Geröll, Steinen & Trämel überschwemmt & stürzte zusammen. Die Sohlenver­sicherungen beir Steinbach- & Halbsackgrabenbrücke sind arg beschädigt, das neue Strässchen im Muscherntal wurde auf 300 m ganz weggeschwemmt, auch die Brücke beim Zollhaus nach der Seite weggerissen, geschweige diejenige bei den Weidlenen & zahlreiche Stege. Durch das plötzliche Anschwellen der Bergbäche wurden im Muscherntal & Sangernbodenbezirk bei 300 gelagerte Trämel weggeschwemmt, Diese Trämel, ganze Tannen & der starke Wasserdruck knickten die Hoflandernbrükke. Im Auli, wo die Sense über das rechte Ufer getreten, finden sich zahlreiche Trämel, deren Besitzer nicht leicht zu ermitteln ist. Einzelne kleinere Trämel sollen bis in den Bielersee vom Wasser getragen worden sein. Zur Erhaltung von Notbrücken wie Räumungs- und sonstige Instandstellungsarbeiten ist dann die Sap. Komp. I1/1 eingetroffen, doch wird dieses Jahr z.Bsp. von einer Wiederher­stellung der Hoflandernbrücke nicht die Rede sein können.

September Während der Monat August ziemlich regnerisch war und mancherorts Sorgen wegen der Getreide- & Kartoffelkulturen etc. aufkommen liess, war der September ein Sonnenkind. Nur einen einzigen merklichen Regentag hatte er zu verzeichnen, sonst herrschte ununterbrochen prächtiges Spätsommerwetter. An 24 Tagen stieg bei uns die Tageshöchsttemperatur auf 20° C u. wärmer, während dies im September des Jahres 1916 nur an 2 Tagen der Fall war. Reicher Graswuchs, frühe Getreide­ernte, um den 20. Sept. herum sah man auch hier mancherorts „Dritt’s [= 3. Grasschnitt] dörren. Auch die Klagen der Hausfrauen wegen der diesjährigen Kohlweisslingplage („Graswürm“) verstummten, da manche Kabis- oder Kohlrabenstaude, die vorher nur kahle Rippen aufwies, nun wieder Blätter trieb.

  1. Oktober Inkrafttreten der Brotkarte, 250 gr. pro Tag, ev. 100 gr. Zulage. Den in den letzten Tagen September herumgetragenen hügeligen Säckli nach’zu schliessen, werden die Bäcker diese Woche fast feiern können. Die heutige Gemeindeversammlung erkannte pro 1917 & 1918 für die Lehrerschaft Teurungszulagen von Fr. 300.– für verheiratete, Fr. 200.– für unverheiratete Lehrer und Fr. 100.– pro Jahr für jede Lehrerin.
  2. Oktober Temperatursturz, gegen Morgen sank das Thermometer auf -1° C und gleich fing es zu schneien an, doch um 9 Uhr guckt die Sonne wieder etwas durch & der Neuschnee beginnt zu schmelzen.
  3. Oktober Für die Nationalratswahlen bemühten sich in der Gemeinde Gug­gisberg 375 und für die Stichwahlen vom 18. Nov. sogar 425 Stimmberechtigte zu den Urnen.

Dezember Geschlossen, kalt.

1918

  1. März entsandte ein deutsches Ferngeschütz (die „dicke Bertha“, bei 20 m lan­ges Rohr, 128 km entfernt) zum erstenmal ein Geschoss in das Weich­bild von Paris. Die Kriegsmächte suchen mit allen möglichen Mit­teln eine Entscheidung. Ein gütig Geschick bescherte uns auch heuer ein fruchtbares Jahr und eine reiche Getreideernte, – überall so erwünscht.

10./11. Nov. Waffenstillstand, Generalstreik in der Schweiz, Grippe, schicksalsschwere Begebenheiten, die kundigere Geschichtsschreiber ermessen und festhalten werden.

1919

Juli Gehört zu den kältesten Heumonaten seit vielen Jahren, 21 Tage mit Niederschlägen, am 17. Juli gar an einzelnen Orten Rauhreif.

  1. Dez. Entspann sich nach zu reichlichem Alkoholgenuss in Ryffenmatt eine Neckerei, die in eine arge Schlägerei ausartete, welche dem Ernst Zbinden von der Einhalten das Leben kostete.

1920

Laue Winde auf politischem Gebiet wehen auch in der Gemeinde Guggis­berg. Ein neues Gemeindereglement gibt ordentlich zu reden.

  1. Dezemb. Erneute Gemeindeversammlung und Annahme eines Reglementes mit Beschränkungen über Wiederwählbarkeit etc. (trotz Veto des Statthalters)

1921

  1. April Nach fast sommerlich warmen Tagen, in welchen die Schattentemperatur 18° C erreichte, nun wieder eine Schneelandschaft. In diesem Sommer wird die breite Guggisberg – Ryffenmattstrasse er­baut. Sie wird an die Fr. 100’000.— verlangen, für unsere Gemeinde trotz Staatsbeitrag fast zu viel. Bei Abtragung des Siechenhubels kamen keine Knochen zum Vorschein. Wohl aber birgt die Baufirma Wei­bel, z.T. auch die Baukommission nicht nur des regnerischen Wetters & daherige Rutschungen wegen etwelche Ueberraschungen.
  2. Okt verstarb Joh. Hauser, Schwandtenbuch und am
  3. Nov. Ulrich Nydegger, o. z’Siebers, Ramsfluh, mit welchen zwei typischen Veteranen ins Grab sanken, von denen man sich auch eine seltene Muskelkraft erzählt.

1922  Krisenjahr für die Landwirtschaft. Preissturz auf Milch & Vieh. Und die Folgen?

1923

  1. Aug. Hoher Besuch. General Sir Gordon Guggisberg, Gouverneur der Goldküste u. des Togolandes erscheint mit schwarzhäutiger Begleitung. Unsere Schul­jugend vergisst das Maul offen. Der Herr wähnte hier Spuren seines Familiennamens zu finden. Orgelneubau in unserer Kirche.

1924

Dieses Jahr baut die Gemeinde in Regie von Gopplismatt (Krieserli) nach der Müllern ein Strässchen.

August mit 17 Regentagen die grösste Niederschlagsmenge des ganzen Jahres. Aehnlich den Jahren 1910 & 1912.

  1. Oktober verstarb alt Posthalter Chr. Zwahlen zur Linde, der mit über 50 Dienst­jahren der letzte Beamte sein wird, der die Postsachen regelmässig noch in Schwarzenburg abholte und sie in der ganzen Gemeinde vertrug.

1925

  1. März Friedr. Dürrenmatt vom Schwandacker verstorben, ein Mann (geb. 1839) der Jahrzehnte auch der Gemeinde gute Dienste geleistet hat.

12./27. Septb Schweiz, landwirtschaftl. Ausstellung in Bern.

  1. Dezemb. Nach empfindlicher Kälte (am 12. Dezember sind Temperaturen um -20 bis -22° C gemeldet worden) setzt Föhn u. Regen ein. Um 11 Uhr rollt der Donner und starke Dunkelheit ruft mancherorts künstichem Lichte.

1925

  1. Januar„Zälg Peter“ (Peter Burri) ein Original verstorben. Letztes Jahr hat er in Bern noch seine Mundart dem Phonogrammarchiv anvertraut. Diesen Sommer wird in der Gauchheit das neue Schulhaus für 2 Klassen erbaut. Fr. 90’000.– werden kaum genügen, obwohl aus den Burgerwaldungen schon 223 m3 Holz geliefert worden ist.
  2. Oktober Pfr. Joh. Hubschmied im Alter von 78 Jahren verstorben, ein Mann, der in der Nachbargemeinde Rüschegg auch in gutem Andenken bleiben wird. Hydrantenanlage im Sangernboden erstellt.

1927

  1. Mai Ehrende Wahl unseres Gemeindebürgers, Dr. Hugo Dürrenmatt, Ulrichs sel. in den bern. Regierungsrat.
  2. Mai Mittelländ. Schwingfest in Schwarzenburg, rege Beteiligung. 17. Juni Hochflutwelle im Ilfistal bei Trubschachen. Die Aufzeichnungen des eidg. Limeigraphen [= Grenzwertmesser] an der Emme in Emmenmatt, unterhalb der Einmün­dung der Ilfis in die Emme wiesen um 15 Uhr noch 13, um 18 Uhr 20 und 18 Uhr 175 m3 Wasser in der Sekunde auf.
  3. Juli Blutige Unruhen, über 80 Tote in Wien (kommun. od. soz. Putschversuch).
  4. Juli In Herrenmatt wollte die 40 jährige Rosa Aebischer, geb. Zahnd, mit Petrol das Feuer entfachen, die Kanne explodierte, die Kleider der Unglückli­chen loderten und trotz sofortiger Ueberführung in den Inselspital, forderten die furchtbaren Brandwunden noch am gleichen Tage den Tod.
  5. Juli Eduard Kohli-Aebischer, Eigen, geb. 1880, verunglückte mit beladenem Wagen am Brüllenstutz. Obwohl bei Bewusstsein die teleph. gerufe­ne Gattin ihn noch sprechen konnte, setzte ein Lungenschlag noch am gleichen Abend seinem Leben ein Ziel. Von den 11 Kindern sind 5 der Schule entwachsen & der Jüngste 7 jährig.
  6. Juli Heftiges Gewitter während der Nacht, Brand in Schwanden bei Rüeggisberg (Haus des Rud. Jenni) infolge Blitzschlag. Wolkenbruchartiger Regen hat wiederholt verschiedenenorts auch in hies. Gegend Schaden verursacht. Die Heuernte geht ihrem Ende entgegen, das unbeständige Wetter mit zahlreichen Gewittern hat sie verzögert, doch ist der Ertrag befriedigend.
  7. Aug. Würdige Bundesfeier am Abend. Nach dem Verklingen des obrigkeitlich befohlenen Läutens der Kirchenglocken (15 Min) Ansprache in der Kirche durch Hr. Pfr. Probst & Orgelspiel v. Hr. Ryffel, beides Feriengäste in Guggisberg.

 

1927

  1. Aug. Dienstag um 3 Uhr wird es unheimlich finster, Gewitter auf 2 Seiten im Anzug, künstliches Licht wird auch in sonst hellen Zimmern notwen­dig. Bald fällt Regen in solcher Menge, dass die Strassen einem Bachbett ähneln. Erdschlipfe entflohen und wohl strichweise auch Hagel fällt. In Guggisberg wird es noch nicht am schlimmsten stehen.
  2. Aug. Die Tageszeitungen bringen Ueberschriften mit Sturmkatastrophe, verheerendes Unwetter, etc. vom gestrigen Tage. In Thun, Allmendingen, Amsoldingen, Blumenstein, gegen Wattenwil seien Ziegel, Vordächer, Fensterscheiben von Hagelschlossen ausserordentlicher Grösse bis 125 g. schwer durchschlagen worden. Die sonst harmlose Kiesen forderte ein Menschenleben, Brücken wurden weggerissen, Eisenbahnzüge zum ungewollten Halt gezwungen, Feuerwehren zu Hilfe gerufen. Auch in andern Gegenden, am Bielersee, Leman, ja sogar im Ausland Unwetter. Kein Wunder, dass es so stark u. so lange auch bei uns dun­kel blieb, dass ängstliche Gemüter Unheil ahnten.
  3. Aug. Während der bern. Regierungsrat für die Wassergeschädigten eine Sammlung von Haus zu Haus anordnete und immer neue Ver­heerungen gemeldet werden, ist die Witterung mit den starken Nie­derschlägen für Getreide, Kartoffeln, etc. verhängnisvoll geworden. Die Feldfrüchte versprachen einen schönen Ertrag, schon jetzt sieht man aber Getreide- & Kartoffeläcker schwächlich werden. Selten 2 aufeinanderfolgende schöne Tage. Was mit dem vielen Emd? Politische Verirrungen hüben und drüben. Eine Bombe- oder Sprengstoffexplosion vom 10. Aug. in Basel und Ausschreitungen vom 23. Aug. in Genf im Anschluss an Protestversammlungen gegen amerik. Urteile gegen die ital. Anarchisten Sacco & Vanzetti forderten je ein Menschenleben. In Genf Mobilmachung der gesamten Feuerwehr, Pikettstellung des Inf. Regt. 3. Sachschaden von F. 100’000, Wohin soll das führen? Tragödie!

Sept. 24. Alt Präsident Chr. Hostettler, Aegerten, verstorben, ein Mann welcher der Gemeinde als Amtsrichter u. Grossrat auch grössern We­sen viele gute Dienste geleistet hat.

1928/29  

AussergewÖhnlich kalter Winter, (wie auch in andern Ländern) im Februar noch öfters -17 – 18°. In vielen Kellern erleiden die Kartof­feln Frostschaden, auch mancherorts frieren Tiere.

1929

Novb. 7. Unser langjähriger Pfarrer, Ernst Lutstorf in Bern verstorben. Seit seinem Weggang von Guggisberg war er leidend.

1930

Mai  Die Schneeschmelze und starke Regengüsse haben in der Gegend von Sangernboden, Burgli, etc. die Sense über ihr Bett getrieben. Viele Erdschlipfe, Strassen-und Brückenbeschädigungen rufen laut nach einer Verbauung. Weder den Grundeigentümern, noch der Gemeinde stehen die Mittel für die erforderlichen Sicherungs­bauten zur Verfügung.

1930

Mai Die Schneeschmelze und starke Regengüsse haben in der Gegend von Sangernboden, Burgli, etc. die Sense über ihr Bett getrieben. Viele Erdschlipfe, Strassen-und Brückenbeschädigungen rufen laut nach einer Verbauung. Weder den Grundeigentümern, noch der Gemeinde stehen die Mittel für die erforderlichen Sicherungs­bauten zur Verfügung.

Dezb.   Br.andfälle in der Gemeinde Rüschegg (Geissrain, Bühlhaltli, etc.) machen viel von sich reden. Es wird Brandstiftung vermutet.

1931

März Starke Schneefälle, wasserdurchtränktes Terrain etc. verursachen gefährliche Rutschungen in den Tröhlivorsassen. Bewohnte Gebäude und Berghütten bersten, dem Schwarzwasser ent­lang entsteht Gefahr.

Mai 20. Vom Plaffeyenmarkt heimkehrend ertrinken in der hoch­gehenden Sense beim Fallvorsassli 2 Personen (Frau Beyeler-Nydegger & Reinhard Staudenmann). Diesen Sommer wurde die kl. Kirche beim Sangernboden erstellt, im Herbst für 30’500.– brandversichert.

Dezb. 9. verstarb der gew. Regs. Statthalter Aug. Kohli, Schwendi.

1933

Mai 20. Hinter dem Grat wurden 3 Edelhirsche in Freiheit gesetzt. Diesen Sommer ist die Steinbachbrücke instandgestellt und um Fr. 6’000.— versichert worden.

1935

Febr. 23.  Sturm, im Dorfwald versperrten Windfälle dem Postauto die Durchfahrt. Unsere Kirchturmspitze neigt sich nach Osten, wohl ein Warner morsch gewordenen Gebälks. Juli Teerasphaltierung durch unser Dörfli.

1936

Mai 10. Am Nachmittag eines schönen Sonntag langandauerndes Gewit­ter, dem Schwarzwasser entlang Ueberschwemmungen an Land­strassen, etc. (Kostenberechnungen des Staates für Wiederherstellungsarbeiten Fr. 280’000. —).

Mai 27. Starke Regenfälle verursachen auch in unserer Gemeinde Ueber­schwemmungen und Erdschlipfe. Sehr nasser Sommer, minderwertiges Futter, wenig Ge­treide, Fehlernte für Kartoffeln. Viele Familien müssen Reis, Haferflocken, etc. zukaufen, die „Rösti“ wird mancherorts rar. Ende September schon starker Schneefall. Oktober der kälteste seit 1915, Monatsmittel nur 4,56° statt 7,59°.

1937

Febr. 27.   Schweiz. 50 km Lauf Egg – Gantrisch.

März  Starke Schneefälle, nach milder Witterung setzt jetzt der Win­ter ein. Auch der April kalt u. nass. Vom Mai an ein Wonnemonat nach dem andern, schöne Felder, reicher Fruchansatz. Diesen Sommer wurde mit einer gründlichen Kirchenrenovation begonnen (27. Sept. Föhnschaden am Gerüst).

Sept. 5.   SIA (Schweiz. Ingr. S Architekten) fahren in 32 Postautos durch unsere Gegend. Die ausgebauten Kurven der Ottenleuestrasse erlei­den Schaden.

Oktober noch mild, Monatsmittel ca. 8°. Grünfutter bis in November.

Dez. 6. 40 cm Schnee, dann Barometersturz, Sturm, Regen, Winde, Schnee. 1 Monat Schlittweg, 21. Dez. -18° C.

1938

Janr. 25. Von 10 3/4 Uhr an bis nach Mitternacht selten schönes Nordlicht, feurig roter Himmel.

Febr. 20. Mit 1210 von 1802 in Berechnung fallenden Stimmen ist als Betreibungsbeamter, zugleich Gerichtsschreiber von Schwarzen­burg der hiesige Bürger Werner Kohli, Fürsprecher, geb. 1912, ge­wählt worden. Die Heimatgemeinde Guggisberg mit 385 zu 122 Stimmen stund mannhaft zum Ihrigen und auch in den 3 andern Gemeinden war das Resultat unzweideutig.

März  Sozusagen immer schönes, trockenes Wetter. Aengstliche Leu­te befürchten ein 1898. Die Feldarbeiten sind stark fortgeschritten, hin und wieder sieht man schon Kartoffelpflanzer.

April/Mai meist kalt u. winterlich, öfters -6°, geringe Nieder­schläge. Futter- & Wassermangel vielerorts. Ab Juni gutes Wetter, Felderträge qualitativ gut. Bis gegen Ende Oktober ohne Frost, ergiebige Grünfütterung.

Okt. 25. Die Zeughausverwalter der Schweiz, bei 80 Mann kommen nach ihrer Tagung in Bern nach Guggisberg. Ansprache v. Regs.-rat Guggisberg i.V. des erkrankten Militärdirektors (Fr. Joss, dessen Schwiegermutter, Frau Pfr. Hubschmied-Kohli am 21. Okt. in Burgdorf bestattet wurde).

Novb. Nach unbedeutendem Schneefall Ende Oktober sieht man im November an vielen Orten noch „Grasen und Weiden“. Die überaus milde Witterung hielt an bis Mitte Dezember.

Dezbr. 19.  Endlich Schnee & Kälte. Die offenbar irregeleitete Amsel, die Mitte Dezember wie im März zu singen anfing, ist wieder stumm geworden.

1939

März 11. Nachdem schon seit Herbst im Tiefland die Maul- & Klauenseuchen für Land­wirte und Gewerbetreibende nachteilige Einschränkungen zur Folge hatte, ward heute zu Hostetten dieser Stallfeind festgestellt. Die Krankheit wird wie in Schwarzenburg wohl durch verantwortungslosen Handel eingeschleipft worden sein Der Monat März hat wohl die ersten Tage schönes Wetter, dann aber noch gehörig Winter & reichlich Schnee bis im April gesehen („fürige Schliif“). Mai und erste Hälfte Juni nass.

Juli 6. Kurzwellensender bei Tännlenen, offiziell noch nicht eröffnet, von 5 Uhr an in Flammen. Keine Wasserweiher in Nähe. Motorspritze aus Bern erst nach 1{ Stunden, zu spät angerufen, wohl über 1 Million Schaden. Heuernte verspätet, aber qualitativ & quantitativ gut – zieml. gut, Nährwert wegen Nässe fraglich.

Juli 25. Temperatursturz +5° C, ziemlich starker Schneefall bis auf 1400 m ü.M.

Juli 27.   Gemeindeversammlung, Schulhausneubau in Guggisberg mit 51 gegen 41 Stimmen beschlossen; die Opposition galt hauptsächlich dem Kostenvoranschlag von über Fr. 120’000.—

1939

Sept. 1. Freitag Mittag Sturmleuten, Kriegsmobilmachung. Nachmittags gehen unsere ältern Wehrmänner vielerorts bei Feldarbeiten über­rascht durch diese Hiobsbotschaft, der Station Schwarzenburg zu. Der Samstag (wie vor 25 Jahren) 2. September ist der erste Mobilmachungstag. An diesem Tage müssen auch unsere Pferde gestellt sein. Bange frägt man sich was nun werden soll. Nicht nur um Polen wird es sich handeln. Oktober Nach einem regnerischen Sommer (bereits werden Klagen laut über geringen Nährwert des Futters) brachte der Oktober es nur auf 8 Sonnentage, dazu in der letzten Woche ein aussergewöhnlicher Schneefall. Das Postauto musste den Schneepflug und Hilfsmannschaft mitführen. Noch unreifes Getreide und mancherorts Kartoffeln unter dem Schnee bringen mancher Wehrmann-Familie bange Stunden. Das Getreide war nach achttägiger Lagerung unter Schnee nur noch schlechtes Streue­material.

1940

Jan. 10. Wenig, ja seit Oktober fast kein Schnee. Dennoch -18° C und wiederholt Tieftemperaturen von -20° C. Es ist zu befürchten, dass solche Kälte bei bei aperem Boden noch manche Pflanze zum Opfer fällt. Febr./März  Gegen Ende Februar milder. Auch im März öfters schön, der April aber eher unfreundlich.

Mai 10. Freitag Mittag erneutes Sturmleuten, Generalmobilmachung auf 11. Mai veran­lasst durch den Einmarsch deutscher Truppen in Belgien und Holland. Was wird noch alles kommen? Der Wonnemonat bringt heuer viele Sorgen, Trockener Mai, die letzten 2 Dekaden Juni nass, Heuernte bei uns sehr müh­sam, bis 10. Juli nur einzelne regenfreie Tage.

Juli 10. Ab heute werden Telephongespräche über den Kurzwellensender Schwarzenburg direkt nach New York übermittelt.

Aug. 24. Nach reichlichem Schneefall über „d’Flüeh“ sank die Temperatur letzte Mondnacht auf +2° C. Auf dem Plötsch glitzert heute Morgen Rauhreif. Dezember Den ganzen Monat geschlossen kalt, nach Berichten der meteorol. Station seit 1917 nie so tiefe Durchnittstemperatur.

1941

Nasskalter Frühling. Heu auch um Fr. 20.— per Z, kaum mehr erhältlich. Erst Mitte Juni endlich wärmer, am längsten Tag noch mehrere alte Schneeflecken an der Egg. Um Guggisberg blühen die Aepfelbäume erst in der dritten Dekade Juni, an frühern Sorten sind viele Knospen verkümmert. Bienen mussten aus einer durch das Volkswirtsch.-Dep. bewilligten Notration von 3 kg Zucker je Volk (à Rp. -.90 je Tag) gefüttert werden. Viele Kartoffeln wurden des Regens wegen erst im Juni gepflanzt. Juli dann trocken, Heu erster Qualität, mancherorts ohne ein Regentropfen. August wieder unbeständig, am Schafscheid auch in sonniger Lage die Getreide­ernte nicht beendet. „Grüene Almithaber“ verkündet unsere Turmglocke noch wochenlang. Schulhausneubau an der Brandelengasse nach Widerwärtigkeiten endlich beendet. Das Kirchengeläute um 2 kl. Glocken vermehrt (gleich nach der Kirchenrenovation)

Oktober 23. Schwarzenburg-Markt mit starkem Schneefall, dieses Winterbild hielt leider

3 Wochen an. Vielerorts sind noch Kartoffeln zu graben, die erst im November dran kämen, die Schnee­decke hat sie vor Frostschaden bewahrt, dagegen ist ziemlich viel Obst erfro­ren und Grünfutter ging mancherorts zu Grunde. Das ist umso fataler als auch in unserer Gegend mehr gepflügt werden muss.

1941/42

Ab Mitte Dezember bis anfangs März geschlossen Winter mit viel Schnee. (Hitler spricht

von der Ostfront: Seit 140 Jahren kein solcher Winter) Wassermangel, z.Bsp. auch der Riedbrun­nen versiegte. Elektrizitätseinschränkungen, Boiler zeitweise ganz ausgeschaltet. Wegen Kohlenman­gel braucht die Industrie mehr elektr. Kraft. Ernährungslage trotzdem hier noch gut; wohl ist das Fleisch jetzt auch rationiert und Eier pro Monat nur 2 Stk. je Person, aber Milch, Kartoffeln u. Brot zum Glück noch genügend.

 

1942

März 10. Endlich Schneeschmelze, leichter Regen, Föhh. Da die gedeckte Erde nicht, oder nur leicht  gefroren war, versickerte das Wasser und Wasserschäden sind selten. Mancherorts Lawinen.

März 15. Stellenweise wieder aper, der Frühling kommt.

Mai 1. Nach schönen Tagen heute eine Morgentemperatur von -6oC, dem jungen Grün wohl manscherorts zu kalt!

März 13. Um 3 Uhr von Menzisberg her ein Hagelwetter auf-70 km (bis Emmental) und ca. 4 km Breite. Wohl litten Getreide + Kartoffeln hier noch nicht so sehr, dagegen der Graswuchs, die wieder kahl gewordenen Obstbäume, die Schindeldächer und Pflanzplätze. Umso  fataler als auch unsere vom Krieg bisher verschont gebliebene Heimat Einschränkungen auf sich nehmen muss und mit Entbehrungen, wenn nicht Mangel zu rechnen ist.

Juli 10. Hagelschlossen in Baumnussgrösse glücklicherweise nur während  kurzer Dauer, haben mehr im nördlichen Teil des Amtsbezirkes nicht unbedeutenden Schaden verursacht. Häuser mit 20 und mehr zerschlagenen Fensterscheiben sind keine Selten­heit. Was diese Hagelkörner trafen, – und waren es Menschen – erhielt Wunden. Heuernte zufolge Hagelwetter mengemässig gering, Qualität sehr gut. Emd viel und gut gewittertes, vielerorts 2 Schnitte. Getreide leicht in hies. Gegend, Kartoffeln befriedigend. Ab August viel schönes und fruchtbares Wetter. Oktober wie wohl in den letzten 40 Jahren nur 1921 so warm, Grünfütterung ohne Unterbruch bis November.

1943

Milder Winter, früher Ustag, am Ostermentig schon grasen, anfangs Juni Emdgrasig.

Allerdings den Heuet unterbrach es dann wieder.

Juni 16./17. Schneefall, bis 1300 m weiss, Besatztage verschieben müssen. Hernach wenig Niederschläge, trocken, auch hier die Brunnen klein, aber gute Gewächs- und Kartoffelernte. Im Herbst viel Aepfel, lange Grünfütterung. Für Bienen ein Fehljahr wie seit 1898 nie, merkwürdigerweise. Erst im Dezember Schlittwege und nicht lange.

1944

Januar Februar & März Apart warm und schneefrei, Ende Monats Haseln und Weiden vor dem Blühen. Gehörig Winter, das Pflichtholz kann nun doch noch aus den Wäldern gebracht werden.

Kriegsdaten:   13. Juli 1943 Riggisberg, engl. Bombenabwurf, 3 Häuser zerstört.

  1. April 1944 Schaffhausen, amerik. Bombardement, 40 Opfer.
  2.   Aug. 1944 Morgins, deutsche Bomben.

Witterung:

Juli & Aug. auch hier ziemlich trocken (aus dem Waadtland hört man von Dürre), wiewohl das Guggisbergerländchen im allgemeinen selten unter Trockenheit leidet (Ausnahmen 1893, 1911), dann aber vom Herbstmonat an unbeständig und reg­nerisch. Nachdem anfangs Juli ein Hagelwetter die Kulturen zieml. stark ge­schädigt und verspätet hat, sind im September & Oktober noch nicht alle Feld­früchte eingeheimst. Getreide u. Kartoffeln kamen an einzelnen Orten unter Schnee. Wehrdienste, hauptsächlich aber ungünstige Witterung haben die Feldarbei­ten in argen Rückstand gebracht (von Spätaufstehern, Bsp. Fall, Hattenmatt ganz abgesehen). Als aber um Martini im Tiefland, gr. Moos etc. ganze Landstriche un­ter Wasserschaden zu leiden hatten, Rüben und andere Feldfrüchte tagelang unter Wasser waren, Häuser im Wasser stunden, Menschen und Tiere ausziehen mussten, die Zihl vom Bieler- in den Neuenburgersee floss, da war unser Ländchen, abge­sehen von Brückenschäden, Senseüberflutung etc., doch wieder einmal am bessern Ort. Schwarzseher sagen „sälte gnue“, immerhin wollen wir nicht klagen. Ganz abgesehen von Kriegsgreueln und -Opfern, und obwohl auch die Ernährungsfrage bei uns schwierige  Zeiten erst noch zu bringen droht, müssen wir ein sicher unver­dien­tes Glück zugestehen.

1945

Bei Jahresbeginn noch wenig Schnee, dann aber starke Bise.

Jan. 11. erstmals -20o nicht gerade viel Schnee,  aber jetzt doch gehörig Winter.

April Frühling. 12./13. April Sommertemp., Mitte April schon Kirsch-u. Birnenblust. Wegen bald leeren Heubühnen vielerorts Weidgang. Futter kann keines gekauft werden. Hoffentlich folgt kein Maiwinter wie 1902! Leider die letzten Apriltage und ersten Maitage dann winterlich.

Mai 1. Morgens -7°, was bisher blühte wird meist erfroren sein. (Der schweiz. Frostschaden soll bei 80 Mil. Fr. betragen).

Mai 7./8. Kriegsende in Europa, 14. August für Japan. Schweiz 2184 Aktivdiensttage, aber glücklich verschont.

Juni 15. In der Schwendi [ist] der Gemeindepräsident Joh. Ulrich Kohli, geb. 1885, an einer Embolie gestorben. Eine Begräbnisfeier, mit der bern. Standesfahne, wie sie Guggisberg seit Juli 1984 (Grossvater) nicht sah.

Sommer ziemlich trocken. Heuertrag mengenmässig gering, aber Getreide und Kartoffeln wie 1944  gut. Obst fehlt meistenorts. Aepfel 40/50 Rp. je kg. (Frostfolgen). Für die Bienen da schlimmste Fehljahr seit mehr als 50 Jahren.

1946

Nach mildem Winter (zieml. Starken Erdbeben vom 25. Januar, gr. Schaden im Wallis) wieder frühe Vegetation. Im März/April Blust. Grasen auch schon im April, ein Glück für die Bauern.

Mai 15./16. Flühberge weiss, Egg grau, Temperatur trotz Eisheiligen nicht unter + 20o, also glücklicherweise kein Frost.

Mai 30. erneutes Erdbeben (v. Wallis her)

Juni 13./14. Temperatursturz, viel Regen, Schee bis Horbühlallmend herunter, zu bedauern sind namentlich auch die Tiere auf den Bergen.

1947

Scheinbar später Frühling und dann im Juni fertig geheuet. Widersprüche, die wohl selten anzutreffen sind. Ganz gutes und ziemlich viel Heu. Schon hörte man aber “ wes nume nid z’troche chiem“. Nach den meteorol. Berichten soll es seit 94 Jahren keinen so warmen Juni gegeben haben. Im Juli und August wenig Niederschläge. In den Zeitungen liest man von grosser Trockenheit wie 1893 .& 1911. Vielerorts fehle es schon an Grünfutter, es müsse Heu verfüttert, viel Vieh zur Schlacht­bank geführt werden. Das wüste Wort aus der Kriegszeit „verbrannte Erde“ taucht wieder auf. Der Feuchtigkeitsmangel betrage 25-30 1 per m . Auch in unserer Gegend wirds an sonnigen Halden rötlich, man sieht weidendes Vieh wie im Herbst, geringer Emdertrag, frühe Getreideernte. Im September fangt auch das Gras an zu fehlen, Kartoffeln werden im Boden schrumpfig, Temperaturen von über 30° am Schatten sind keine Seltenheit, Brunnen versiegen, Wasser muss auch für die Tiere zuge­führt werden. Sense ganz klein, Schwarzwasser bis zum Einlauf des Gambaches bis Rüschegg-Graben eingetrocknet. Die Schlachtviehannahmen wei­sen vervielfachte Auffuhren auf. Wolkenloser Himmel, trockene Winde. Barometerstand über schön, Herbstsaat gefährdet. Es sieht bedenklich aus.

Septb. 23./24. Endlich Regen, ca. 15 mm, das Schlimmste überstanden? Kalchstätten/Eigen, wo Brunnen abstunden sind über die diesjährige Wasserzuleitung von ca. 100 ml ab Sandmätteli noch lange froh.

1948

Während der Frühling trocken war und allgemein eine Wiederholung des letztjährigen Feuchtigkeitsmangels befürchtet wurde, – viele Brun­nen haben sich noch nicht erholt, verschiedenenorts werden Reservoirs und neue Quellenfassungen nötig – schlägt Mitte Juni das Wetter um. Wo nicht schon Heu eingebracht war, gestaltet sich die Heuernte schwierig. Selten 2 schöne Tage nacheinander und das 2 Monate lang. Auf den Flühbergen öfters Schnee, am 30. Juni 1948 bis uf d’Almit aha nicht nur grau, die Egg ganz weiss. Juli und August nasskalt, frühe Kartoffeln faulen, an spätern Orten sieht man noch Heubirrlige. Von der zweiten September-De­kade an endlich besser.

Sept. 26. Jubiläumsfeier „800 Jahre Guggisberg“, Regierungspräsident Siegenthaler brachte eine Tausendernote. Ab Schwarzenburg Einbahnverkehr, bei 30 Pos.tautokurse. Unter den zahlreichen Gästen Bundesrat Ed. v. Steiger, Regs.-rat Stähli, Dr. Hugo Dürrenmatt u.a. In Riffenmatt Schlussschwinget, am Abend Radio Bern Sendung über die Bilderausstellung.

1949

Frühling und Vorsommer sehr veränderliche Witterung. Im Unterland verspätete und mühsame Heuernte, selten 2 Tage nacheinander schön. Dann ab Mitte Juni Bise, im Juli Temperaturen von 30° am Schatten. Trockenheit brachte aber nicht nur unserer Gegend eine gute Heuernte, sondern anschliessend arge Trockenheit gefährdete Fel­der wie Getreide und Kartoffeln, geringer Graswuchs, in grössern Ortschaften Wassermangel, Einschränkungen aller Art. Ob der am 17./18. Juli nach 30 Tagen Hitze erstmals wieder gefallene Re­gen anhält? – Die Trockenheit und ihre Folgen hielten an. Im Unterland sah man im November noch Kartoffeln der zweiten Generation graben, – allerdings dann auch nach Temperaturstürzen.

1950

Im November die meisten Niederschläge seit meteorol. Statistik. Am 25./26. November regnete es ununterbrochen 51 Stunden. Der Bielersee floss infolge starken Zuflüssen z.T. in den Neuenburgersee. Die Niederschläge im November betrugen 300 – 400 mm.

 

1951

Septb. 23. Während einzelne Berufsunfälle bisher und wohl auch in Zukunft kaum ausbleiben, – denke an Dachdecker, Zimmerleute, Stierhalter – und auch neuzeit­liche Maschinen, Autos u.a. gelegentliche Opfer fordern, dürfte der 22 jährige Hans Hostettler vom Grubenboden (Heinrichs) hier doch der erste Gemeindebür­ger sein, der mit einem Sportflugzeug bei Schwarzenburg heute abstürzte und mit dem Piloten Hansruedi Weber ums Leben kam.

 

1952

Juni 15. verstarb der bekannte Sprachforscher von internationalem Ruf, Prof. Dr. Jud aus Zollikofen, der jahrelang mit seiner Familie während den Ferien in Guggisberg wohnte. Der heurige November war sonnenarm, wie nach meteorol. Statistik seit 1864 kein Monat.

1954

Naturkatastrophen im In- und Ausland (Schneelawinen, Wasserflut). Während den letzten Jahren folgten heurige Wetterereignisse auch in unserer Gegend mit nachteiligen Folgen. Einem späten nasskalten Frühling allerorts auch unbeständiges Sommerwetter, mühsame Heuernte, aufgesprungene Kirschen, schwarze Kartoffeln und grosse Getreideschäden. Ende September immer noch unreife Früchte. Der Bundesrat gab bekannt, dass bis 29. September von 960 abgelieferten Wagenladungen Getreide 380 Wagen als nicht mehr mahlfähig (ausgewachsen) befunden wurden. Anfangs Oktober lohnte sich vielerorts das Ausgraben früher Kartoffeln auch zu Futterzwecken nicht. Das meteorol. Observatorium Bern meldet: An 207 Tagen fiel 1954 Regen oder Schnee mit 1’129 mm Niederschlagsmenge (1953: 728 mm). Bei der 1954 durchgeführten tierärztl. Untersuchung der Milchkühe steht Guggisberg mit 90% TBC-frei, in den Gemeinden des Amtsbezirkes obenan.

 

1955 Montagabend-21. Febr. 1955

  1. a) Brand in Eisengruben. Glücklicherweise blieb das Wohnstöckli verschont, wiewohl Schnee­verwehungen jede Spritzenhilfe verunmöglichte. Balmers „Glückshoger“ jetzt ein „Unglückshoger“.
  2. b) Ein Schneerutsch zerstörte teilweise das Wohnhaus in der Stotzigen Weid. Ein siebenjähriger Ferienknabe, Grosskind der Faml. Nikl. Beyeler, verschied zwischen geknickten Bal­ken.

Septbr. 1. Der diesjährige Schafscheid wird durch einen scheusslichen Lustmord an einer Wwe. Geissler aus Bern überschattet. Der Sommer 1955 war wiederum nass, wiewohl auf den Feldern ertragreich. Kurze Schön­wetterperioden bedingten sehr mühsame Ernten, immerhin war der Herbst dann ohne viele Niederschläge. Graswuchs bis zum Wintermonat. Schlimme Zeiten für die Bienenvölker.

1956

Februar, ein sibirischer Kältemonat, vielerorts in Kellern Kartoffeln gefroren. Frostschäden zahlreich.

1957

Nach warmem März im April und Mai Kälteperioden. Obst wird es keines geben weil die Knospen und Blühten erfroren sind. Herbst dann schön, lange Grünfutter.

1958

Zweite Februardekade aussergewöhnlich warm, im März/April aber wieder öfters Schnee.

1959

eine Schönwetterperiode. 10. Aug. 1959 Sturm.

1960

Frühlingsfröste, im Sommer unbeständig. Juli/August: Rüschegg feiert den 100 jährigen Bestand, am 31. Juli Ansprachen von Regs.-rat Tschumi Regssthltr. Dr. Kohli Festspiel, Jubiläumsschrift

1960/61   

Strassenbau Riffenmatt – Martenen.

1961

Frühling während dem Blühet noch frostig u. unbeständig. Aepfel wird es wenig geben. September Hochsommertemp., seit 1864 kein so warmer Sept. – Monats­mittel 18,4°C.

1962

  1. Januar ein zyklonartiger Sturm verursachte namentlich auch in den Waldungen von Guggisberg und Rüschegg grossen Schaden. NB. Zeichen der Zeit Bsp. 35 Oesterreicher bei Räumungsarbeiten. Im August ähnliche Sonnenscheindauer wie 1886, 1893 (1962) Die Tinte droht einzutrocknen, die Finger des Chronikschreibers werden „g’stabelig“. Eigen bis Nesslern erhält eine Fahrstrasse, ähnliches ist für Riedstätt –

Heid – Birchen geplant. Der 4 Meter breite Alpweg Riffenmatt – Neuböden – Martenen wird geteert; er soll bis Sangernboden ausgebaut werden. Ab Kalchstätten wird die Strasse nach Sand – Guggisberg verbreitert.

1963

Der Monat Januar war seit 1864 nie so kalt, Temperaturen -12 – 15° C. Schnee bis 1 Meter hoch, Strassen bis z.T. in 3 Meter tief (verweht). Zur Wildfütterung allerlei Vorkehren, Flugzeuge, in den Bergen sogar Armee-Helikopter mit Futter-Bündel. Am 30. Januar ist an der Matte b./K. der älteste Guggisberger, Christ. Zbinden im 92. Lebensjahr gestorben; der urchige Landwirt und Züchter prämierter Kühe sei eigentlich nie krank gewesen. Wohl ein seltenes Glück!

  1. Februar endlich weniger kalt, Bahnschienen, Wasserleitungen, etc. müssen aufgetaut werden. Elektrische Stromsorgen, schon veranlasste Sparmassnahmen, vielerorts Druckwassermangel. Dieser Mangel wird noch längere Zeit andauern, weil für viele Pumpwerke (auch vom Ausland her) der elektr. Strom fehlt. Janr./Febr. beginnen die Schneemassen langsam zu schmelzen. Zum Glück sickert das Wasser nicht, zu rasch durch, bei gefrornem Boden besser, sonst gäbe es grosse Ueberflutungen. Ab vielen Dächern mussten die Schneewächten abgeschaufelt werden. Die Dachschäden sind gross, Balken werden eingedrückt, Lawinen in Gebirgen knickten Bäume & Häuser. Stromsorgen halten an weil viele Wasserreservoir beinahe leer sind. Seltenheit: „Bode-Kari“ (Staudenmann) tritt in’s 91 te Lebensjahr und ist noch nie Eisenbahn ge­fahren. Dem bereiten die Verkehrsstockungen keine Sorgen. Frühjahr: Bundesversammlung genehmigt Stockwerkeigentum.
  2. An der Halte bei Guggersbach gehörte der untere Speicher zum obern, der obere Speicher zum untern Heim­wesen. „Die Zeiten ändern“, Stockwerkeigentum, – Teil am gleichen Gebäude gab es schon früher.